Graz: Griaß enk, hei!
Salzburg: NS-Devotionalien
Dornbirn-Feldkirch/Vbg: zu wenig über den NS aufgeklärt
Wien: Gemma, gemma!
Vorweg: Der 54-Jährige Steirer, der da auf der Anklagebank in Graz Platznehmen musste, wurde vom Vorwurf der Wiederbetätigung frei- und „nur“ wegen gefährlicher Drohung und Beleidigung schuldig gesprochen.
Der Prozess scheint ziemlich skurril verlaufen zu sein: Der Landwirt, der fast vom Stuhl kippte, weil er „seit zwei Tagen nicht geschlafen [hat], die Aufregung …“ (Kleine Zeitung 6.5.21, S. 16), zwei Zeuginnen, wovon die eine gehört hat, wie der Angeklagte auf der Terrasse eines Sportcafés einen Gast mit Hitlergruß samt „Heil Hitler“ intonierend beleidigt, bedroht und sein Revier absteckend festgestellt haben soll, daß er hier der Nazi ist und den Gast „auf einem der nahen Hügel begraben wird“ (Kleine Zeitung). Die andere Zeugin hat wiederum nichts gehört.
Eine Vorstrafe wegen Körperverletzung war ein „Missgeschick“, eine wegen Tierquälerei sei etwas mit Erpressung gewesen. Und der Hitlergruß nur ein Winken begleitet von „Griaß enk, hei!“ Für die gefährliche Drohung erhielt der Steirer – nicht rechtskräftig – sechs Monate bedingt und 720 Euro Geldstrafe.
Nur kurz ist die Meldung zu einem Prozess in Salzburg:
„Zu 12 Monaten auf Bewährung ist ein 52-Jähriger in Salzburg wegen Wiederbetätigung verurteilt worden. Er besaß mehrere Gegenstände mit NS-Bezug.” (Kronen Zeitung, 6.5.21, S. 28)
Dornbirn-Feldkirch/Vbg: zu wenig über den NS aufgeklärt
Die Meldung über den Vorfall erfolgte bereits vor mehr als zwei Jahren, in der vergangenen Woche saßen dafür vier ehemalige Schüler der HTL Dornbirn vor Gericht:
Den Angeklagten wird vorgeworfen, den verbotenen Hitlergruß gezeigt zu haben. Dies sei fotografiert und gefilmt worden, entnimmt Stütler [Gerichtssprecher; Anmk. SdR] der Anklageschrift. Weiters hätten die Beschuldigten „Sieg Heil“ und „Heil Hitler“ gerufen, heißt es. Zudem soll geäußert worden sein, dass Juden vergast gehören. In sozialen Medien haben Angeklagte nach Darstellung der Staatsanwaltschaft „Heil Hitler“ und „Sieg Heil“ geschrieben und sogar davon, dass Nazi-Deutschland zurückkehren werde. NS-Codes sollen in den Chats verwendet worden sein, wie die Zahl 88, die nach dem achten Buchstaben des Alphabets als Abkürzung für die verbotene Grußformel „Heil Hitler“ steht. (Neue Vorarlberger Tageszeitung, 4.3.21, S. 20f.)
Alle vier Angeklagten bekannten sich schuldig, sich über den Zeitraum von zwei Jahren wiederbetätigt zu haben. Die Begründung: Sie seien zu wenig über den Nationalsozialismus aufgeklärt worden. Das Urteil: eine Geldstrafe in Höhe von 300 Tagessätzen für alle vier.
Bleibt noch die Frage, wieso es zwei Jahre dauern konnte, bis – angesichts „einer Unzahl an Verbrechen nach dem Verbotsgesetz“ (vorarlberg.orf.at, 7.5.21), wie es die Staatsanwältin ausgedrückt hat – irgendjemand in der Schule etwas bemerkt hat.
Nachdem die rechtsextremen Identitären meinten, just am 8. Mai, dem Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus, in Ottakring aufmarschieren zu müssen, gab’s ordentlich Gegenwind. Den nur etwa 50 Identitären standen hunderte Antifaschist*innen gegenüber. Als die Antifa-Demo näherrückte, musste die Neofaschisten-Truppe rund um Sellner das Gelände fluchtartig verlassen. Geleitet von einem „Gemma, schneller, gemma” der Polizei rannten sie zur rettenden U‑Bahnstation.
Wie die Faschos Ottakring verlassen: Rennend. #w0805 pic.twitter.com/lwC1wiJkHb
— Antifa-Prinzessin (@_schwarzeKatze) May 8, 2021
Das DÖW resümierte den identitären Aufmarsch folgendermaßen:
Die bei Gründung der „Österreicher” für Sommer 2021 angekündigte „größte patriotische Kundgebung der II. Republik” mit >5000 Personen blieb aus. Die heutige Mobilisierung von 1% dieser Zielmasse kommt, passend zum 8. Mai, einer unfreiwilligen Kapitulationserklärung gleich. #w0805
— Dokumentationsarchiv (@doew_at) May 8, 2021