Der Angeklagte, ein österreichischer Staatsbürger, der bis 2010 in Deutschland gelebt hat, war im Juni 2015 verhaftet worden. Vor Gericht kam auch zur Sprache, dass er eine Identitätskrise durchlaufen habe. Seinem türkischen Vater warf er bereits am ersten Verhandlungstag, zu dem er in den Gerichtssaal hereingetragen werden musste, vor: „Er hat mich um meine deutsche Herkunft betrogen.” (derstandard.at, 31.3.16) Seine ausländischen Mitschüler machte W., dessen Vorname bis zu seinem 26. Lebensjahr noch Erkan war, für seine Gesinnung verantwortlich. Das Gutachten, das über ihn eingeholt wurde, attestierte ihm zwar eine Persönlichkeitsstörung, seine politische Gesinnung sei aber keine Krankheit.
Er selbst bezeichnete sich als „verkappten Hitleristen“, „er stehe zum NSU, Combat 18 und Adolf Hitler, und Anders Behring Breivik hätte er freigesprochen“ (derstandard.at, 8.4.16), habe aber nicht aus nationalsozialistischer Gesinnung im Sinne des Verbotsgesetzes gehandelt, eines Gesetzes, das er übrigens als ungültig betrachte, weil es aus dem Jahr 1947 stamme, Österreich aber erst 1955 ein freies Land geworden sei.
Sein Verteidiger mühte sich ab, die zahlreichen Nazi-Delikte als Frusttaten zu erklären, die keinen nationalsozialistischen Hintergrund gehabt hätten, sondern „aus Groll, Wut und Hass gegen die Behörden oder auch gegen Hilfseinrichtungen wie die Caritas“ entstanden seien.
Immerhin waren zwei von acht Geschworenen bei den Beratungen der Meinung, dass W. nicht schuldig sei. Er selbst sah das entschieden anders: Als das Strafmaß von fünf Jahren unbedingt verkündet wurde, griff er sofort zu und nahm im Unterschied zur Staatsanwaltschaft, die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung einlegte, die Strafe an.
Auch die „Salzburger Nachrichten“ wunderten sich über das „außerordentlich milde“ Urteil. Im Prozess gegen die beiden jugendlichen Stolpersteine-Schmierer aus Salzburg wurden Haftstrafen von fünf bzw. vier Jahren ausgesprochen, bei W.. handelt es sich um einen erwachsenen Neonazi (40). Der Mann „wurde bereits acht Mal strafgerichtlich verurteilt, ein Mal auch einschlägig wegen Verhetzung“ (SN, 9.4.16). Der Sachschaden, den er mit seinen mehr als fünfzig Delikte verursachte, beläuft sich auf rund 90.000 Euro. Die Strafhöhe für schwere Sachbeschädigung beläuft sich auf bis zu fünf Jahre Haft. Angeklagt war W. jedoch wegen NS-Wiederbetätigung nach § 3f Verbotsgesetz, und da beträgt der Strafrahmen bis zu 20 Jahre.
SdR zu Taten und Täter
1.4.16 (erster Verhandlungstag): Salzburg: Neonazi in den Gerichtssaal getragen
18.6.15: Salzburg: Neonazi verhaftet – alles geklärt?
12.6.15: Salzburg: Transparent-Nazi gefasst
11.11.14: Salzburg: Schon wieder!
14.2.14: Salzburg: Immer neue Nazi-Schmierereien
28.1.14: Salzburg: Denkmal am Kommunalfriedhof beschmiert
20.12.13: Salzburg: Neuerlich Nazi-Schmiererei