Klagenfurt: Korrektur eines Fehlurteils

Man muss schon genau hin­schauen, wenn man der Jus­tiz den Vor­wurf macht, dass sie NS- Wieder­betä­ti­gung nicht ahn­det. Im Falle des Fußball­spiel­ers von der ASKÖ Wölfnitz waren es näm­lich Geschworene, die ihn zunächst von der Anklage der NS-Wieder­betä­ti­gung freige­sprochen haben. Die Staat­san­waltschaft hat gegen den Freis­pruch Nichtigkeits­beschw­erde geführt und Recht erhal­ten. Beim neuer­lichen Prozess wurde der Angeklagte schuldig gesprochen – einstimmig.

Sehr sel­ten, aber doch, ist es in den let­zten Jahren passiert, dass Geschworene bei Wieder­betä­ti­gung ein ekla­tantes Fehlurteil (zumeist Freis­pruch) gefällt haben. Über die Gründe dafür kann man nur mut­maßen: in der Regel dürfte eine ober­fläch­liche oder falsche Instruk­tion der Geschwore­nen (die der vor­sitzende Richter vorn­immt) oder eine man­gel­hafte Fragestel­lung die Ursache sein. Möglicher­weise auch die politisch–ideologische Nähe zu dem Angeklagten. War das auch so bei dem Spiel­er, der Spiel­er der geg­ner­ischen Mannschaft des zweis­prachi­gen Vere­ins Zell/Sele unter anderem mit Ihr Scheiß-Jugos gehört ver­gast und erschossen!“ angeschrien hat?

Die Staat­san­waltschaft Kla­gen­furt hat gegen das Urteil der Geschwore­nen Nichtigkeits­beschw­erde geführt und vom Ober­sten Gericht­shof (OGH) Recht erhal­ten. Das passiert nicht alle Tage! Der OGH befand, die Geschwore­nen seien falsch instru­iert wor­den: zurück an den Start. Im jet­zt wieder­holten Prozess dann die zweite Sen­sa­tion: die Geschwore­nen befind­en ein­stim­mig, dass der Angeklagte schuldig ist. Die 14 Monate bed­ingt sind noch nicht rechtskräftig.

Soweit erkennbar, gab es im wieder­holten Prozess keine neuen Fak­ten oder eine andere Sicht auf diese. Der Angeklagte wieder­holte, dass die „88“ auf seinen Stutzen eine Rem­i­niszenz an seine Kind­heit gewe­sen sein soll, musste allerd­ings zugeben, dass er die Zahl selb­st dann noch auf den Stutzen getra­gen habe, als ihm die Prob­lematik der „88“ schon bekan­nt war. Die anderen Vor­würfe, den Hit­ler­gruß und den bru­tal­en Het­zspruch bestritt er neuer­lich. Auf seinem PC waren damals bei der oblig­at­en Haus­durch­suchung Bilder gefun­den wor­den, die einen ein­deuti­gen Bezug zum Nation­al­sozial­is­mus nahelegten. Die Geschwore­nen im ersten Prozess im Mai 2016 bew­erteten diese doch sehr deut­lichen Indizien anders als jet­zt die Geschwore­nen im wieder­holten Prozess.

Übri­gens, auch in die andere Rich­tung ist ein Recht­sir­rtum möglich. Bei einem Geschwore­nen­prozess in Inns­bruck im Feb­ru­ar dieses Jahres brummten die Geschwore­nen dem Angeklagten, der auch nach § 3 a Ver­bots­ge­setz angeklagt war, 12 (!) Jahre Haft auf, obwohl der Angeklagte eher ein braunes Leicht­gewicht darstellt. Dieses Urteil wurde von den Beruf­s­richtern (Schwurg­ericht­shof) aus­ge­set­zt, was eben­falls eine Neu­ver­hand­lung oder die Rückziehung des strit­ti­gen Anklagepunk­tes zur Folge haben könnte.

Mehr Prob­leme als mit den Geschwore­nen gibt es übri­gens bei der Wieder­betä­ti­gung, wenn im Vor­feld Ermit­tlun­gen schlampig geführt oder gar von oben ver­hin­dert wer­den.