Wie sehr Hofer Recht hatte, wollte er vermutlich zu diesem Zeitpunkt gar nicht so genau wissen. Beim nächsten Tagesordnungspunkt, der Wahl seiner Stellvertreter, zeigte sich jedenfalls das Problem sehr deutlich: Von den – ausschließlich männlichen – Kandidaten für die Stellvertretung des Vorsitzenden fiel nicht nur Hofers Gegenkandidat für die Obmannschaft, Manfred Haidinger, durch, sondern auch der Ex-Klubchef Geza Molnar und der Nationalratsabgeordnete Christian Ries. Nur Alexander Petschnig, der frühere Landesrat, übersprang das notwendige 50%- Quorum.
Damit ist auch schon ein Teil des Problems beschrieben. Petschnig, der in der SPÖ-FPÖ-Landesregierung als Wirtschaftslandesrat eher unauffällig und technokratisch werkte, sollte eigentlich der Nachfolger von Johannes Tschürtz als Landesparteiobmann werden, der nach der krachenden Wahlniederlage bei der Landtagswahl 2020 und dem Ende der Koalition mit der SPÖ als Landeshauptmannstellvertreter natürlich obsolet war, sich aber auf den wärmenden Posten als Klubobmann der von sechs auf vier Mandate geschrumpften Landtagsfraktion zurückzog. Als Tribut an die Wahlniederlage „opferte“ Tschürtz seine Funktion als Landesparteiobmann und bestimmte dafür seinen braven Gefolgsmann Petschnig.
Die „Wiener Zeitung“ schrieb dazu am 28.1.20: „Man werde jetzt eine ‚Verjüngung vornehmen’, kündigte Tschürtz an. Petschnig ergänzte, dass die Partei auch ‚ein bissl weiblicher’ werden wolle.“
Was aus den Versprechungen geworden ist, steht nach dem Landesparteitag zur Besichtigung: Nicht verjüngt und schon gar kein „bissl weiblicher“ ist die FPÖ-Landesspitze geworden. Als absehbar war, dass sich der Unmut über das freche Postenkarussell von Tschürtz bei der Wahl von Petschnig zum Landesobmann entladen könnte, zog Hofer, der laut Tschürtz zuvor eine Kandidatur abgelehnt hatte, die Notbremse, „opferte“ sich auch und kandidierte doch. Den Gegenkandidaten Manfred Haidinger übernahm er von Petschnig, der sich natürlich auch opferte und von seiner Kandidatur als Obmann zurücktrat.
Der Wahlmodus folgte einem bewährten und von Parteieliten (auch anderer Parteien) gerne erprobten Muster: Auf dem Wahlzettel stand nur ein Name, nämlich der von Hofer. Gegenkandidat Haidinger wollte den Stimmzettel über einen Antrag entfernen lassen, erhielt dafür aber keine Mehrheit. „Taschenspielertricks“ seien das, so Haidinger, der bei der Wahl zum Obmann dann 24,2 Prozent der Stimmen erhielt, während Hofer mit 75,8 Prozent gewählt wurde. Haidinger, der im Vorfeld der Wahl vom Unmut der Parteibasis über die fehlenden Konsequenzen und den Postenschacher nach der Wahlniederlage für sich nutzen wollte, indem er zart das „Establishment“ in der Partei kritisierte, wurde von Hofer in seiner Rede am Parteitag ebenfalls als Teil des Establishments geoutet: „70 Vorzugsstimmen auf der Landesliste nach fünf Jahren Landtagsarbeit, das ist zu wenig“, zitiert der ORF Burgenland den tadelnden Hofer, der damit den wunden Punkt von Haidinger getroffen hat: Der war nämlich als einer der 2020 abgewählten Landtagsabgeordneten natürlich auch Teil der burgenländischen Parteispitze.
Die Konflikte in der burgenländischen FPÖ dauern jetzt schon einige Jahre an: die Ausschlüsse , Aus- und Rücktritte sind beachtlich. Ausgewiesene politische Differenzen spielen dabei nur eher eine geringe Rolle – jedenfalls werden solche nur in seltenen Fällen sichtbar.
Die Wahlniederlage und der Landesparteitag der FPÖ Burgenland am vorigen Wochenende haben einige „Opfer“ produziert: Tschürtz, Petschnig, Hofer, die nicht gewählten Vizes. Die „Opfer“ sind aber merkwürdigerweise allesamt Teil der Parteispitze, in Ämtern und Würden. Solche Opfer schafft nur die FPÖ!
P.S.: Ob und wie Manfred Haidinger seine Niederlage kommentiert, wollten wir auf seinem Facebook-Account nachlesen. Doch der alte scheint von FB versenkt worden zu sein, und der neu angelegte ist noch ziemlich leer. Haidinger ist gewissermaßen also ein Doppelopfer.