Angesprochen auf die Demonstration am 6. März mit den Eskalationen und die Bedeutung der Rede von Herbert Kickl, sagt Peham, Kickl habe die Stimmung noch weiter aufgeheizt. Peham ortet bei ihm und der FPÖ ein fehlendes Verantwortungsbewusstsein, sieht aber keine alleinige Verantwortung für Eskalationen im Rahmen der Demo.
Der Vergleich zwischen der Erstürmung des Kapitols in Washington mit den Vorfällen in Wien sei jedoch angebracht, weil es implizite Aufforderungen von Kickl gegeben habe, die Regierung zu stürzen. Das könnten einzelne so auffassen, dass ein „Sturz“ nicht demokratisch in der Wahlkabine stattfinden solle, sondern mittels Gewalttaten. Kickl hätte das wissen müssen, weil Personen in der Demo waren, die seine Rede so verstehen hätten können. Einzigartikg in der Zweiten Republik sei, dass mit der FPÖ eine Parlamentspartei bei Demonstration mitgehe, die von das parlamentarische System ablehnenden Personen veranstaltet werden. Aber Kickl und die FPÖ leugnen die Beteiligung von Neonazis und anderen Rechtsextremen.
Der Schwenk der FPÖ nach Haimbuchners schwerer Covid-Erkrankung lag in Beteuerungen, dass man Covid nicht geleugnet, sondern nur die Maßnahmen kritisiert habe. Das sei aber nicht glaubhaft, weil die Gefahr durch die Krankheit bewusst verharmlost und Präventionsmaßnahmen wie die Einhaltung des Mindestabstands, das Tragen von Masken vielfach demonstrativ ignoriert worden seien.
Aggression bei der breiten Masse sei als in Hass und Wut verwandelte Angst zu deuten. Dazu kommt der enorme Alkoholmissbrauch während der Demos, der enthemmend wirkt. Allerdings unterscheidet Peham die „Rangeleien“ bei den Demos von der systematischen Gewalt – wie etwa bei den Durchbrüchen von Polizeiketten –, die „Profis“ mit Erfahrung und einer beinahe paramilitärischen Ausbildung zuzuschreiben sei.
Von ihnen gehe auch für Passant*innen ein Gefahrenpotential aus wie beispielsweise für Juden und Jüdinnen durch den latent transportierten Antisemitismus. Die Warnung der Israelitischen Kultusgemeinde vor der Demo am 20. März stuft Peham daher als gerechtfertigt ein.
März 2021: die Israelitische Kultusgemeinde muss Jüd_innen in Wien zur Vorsicht aufrufen, weil möglicherweise gewaltbereite Rechtsextreme auf den Straßen unterwegs sind. Das ist unzumutbar und absolut unerträglich. Was macht ihr dagegen, @LPDWien? pic.twitter.com/pKSXM9RXEz
— Natalie Raidl (@RaidlNatalie) March 19, 2021
Peham vermutet, dass der Zenit der Protestbewegung überschritten ist, worauf die geringe Beteiligung bei den Demonstrationen am 20. März hindeute. Hier wären nur mehr wenige zu sehen, die nichts mit Rechtextremismus bzw. Rechtsextremen zu tun haben wollen. Je kleiner die Demonstrationen werden, desto mehr seien sie von Rechtsextremen und Gewalt geprägt. Den Rechtsextremen gelänge es im Zuge der Proteste, ihre politischen Positionen verstärkt einzubringen – etwa durch die Transparentträger, die eindeutig den Kadern des organisierten Rechtsextremismus bis hin zum Neonazismus zuzurechnen seien. Es bestehe die Gefahr, dass der Rechtsextremismus normalisiert wird. Dadurch bröckelt immer mehr die Einigkeit, dass Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus ein Problem darstellen, was vor allem in den sozialen Medien bemerkbar sei. Das mache auch die Präventionsarbeit sehr viel schwieriger. Die gute Nachricht, die Peham sieht, sei das Schrumpfen der Bewegung auf der Straße, die schlechte, dass im Internet momentan kein Ende des Wachstums und des Zuspruchs zu wahrnehmbar sei. Von dort gehe daher auch die wirkliche Gefahr aus. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass sich in den Gruppen im Internet eine Person befindet, die dann zur Gewalttat schreitet, sei sehr groß.
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