Als erster hatte der damals noch grüne Bundesrat Efgani Dönmez diese Forderung bereits im August 2014 gestellt – wofür ihn die FPÖ auch kritisierte. So konnte beispielsweise der Linzer FPÖ-Chef Detlef Wimmer einem „Verbotsreigen” wenig abgewinnen.
Grundsätzlich war es ja eher die Strategie der FPÖ, das Verbotsgesetz in Frage zu stellen. Im November 2013 stellte etwa Norbert Hofer in Hinblick auf das Verbotsgesetz die Frage: „Wann ist unsere Demokratie so weit entwickelt, dass sie es aushält, wenn jemand etwas sehr Dummes sagt?” Warum also dieser Positionswechsel?
Am 8.6.2017 drängte die FPÖ im parlamentarischen Innenausschuss auf „mehrere Maßnahmen zur Bekämpfung des politischen Islam“, konkreter auf eine
Präzisierung und Ausweitung der EU-Terrorliste, die Schaffung einer eigenen nationalen Beobachtungs- und Verbotsliste für jihadistische und andere islamistische Organisationen, Personen und Vereine, die finanzielle und personelle Aufstockung des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, die Erstellung eines Berichts über die Strukturen und Aktivitäten des politischen Islam in Österreich sowie die Einführung eines Kopftuchverbots für Mädchen in Kindergärten und Schulen. (Parlamentskorrespondenz, 8.6.17)
Strache untermauerte die Notwendigkeit dieser Forderung mit der Begründung, „dass islamistische Organisationen wie die Muslimbrüderschaft erst das ideologische Fundament für Terroristen liefern“ würden und erwähnte im Antrag neben der Muslimbruderschaft, die palästinensische Hamas, die türkische Milli Görus und die türkische ATIB. Der politische Islam, oft synonym mit „Islamismus“ verwendet, ist jedoch ein schwer zu fassender Begriff. In der öffentlichen Wahrnehmung wird dieser Begriff hauptsächlich im Kontext von Gruppierungen verwendet, welche Gewalt als Mittel zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele gegen andere Gesellschaftsformen verwenden.
Straches Argumentation, der politische Islam sei der „Faschismus der Neuzeit“ ist ja grundsätzlich sehr spannend, kommt sie doch aus ursprünglich von zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich mit dem organisierten Rechtsextremismus befassen. Beispielsweise bezeichnet der Rechtsextremismusforscher Andreas Peham aufgrund der zahlreichen ideologischen Überschneidungen (Bezug zu einer Übermenschlichen Instanz, Autoritarismus, dualistisches Weltbild, Antisemitismus, Sexismus und Homofeindlichkeit) „Islamismus als eine Form des Rechtsextremismus“. Im Gegensatz zu Deutschland ist in Österreich Rechtsextremismus nicht verboten.
Grundsätzlich handelt es sich beim Begriff „Islamismus“ um einen Sammelbegriff für Ideologien, welche sich der Religion für die Begründung einer anzustrebenden politischen Ordnung bedienen. Der Begriff umfasst somit ein sehr breites Spektrum an Parteien, Organisationen und Gruppierungen, Bewegungen und Personen, welche eine Umgestaltung von Gesellschaft, Kultur, Staat oder Politik anhand von Werten und Normen, die von ihnen selbst als islamisch angesehen werden, anstreben.
Der Großteil bewegt sich im legalen Bereich und strebt nach Verwirklichung ihrer Ziele innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Rahmens – ähnlich wie viele rechte und rechtsextreme Parteien und Gruppierungen. Ein allgemeines Verbot des Islamismus ist daher unmöglich und das weiß Strache ganz genau.
➡️ Die FPÖ und das Verbot des „politischen Islam“ – Teil 2
* Roland Doris und Nikolaus Süd beschäftigen sich beruflich und privat mit Jihadismus, Islamismus und anderen Formen des Rechtsextremismus.