Klagenfurt: Nazi-Bilder aus Angst vorm Chef
Salzburg: Beschädigung des Roma-/Sinti-Mahnmals
Wien: braune Parolen, Lieder und eine Spritzennadel
Graz: Antisemitischer Übergriff gegen Jugendlichen
Steiermark: FPÖ wittert „Schmutzkübelkampagne“
Innsbruck: Aufregung wegen T‑Shirts mit angedeutetem Hakenkreuz
Klagenfurt: Nazi-Bilder aus Angst vorm Chef
Eine uns bislang unbekannte Variante einer Erklärung, warum man Nazi-Bilder verschickt, hat ein 52-jähriger Klagenfurter vor Gericht geliefert. Der schickte nämlich seinem Chef via WhatsApp Sujets wie „ein Foto, das Adolf Hitler mit dem Untertitel ‚Gute Zeiten‘ und Angela Merkel mit dem Untertitel ‚Schlechte Zeiten‘ zeigt“ oder den Spruch „Ein Volk ein Reich ein F – Wartet ihr Volksverräter, wir schänden eure Gräber“ (kaernten.orf.at, 5.3.20) und begründete das damit, er habe solche Bilder vom Chef erhalten, und weil er von dem abhängig sei, habe er aus Angst vor einem Jobverlust geglaubt, Ähnliches retournieren zu müssen. Und überhaupt sei alles nur Satire gewesen. Ein einstimmiger Schuldspruch und 15 Monate bedingt (nicht rechtskräftig) waren die Folge dieser „Satire“. Bliebe nur die Frage, was „der Chef“ wirklich geschickt hat.
Salzburg: Beschädigung des Roma-/Sinti-Mahnmals
Ende Februar ist das Mahnmal „Niemals Vergessen” in Salzburg-Leopoldskron-Moos, das an die Roma und Sinti, die während des NS in das Lager Maxglan verbracht worden waren, erinnern soll, schwer beschädigt worden. „In dem Salzburger Ort wurden ab 1939 230 Roma und Sinti von den Nationalsozialisten interniert, zur Zwangsarbeit gezwungen und später nach Auschwitz deportiert. (…) Der Salzburger Netzwerkkoordinator von _erinnern.at_, Robert Obermair, ist entsetzt: ‚Es ist schrecklich, dass wir in der Stadt Salzburg und ihrer Umgebung ständig wieder mit derartigen ewiggestrigen Zerstörungsaktionen konfrontiert sind. In den letzten Jahren wurden Stolpersteine herausgerissen, das Euthanasiemahnmal zertrümmert und die Gedenktafel für die Goldegger Wehrmachtsdeserteure beschmiert, um hier nur einige wenige Übergriffe zu nennen.’“ (erinnern.at)
Wie auch Fotos belegen, wurde die 2009 errichtete, mehrere hundert Kilo schwere Metallskulptur, die als Hörmahnmal konzipiert ist, von seinem Steinsockel gekippt.
Wien: braune Parolen, Lieder und eine Spritzennadel
Ein Lokal im dritten Wiener Bezirk wurde zuerst Schauplatz einer Randale durch einen 60-Jährigen, der dann auch noch NS-Parolen und einschlägige Lieder von sich gab. „Zeugen alarmierten gegen 20.00 Uhr die Polizei, nachdem der Österreicher in einem Lokal in der Ungargasse bei der Schnellbahnstation Rennweg randalierte, „Heil Hitler“ und „Sieg heil“ skandierte und NS-Lieder sang. Der 60-Jährige rannte zur S‑Bahn. Dort wurde er von Polizisten in einem Zug angehalten. „Er beschimpfte die Beamten und äußerte weiteres nationalsozialistisches Gedankengut“, berichtete Polizeisprecher Paul Eidenberger. Außerdem versuchte der Mann, die Beamten mit Tritten und Schlägen zu verletzen. Er wurde überwältigt und wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung festgenommen.“ (wien.orf.at, 3.3.20)
Als Draufgabe wurde auch noch ein Polizist durch eine Spritzennadel, die der offenbar drogenabhängige Festgenommene bei sich trug verletzt.
Graz: Antisemitischer Übergriff gegen Jugendlichen
Die Grazer Jüdische Gemeinde berichtet in einer Presseaussendung von einem tätlichen Angriff auf einen Schüler, der – so die Kronen Zeitung – zum Judentum konvertieren wollte. „Am 4.3. wird ein sechzehnjähriger Schüler der einen Ring mit einem Davidstern trägt, unweit des Bischöflichen Gymnasiums in Graz von zwei Jugendlichen tätlich angegriffen. Die etwa fünfzehn bis siebzehn Jahre alten Jungen sprechen den Schüler auf seinen Ring an und wollen wissen, ob er Jude sei. Er bejaht und wird von den Angreifern aufgefordert sich zu ‚verpissen‘. Als er dem nicht unmittelbar nachkommt, versetzt ihm einer der Jugendlichen mehrmals mit der flachen Hand sowie der Faust Schläge ins Gesicht. Gleichzeitig wird das Opfer als ‚Scheiß Jude‘ beschimpft. Der Schüler erleidet Hämatome sowie mehrere Schürfwunden, seine Lippen sind aufgeplatzt. Er wird im Landeskrankenhaus Graz erstversorgt.“ (OTS)
Steiermark: FPÖ wittert „Schmutzkübelkampagne“
Schon wieder hat es die FPÖ getroffen, schon wieder vor einer Wahl. „Linksextremisten“ haben just mit der Mail-Adresse eines gänzlich unbekannten steirischen FPÖ-Jungpolitikers bereits 2011 sehr vorausschauend einen Account mit den Profilnamen „Lord Nesti“ auf der bei Neonazis beliebten Gamer-Plattform Steam angelegt und haben ihm 2014 das Pseudonym „Adolf Hitler der Führer“ und 2016 „Heinrich Himmler“ samt entsprechendem Profilbild verpasst. Und nun, nachdem dem Lord in der Metropole Großwilfersdorf als blauer Spitzenkandidat für die Gemeinderatswahl eine bedeutende Karriere bevor steht, hat laut FPÖ-Presseaussendung der Standard „mit Unterstützung eines anonymen und linksextremen Hetzportals“ – gemeint ist hier „FPÖ Fails“ – eine „Schmutzkübelkampagne“ losgetreten. Man werde dagegen juristisch vorgehen. „Der ‚Standard‘ und andere ‚Qualitätsmedien‘ werden von unseren Anwälten hören“, so der Landesparteisekretär der FPÖ Steiermark Stefan Hermann.“ (OTS) Weitere Konsequenzen gab es keine.
Wir hätten da allerdings ein paar Fragen: Wie ist es erklärbar, dass kurz nach Anruf des Standard beim Betroffenen (oder der FPÖ Steiermark) der ins Visier geratene Steam-Account auf „privat“ gestellt wurde und offenbar auch noch YouTube-Videos von „Lord Nesti“, die nicht einmal Teil der Berichterstattung waren, gelöscht wurden?
Warum bieten weder der Betroffene noch die FPÖ Steiermark auch nur irgendeinen Erklärungsversuch an, wie es zum angeblichen Missbrauch der Mailadresse gekommen sein kann, ohne dass er davon etwas gemerkt hat, zumal beim Anlegen des Steam-Accounts eine Verifizierungsaufforderung an seine Mailadresse offenbar bestätigt wurde? Schließlich: Benutzt die FPÖ neuerdings die sofortige Drohung mit juristischem Vorgehen als Einschüchterung, um etwaige „Einzelfälle“ so unter der Decke zu halten?
Innsbruck: Aufregung wegen T‑Shirts mit angedeutetem Hakenkreuz
Natürlich können wir von außen den tatsächlichen Sachverhalt nicht abschließend beurteilen, aber die Erklärung des Shop-Besitzers, in dessen Auslage ein T‑Shirt mit vier Einkaufswägen, die in Hakenkreuzform angeordnet sind und das die Aufschrift „Kaufrausch tyrol“ trägt, klingt durchaus glaubhaft und nachvollziehbar: „Der Besitzer des T‑Shirt-Shops, Thom Melmer, spricht von einer antifaschistischen Intention. ‚Das ist im Kontext künstlerischer Provokation zu sehen‘, sagt er. ‚Wir wollen Nazis anprangern, es geht darum, den Konsumrausch als faschistische Aktion darzustellen.‘ Das Shirt sei vor zehn Jahren von einem überzeugten Antifaschisten entworfen worden, die Aufschrift ‚Kaufrausch Tyrol‘ sei eine kritische Anspielung darauf, dass das vor zehn Jahren wiedereröffnete Innsbrucker Kaufhaus Tyrol einst durch die Nazis arisiert worden war.“ (derstandard.at, 6.3.20)
Die Polizei ist nach einer Anzeige eingeschritten, das beanstandete T‑Shirt wurde entfernt. Es ist zu hoffen, dass es nicht zu einer Wiederholung jenes Falles kommt, in dem die Verwendung des sehr gängigen antifaschistischen Symbols eines Hakenkreuzes, das in einem Mistkorb landet, als Anlass zu Ermittlungen wegen Wiederbetätigung genommen wurde. Auch das war in Tirol!
Über den Aufmarsch der Identitären vor der griechischen Botschaft in Wien, am Lueger-Platz und dem Übergriff auf die SJ am Karlsplatz werden wir in einem eigenen Beitrag berichten.