Altbekanntes in der „Neuen Aula“: Geschichtsrevisionismus, NS-Relativierung, Antisemitismus

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Die Anfang Okto­ber erschie­ne­ne „Neue Aula“ knüpft inhalt­lich und per­so­nell an die alte an. Sogar, was die Dif­fa­mie­run­gen der KZ-Häft­lin­ge betrifft. Im Gegen­satz zum ers­ten Aula-Nach­fol­ge­ma­ga­zin „Frei­lich“ wird hier erst gar nicht ver­sucht, sich in „neu­rech­ter“ Zurück­hal­tung zu üben. Ein ers­ter Streif­zug durch das neue Alte.

Mit der Grün­dung der „Neu­en Aula“ erscheint nun der zwei­te Erb­fol­ger der „Aula“ (1952 — 2018). Das ers­te Nach­fol­ge­pro­jekt „Frei­lich“ zeigt sich „neu­rechts“ ori­en­tiert und sieht bis­lang von einer posi­ti­ven Bezug­nah­me auf den NS, offe­nem Ras­sis­mus und Anti­se­mi­tis­mus, sowie gro­bem Geschichts­re­vi­sio­nis­mus ab. Dass die­se Ent­wick­lung einen gro­ßen Teil der alten Ziel­grup­pe zurück­lässt, dürf­te den geschass­ten letz­ten „Schrift­lei­ter“ der alten „Aula“, Mar­tin Pfeif­fer, nun zu der Neu­grün­dung des Maga­zins ver­an­lasst haben. Die­se wur­de in einer Aus­sendung bereits im Som­mer ange­kün­digt und ist nun erfolgt.

Wei­ter­hin in blau­en Händen

Ver­ant­wort­lich für das Monats­ma­ga­zin sind zwei frei­heit­li­che Funk­tio­nä­re: Neben dem Her­aus­ge­ber Pfeif­fer, der Gra­zer FPÖ-Poli­ti­ker ist (bzw. noch vor weni­gen Tagen war?), fun­giert als Medi­en­in­ha­ber der ober­ös­ter­rei­chi­sche FPÖ-Poli­ti­ker Albert Engel­mann, der auch die rechts-katho­li­sche Zeit­schrift „Der 13.“ her­aus­gibt. 

In einem Edi­to­ri­al zur aktu­el­len Aus­ga­be des „13.“ ver­kün­det Engel­mann die Grün­dung der „Neu­en Aula“ in sei­nem „Ver­lags­haus“ und rich­tet bei der Gele­gen­heit auch ein Wort an „den beob­ach­ten­den Ver­fas­sungs­schutz“. Dar­in grenzt sich der katho­li­sche Fun­da­men­ta­list von Hit­ler ab, indem er allen Erns­tes behaup­tet, dass der Natio­nal­so­zia­lis­mus und der Sta­li­nis­mus bei­de „links“ gewe­sen sei­en: 

Ich las­se mir von lin­ken inter­na­tio­na­len Sozia­lis­ten nicht erklä­ren, dass Natio­nal­so­zia­lis­ten ‚Rech­te‘ sind. Das ist eine Lüge: Sozia­lis­ten sind Sozia­lis­ten, sie zer­stö­ren die Fami­lie, die freie Wirt­schaft, sie zer­stö­ren den Rechts­staat und vor allem darf es im Sozia­lis­mus kei­ne freie Rede geben. Das sind die ‚Glo­ba­li­sie­rer‘, gegen die wir antre­ten.“ (1)

Die­se hane­bü­che­ne Umdeu­tung des Rechts-Links-Sche­mas und die Gleich­set­zung von Sozia­lis­mus mit Natio­nal­so­zia­lis­mus sind nichts ande­res gro­be Ver­harm­lo­sun­gen des Letz­te­ren (2). 

Aller­lei Bekann­tes: Von Opfern­po­sen, „Sys­tem­me­di­en“ und „Homo­lob­by“

Die Aus­ga­be bie­tet einen „Schwer­punkt“ zur Wahl, der sich u.a. Täter-Opfer-Umkehr bezüg­lich der frei­heit­li­chen Skan­da­le aus­zeich­net. Her­aus­ge­ber Pfeif­fer behaup­tet etwa, dass es sei­tens der Medi­en in Mode sei, „kurz vor den Wah­len den Frei­heit­li­chen ein Ei zu legen“ (S. 4), als Bei­spie­le nennt er neben den Stra­che-Skan­da­len (Ibi­za und Spe­sen) aus­ge­rech­net die Lie­der­buch-Affä­re. Zudem gibt es viel Lob für Her­bert Kickl (der auch das Cover ziert) und Unter­grif­fe gegen Sebas­ti­an Kurz (3). 

Ansons­ten wer­den die Iden­ti­tä­ren ver­tei­digt (S. 9), es geht gegen „Sys­tem­me­di­en“ (ebd.) und eine angeb­li­che „Homo­lob­by“ (S. 11), es gibt Lob für den völ­ki­schen Bur­schi-Künst­ler Odin Wie­sin­ger (S. 32–34), und ein Rechts­au­ßen der AfD, Jörg Urban, wird wohl­wol­lend inter­viewt (S. 18). 

„Neue Rech­te“ aus der Sicht eines „Natio­nal­re­vo­lu­tio­när“

In einem Arti­kel von Jür­gen Schwab (S. 21) geht es um den Unter­schied zwi­schen soge­nann­ten „Neu­en Rech­ten“ und der alten. Schwab, der sei­ne Lauf­bahn in den 90er Jah­ren im orga­ni­sier­ten Neo­na­zis­mus star­te­te und lan­ge als NPD-Ideo­lo­ge in Erschei­nung trat, ist ein mili­tan­ter Anti­de­mo­krat, der sich als „Natio­nal­re­vo­lu­tio­när“ ver­steht und noch 2011 in einem Inter­view mit der NPD-Par­tei­zei­tung „Deut­sche Stim­me“ erklär­te, dass „phy­si­sche Gewalt­an­wen­dung zum Instru­men­ta­ri­um der Poli­tik“ gehö­re.

In der „Neu­en Aula“ grenzt sich Schwab erstaun­lich selbst­re­fle­xiv von der soge­nann­ten „Neu­en Rech­ten“ ab, wobei er en pas­sant das ers­te Aula-Nach­fol­ge­ma­ga­zin „Frei­lich“ tref­fend charakterisiert:

Es ver­steht sich von selbst, dass die Prot­ago­nis­ten der ”Neu­en Rech­ten” sich vom Geschichts­re­vi­sio­nis­mus fern­hal­ten, sich auch mit den Ver­folg­ten die­ses Spek­trums nicht soli­da­ri­sie­ren. Einen Arti­kel über die Unge­reimt­hei­ten im heu­ti­gen Muse­um des Lagers von Maut­hau­sen wie von Fred Dus­wald, der ein­mal in der alten ‚Aula‘ erschie­nen war, wird man in dem neu­rech­ten Maga­zin ‚Frei­lich‘ ver­geb­lich suchen. Die Nicht­in­fra­ge­stel­lung des der­zei­ti­gen poli­ti­schen Sys­tems ist eine wich­ti­ge Grund­vor­aus­set­zung, um als Rech­ter in Deutsch­land und Öster­reich zur ‚Neu­en Rech­ten‘ gehö­ren zu kön­nen.

Schwab rech­net sich selbst fol­ge­rich­tig ins Lager der „alten“ Rech­ten mit ihren Geschichts­re­vi­sio­nis­ten und Holo­caust­leug­nern. Und da gehört der manch­mal als „intel­lek­tu­el­ler NPD-Quer­den­ker“ ver­harm­los­te Rechts­extre­me auch hin. Denn Quer­den­ker ist Schwab nur inso­fern, als ihm die NPD nicht extrem genug ist, wie er in einem Text von 2005 glas­klar for­mu­liert: Vor dem Hin­ter­grund schlech­ter NPD-Wahl­er­geb­nis­se plä­diert er dafür die „Lebens­lü­ge der ver­fas­sungs­treu­en Rech­ten“ zu bewäl­ti­gen, und die­se Lebens­lü­ge besteht Schwab zufol­ge dar­in zu glau­ben, dass „so etwas wie ‚Volks­ge­mein­schaft‘ bzw. die Orga­ni­sa­ti­on des Gemein­wohls des deut­schen Vol­kes (…) in einer ‚par­la­men­ta­ri­schen Demo­kra­tie‘ mög­lich“ sei (4). Schwab hält sich selbst nicht für einen Neo­na­zi, erfüllt aber die wesent­li­chen ana­ly­ti­schen Bestim­mun­gen dazu: Zu der evi­den­ten rechts­extre­men Ideo­lo­gie (ein­schließ­lich Anti­se­mi­tis­mus) kommt eine offe­ne Fas­zi­na­ti­on für (sys­tem­über­win­den­de) Gewalt, das Selbst­ver­ständ­nis als Revo­lu­tio­när und die ganz dezi­dier­te Ableh­nung von Ver­fas­sung, Par­la­ment und Rechts­staat. Kurz­um: Schwab kann etwas bes­ser for­mu­lie­ren als sei­ne gewalt­tä­ti­gen Kame­ra­den. 

Ibi­za-Ver­schwö­rungs­theo­rie von bekann­tem Antisemiten

In einem Arti­kel mit dem klin­gen­den Titel „Die Ibi­za-Ver­schwö­rung“ (S. 10) fan­ta­siert Ger­hoch Rei­seg­ger den Ibi­za-Skan­dal als von Geheim­diens­ten orches­trier­te Ver­schwö­rung, die ver­mut­lich von Georg Sor­os finan­ziert wur­de. Dem Arti­kel ist ein grau­es Käst­chen bei­gefügt, das den Begriff ‚Ver­schwö­rungs­theo­rie’ allen Erns­tes als das Pro­dukt einer CIA-Ver­schwö­rung deu­tet. Man freut sich dar­über, dass die­ser „Tot­schlag­be­griff“ und sei­ne Anwen­dung in den Medi­en heu­te „dank Inter­net bei den Men­schen nicht mehr ver­fängt. 

Die­ses skur­ri­le Aus­maß an Kri­tik­ab­wehr und Rea­li­täts­ver­zer­rung über­rascht nicht son­der­lich, denn bei dem Ober­ös­ter­rei­cher Rei­seg­ger han­delt es sich um einen bekann­ten anti­se­mi­ti­schen Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker, der neben sei­ner umtrie­bi­gen Schreib­tä­tig­keit im rechts­extre­men Par­al­lel­uni­ver­sum („Aula“, „Eck­art­bo­te“, „fak­ten“, „Neue Ord­nung“, „Deut­sche Stim­me“) offen Kon­tak­te zu Neo­na­zis pflegt und als Red­ner bei Neo­na­zi-Ver­an­sta­lun­gen auf­tritt. 

Auch in der alten „Aula“ war er Stamm­au­tor. Das DÖW hat ihn in dem lesens­wer­ten Text „Die Aula 2017: Gegen „Ost­küs­te”, „Bluts­ver­mi­schung” und „para­si­tä­res Groß­ka­pi­tal”“ mehr­mals zitiert: Rei­seg­ger warnt etwa davor, dass die Ver­schwö­rer plan­ten „die Völ­ker und Ras­sen abzu­schaf­fen“ (Febru­ar 2017); außer­dem behaup­tet er, dass hin­ter dem Pro­tes­tan­tis­mus „die ‚Syn­ago­ge des Satans‘ und deren Hel­fers­hel­fer, die frei­mau­re­ri­schen Logen“ stün­den (März 2017). Eben­so in der „Aula“ (2008) befürch­tet Rei­seg­ger, dass mit der Wahl Barak Oba­mas – der eine „Schöp­fung der Logen, Zio­nis­ten, Sozia­lis­ten und Libe­ra­len“ sei – eine „wei­te­re Judai­sie­rung“ auf die Welt zukom­me, schließ­lich sei Oba­ma von Juden „finan­ziert und posi­tio­niert“ wor­den (Zita­te nach DÖW). Rei­seg­gers Wahn geht so weit, dass auch Natur­ka­ta­stro­phen in die anti­se­mi­ti­sche Ver­schwö­rungs­er­zäh­lung ein­ge­wo­ben wer­den. So wird etwa der ver­hee­ren­de Tsu­na­mi von 2004 als geplan­ter Anschlag hal­lu­zi­niert: Die jüdi­schen und ame­ri­ka­ni­schen Welt­be­herr­scher hät­ten einen ato­ma­ren Spreng­satz im Suma­tra-Gra­ben gezün­det.  

Vor die­sem Hin­ter­grund dürf­te klar sein, auf wen Rei­seg­ger anspielt, wenn er nun in der „Neu­en Aula“ von „höhe­ren Stel­len“ spricht, die den Geheim­diens­ten die Aus­füh­rung der „Ibi­za-Ver­schwö­rung“ geneh­migt hät­ten.  

Geschichts­re­vi­sio­nis­mus und NS-Apo­lo­gie: Drei­mal Dus­wald, zwei­mal Pfeiffer

Auch Fred Dus­wald (Danu­bia, Mün­chen) schreibt für die „Neue Aula“. Im Jahr 2015 hat­te die­ser in einem „Aula“-Artikel befrei­te Insas­sen des KZ Maut­hau­sen als „Land­pla­ge“ und „Mas­sen­mör­der“ bezeich­net. Die alte „Aula“ wur­de dafür zivil­recht­lich zu einem Ver­gleich gezwun­gen. Jus­tiz­mi­nis­ter Jablo­ner kün­dig­te an, bei der Gen­ral­pro­kuar­tur anzu­re­gen, das medi­en­recht­li­che Ver­fah­ren nach der Ver­ur­tei­lung Öster­reichs durch den EGMR wie­der neu auf­zu­rol­len. Hat die „Neue Aula“ dar­aus gelernt? Mit­nich­ten, wir fin­den in ihr nicht nur den Autor der Dif­fa­mie­run­gen wie­der, son­dern auch einen Leser­brief, in dem die ver­het­zen­den Pas­sa­gen gegen die KZ-Häft­lin­ge fast wort­gleich wie­der­holt wer­den. Das könn­te nun ein Nach­spiel haben, denn die „Aula“ muss­te sich in einem Ver­gleich dazu ver­pflich­ten, wort- oder sinn­iden­te Wie­der­ho­lun­gen der inkri­mi­nier­ten Pas­sa­gen zu unter­las­sen. Ob das nun auch für die Nach­fol­ge „Neue Aula“ gilt, kön­nen wir nicht ein­schät­zen, das wird juris­tisch zu klä­ren sein.

Ausschnitt aus dem Leserbrief: fast wortgleiche Wiederholung der Diffamierungen gegen KZ-Häftlinge

Aus­schnitt aus dem Leser­brief: fast wort­glei­che Wie­der­ho­lung der Dif­fa­mie­run­gen gegen KZ-Häftlinge

Vergleich mit der Aula aus dem zivilrechtlichen Verfahren (Febr. 2017)

Ver­gleich mit der Aula aus dem zivil­recht­li­chen Ver­fah­ren (Febr. 2017)

Dus­wald selbst steu­ert der „Neu­en Aula“ gleich drei Arti­kel bei. Der hef­tigs­te trägt den Titel „Das Nar­ra­tiv vom ‚Über­fall’“ (S. 22–23), dar­in rela­ti­viert er die Schuld von Nazi-Deutsch­land am Aus­bruch des 2. Welt­krieg. Der Über­fall auf Polen vom 1. Sep­tem­ber 1939 wird umge­deu­tet in die Reak­ti­on auf eine pol­ni­sche „Pro­vo­ka­ti­on“. Dus­wald ratio­na­li­siert das Ver­bre­chen fol­gen­der­ma­ßen: Die Ver­sailler Ver­trä­ge nach dem 1. Welt­krieg hät­ten durch die Abtren­nung Dan­zigs von Deutsch­land einen „kriegs­träch­ti­gen Kri­sen­herd“ geschaf­fen. Auf die Schuld­zu­wei­sung an den Ver­sailler Ver­trag (ein belieb­tes Motiv der extre­men Rech­ten um die deut­sche Kriegs­schuld abzu­weh­ren) folgt eine Ratio­na­li­sie­rung von Hit­lers Aggres­si­on ver­bun­den mit einer Schuld­zu­schrei­bung an Polen: 

Obwohl Hit­ler als Gegen­leis­tung den Ver­zicht auf alle Gebie­te bot, die Polen dem Deut­schen Reich ent­ris­sen hat­te, wei­ger­te sich War­schau beharr­lich, über die Besei­ti­gung der unhalt­ba­ren Zustän­de zu ver­han­deln.“ Polen habe „den Kon­flikt auf die Spit­ze“ getrie­ben, der „Ter­ror gegen die deut­sche Volks­grup­pe“ sei uner­träg­lich gewor­den.  

Aus der geplan­ten Eska­la­ti­on von Nazi-Deutsch­land, des­sen impe­ria­le Kriegs­ab­sicht kei­ner wei­te­ren Erklä­rung bedarf ob des geschicht­li­chen Ver­laufs, kon­stru­iert Dus­wald einen an „Ver­hand­lun­gen“ inter­es­sier­ten Staat mit legi­ti­men ter­ri­to­ria­len Inter­es­sen. Für den Aus­bruch des 2. Welt­krieg wird die Schuld dann Frank­reich und Eng­land gege­ben – mit deren Kriegs­er­klä­run­gen habe der Krieg begon­nen, obwohl Deutsch­land „zu einem sofor­ti­gen Waf­fen­still­stand bereit war“.   

Dus­wald bezieht sich selbst­re­dend nicht auf seriö­se Quel­len, son­dern auf rechts­extre­me Autoren, so zitiert er etwa den US-His­to­ri­ker und Holo­caust­leug­ner David L. Hog­gan. Außer­dem wird Man­fred Klei­ne-Hart­la­ge, ein Schrei­ber in Götz Kubit­scheks Antai­os-Ver­lag, zitiert. Mit sei­nem rela­tiv unver­hoh­le­nen Ver­ständ­nis für Hit­ler ergeht sich Dus­wald in Revi­sio­nis­mus und NS-Apologie.

In dem geschichts­re­vi­sio­nis­ti­schen Text ist außer­dem in bekann­ter rechts­extre­mer Manier von „Schuld­kult“ und „Schuld­ge­tue“ die Rede; das heu­ri­ge Geden­ken an den Nazi-Über­fall auf Polen sei für den deut­schen Prä­si­den­ten Stein­mei­er ein „Buß- und Bück­tag“ gewe­sen; zudem bezeich­net Dus­wald ihn als „der Vater­lands­lo­se“.   

In einem wei­te­ren Arti­kel (S. 38) ver­tei­digt Dus­wald die NS-Bom­bar­die­rung der klei­nen pol­ni­schen Stadt Wie­lun gegen die „Ter­ror­bom­bar­de­ment-The­se“, die er im Rah­men des „ten­den­ziö­sen Geden­kens“ am Werk sieht. Er recht­fer­tigt: „Von einem bewuss­ten Angriff auf zivi­le Zie­le kann kei­ne Rede mehr sein, da wegen des dich­ten Boden­ne­bels die gesam­te Stadt qua­si unsicht­bar gewe­sen sein muss.“ Viel­mehr sei­en die Angrif­fe auf Wie­lun „also legi­ti­me mili­tä­ri­sche Ope­ra­tio­nen“ gewe­sen. Der Angriff auf die „qua­si unsicht­ba­re Stadt“ war in Wahr­heit das ers­te Kriegs­ver­bre­chen der Nazis; die meis­ten His­to­ri­ke­rIn­nen gehen heu­te davon aus, dass der Ter­ror gezielt gegen die Zivil­be­völ­ke­rung gerich­tet war, da es in der Pro­vinz­stadt weder kriegs­re­le­van­te Indus­trie noch Trup­pen gab (sie­he aktu­el­le etwa Spie­gel oder Focus).   

Dass der Nazi-Ver­ste­her Dus­wald in einem drit­ten Text (S. 15) die Äuße­rung von Wolf­gang Klin­ger (FPÖ Ober­ös­ter­reich) ver­tei­digt, wonach „Misch­kul­tu­ren“ bewie­sen hät­ten, dass sie „nicht vor­teil­haft“ sei­en, über­rascht vor die­sem Hin­ter­grund nicht wei­ter. Dus­wald ver­tei­digt nicht nur den an NS-Dik­ti­on erin­nern­den Sprech, son­dern moniert auch, dass in der gan­zen Debat­te kei­ner der „Wider­sa­cher“ von Klin­ger erklärt hät­te, wor­in „denn die Vor­tei­le der Ver­mi­schung“ bestün­den. (Klin­ger selbst hat sich übri­gens spä­ter für sei­ne Äuße­rung ent­schul­digt.) 

Neben Dus­wald lie­fern auch ande­re Autoren teil­wei­se Revi­sio­nis­ti­sches bzw. NS-Rela­ti­vie­ren­des. So etwa Her­aus­ge­ber Pfeif­fer (S. 25) wenn er zum revi­sio­nis­ti­schen His­to­ri­ker Alfred Schi­ckel schreibt: „1980 bezwei­fel­te er in kon­ser­va­ti­ven Publi­ka­tio­nen gewis­se Opfer­zah­len, was heu­te (…) straf­bar wäre.“ Pfeif­fer lobt den deut­schen Innen­mi­nis­ter Horst See­ho­fer (um den sich der Arti­kel eigent­lich dreht) dafür, sich für Schi­ckel posi­tio­niert zu haben und schmäht ihn dafür, dies heu­te nicht mehr zu tun: „Heu­te jedoch heult See­ho­fer mit den Wöl­fen (und Mer­kel) und will von Schi­ckels Erkennt­nis­sen nichts mehr wis­sen.“ Kommt hier nur wenig ver­hoh­len zum Aus­druck, dass Pfeif­fer die­sen „Erkennt­nis­sen“ über „gewis­se Opfer­zah­len“ auch zustim­men wür­de, wäre da nicht eine straf­recht­li­che Bar­rie­re? 

Eben­so von Pfeif­fer ver­fasst (S. 36): Ein Arti­kel, der Wal­ter Mari­no­vic zum 90. Geburts­tag gra­tu­liert. Bei dem Gra­tu­lan­ten han­delt es sich um einen bekann­ten rechts­extre­men Publi­zis­ten und lang­jäh­ri­gen Schrei­ber bei der alten „Aula“. Mari­no­vic hat laut DÖW „kaum Berüh­rungs­ängs­te zum deut­schen Natio­nal­so­zia­lis­mus“, er publi­zier­te für die NPD-Zei­tung „Deut­sche Stim­me“ und hat sich die­ser gegen­über in einem Inter­view als „Ost­mär­ker“ bezeich­net, außer­dem war er 2004 einer der Erst­un­ter­zeich­ner eines neo­na­zis­ti­schen Pam­phlets, des soge­nann­ten „Würt­tem­ber­ger Appells“ (nach­zu­le­sen in einem offe­nen Brief von Harald Wal­ser anläss­lich einer Ein­la­dung von Mari­no­vic in den Par­la­ments­klub der FPÖ durch Mar­tin Graf). Pfeif­fer lobt die­sen Brau­nen, des­sen „uner­schro­cke­ner Ein­satz im Kampf gegen die poli­tisch kor­rek­ten Gut­men­schen und alle lin­ken Kul­tur­ver­der­ber unge­bro­chen ist“, in den höchs­ten Tönen.

Zuletzt noch zu Mario Kan­dil, Autor bei der rechts­extre­men „Neu­en Ord­nung”. Die­ser bezeich­net in einem Arti­kel mit dem Titel „Haupt­sa­che Wider­stand“ (S. 20) das gegen­wär­ti­ge Deutsch­land in expli­zi­ter Ana­lo­gie zum 3. Reich als „Herr­schaft des Unrechts“. Er schreibt: „Immer mehr Bun­des­bür­ger emp­fin­den das von Mer­kel und den Ihren ver­kör­per­te Sys­tem eben­falls ”unmensch­lich”.“ Die­se infa­me und NS-rela­ti­vie­ren­de Behaup­tung bezieht sich aus­ge­rech­net auf eine Rede von Ange­la Mer­kel zum Geden­ken an den Wider­stand gegen das NS-Regime. Dafür hat Kan­dil nur unter­grif­fi­gen Spott übrig (er nennt Mer­kel ein­mal sinn­frei sal­ba­dern­de Pas­to­ren­toch­ter). 

Fazit

Die „Neue Aula“ ist also die alte. Im Gegen­satz zum „neu­rech­ten“ „Frei­lich“ hält die­ses zwei­te Nach­fol­ge-Maga­zin der alten „Aula“ inhalt­lich an ihr fest. Bereits in der ers­ten Aus­ga­be lässt sich dies leicht bele­gen: Geschichts­re­vi­sio­nis­mus, NS-Rela­ti­vie­rung und anti­se­mi­ti­sche Ver­schwö­rungs­theo­rie. Span­nend wird, inwie­weit sich die „Neue Aula“ mit „Frei­lich“ um die über­schau­bar gro­ße Schar von Abon­nen­ten und Inse­ren­ten matchen wird. „Frei­lich“ wird von den alten Aula-Finan­ziers, den Frei­heit­li­chen Aka­de­mi­ker­ver­bän­den, wei­ter­be­trie­ben und hat Inse­ren­ten und sicher­lich auch Leser mit­ge­nom­men. Ob die nun zur „Neu­en Aula“ wech­seln, wird sich zei­gen. Jeden­falls füt­tert die Gra­zer Haus­ver­wal­tung Stroh­mei­er vor­erst sowohl „Frei­lich” als auch die „Neue Aula“ mit Inseraten.

Die Inserate in der "Neuen Aula": "Zuerst", Deutscher Buchdienst, Deutsche Militärzeitschrift, Hausvrwaltung Strohmeier

Die Inse­ra­te in der „Neu­en Aula”: „Zuerst”, Deut­scher Buch­dienst, Deut­sche Mili­tär­zeit­schrift, Haus­ver­wal­tung Stroh­mei­er (nicht abge­bil­det: Inse­rat der neo­na­zis­ti­schen „Unab­hän­gi­ge Nach­rich­ten”)

Erst im Juni 2018 hat Nor­bert Hofer, inzwi­schen FPÖ-Par­tei­chef, sei­nen Par­tei-Freun­den via eines „Österreich“-Interviews mit­ge­teilt, dass jemand, der in der „Aula“ publi­zie­re „die Chan­ce auf eine wei­te­re Kar­rie­re in der FPÖ ver­wirkt“ habe (APA via derstandard.at, 9.7.18). Vor dem Hin­ter­grund der völ­lig offen­kun­di­gen Kon­ti­nui­tät der Neu­auf­la­ge des Blat­tes soll­te zu erwar­ten sein, dass Hofer sei­ner deut­li­chen Ansa­ge nun Taten fol­gen lässt. Die Macht dazu hät­te er. Bis jetzt ist aller­dings noch nichts pas­siert.     

Update 23. Oktober

Nach­dem die FPÖ ver­laut­ba­ren ließ, dass sowohl Mar­tin Pfeif­fer als auch Albert Engel­mann aus der Par­tei aus­ge­tre­ten sei­en, gab man bekannt, dass die „Neue Aula“ nach der ers­ten Num­mer wie­der ein­ge­stellt wird. Manch­mal zahlt es sich doch aus, hart­nä­ckig zu bleiben.

Quel­len

Alle Zita­te die nicht anders aus­ge­wie­sen sind stam­men aus: Neue Aula, Okt. 2019, Nr. 1, Jg. 1

Fuß­no­ten

1 Web­site von „Der 13.“, zuletzt ein­ge­se­hen am 21.10.2019
2 Auch in der „Neu­en Aula“ (S. 24) bedient Engel­mann die­ses Argu­men­ta­ti­ons­mus­ter: Er echauf­fiert sich dar­über, dass die bay­ri­sche „Löwen­bräu AG“ kurz­fris­tig ihre Räum­lich­kei­ten für den Jah­res­kon­gress der rechts­extre­men „Gesell­schaft für freie Publi­zis­tik“ (GfP) doch nicht zur Ver­fü­gung gestellt hat­te. Er behaup­tet: Die Löwen­bräu AG sei „schon immer links­las­tig“ gewe­sen, denn ab 1933 habe dort „der lin­ke natio­na­le Sozia­list Adolf Hit­ler“ sei­ne Reden gehalten.
3 Ein Text ohne Autoren­an­ga­be (S. 6) bezieht sich auf Kurz’ Zeit als JVP-Chef und sei­ne pein­li­che PR-Kam­pa­gne „Gei­lo­mo­bil“: „Immer war er umge­ben von leicht beklei­de­ten jun­gen Damen aus dem Rot­licht­mi­lieu. Man­che SPÖ-Funk­tio­nä­re mei­nen zu wis­sen, dass sich Kurz um 2005, also 19-jäh­rig, im Rot­licht­mi­lieu bewegt habe, sei­ne eigen­ar­ti­ge Wer­be­kam­pa­gne also nicht von irgend­wo­her gekom­men sei.
4 Zitiert nach dem Blog „sache­des­vol­kes“, zuletzt ein­ge­se­hen am 21.10.2019