Gleichzeitig würde die Konkurrenz am Arbeitsmarkt zwischen In- und Ausländern (FPÖ: “Gastarbeitern“) aber deutlich verschärft. Durch den Wegfall der Kosten für die Arbeitslosenversicherung (sechs Prozent des Bruttolohns) würden ArbeitsmigrantInnen deutlich billiger als österreichische Beschäftigte kommen. Sie könnten aber noch billiger werden, weil die FPÖ unter Federführung des Herrn Hofer in ihrem Handbuch zusätzlich eine eigene Sozialversicherung für Ausländer fordert – „ohne Fehlbetragsausgleich“, d.h. ohne staatliche Zuschüsse bzw. Steuerleistungen, wie sie sowohl bei der Pensions- als auch Krankenversicherung für ÖsterreicherInnen üblich sind. Ein Apartheid-Sozialsystem also. Wie wichtig das den Freiheitlichen ist, wird dadurch sichtbar, dass es im Handbuch an unterschiedlichen Stellen erwähnt wird. Hier drei Beispiele:
Apartheid-Sozialsystem I
… bekennen wir uns dazu, dass Gastarbeiter gemäß einem für ihren vorübergehenden Aufenthalt maßgeschneiderten Modell autark zu versichern sind und dass dafür eine eigens zu schaffende Sozialversicherung ohne Fehlbetragsausgleich durch die öffentliche Hand einzurichten ist. (S.113)
Apartheid-Sozialsystem II
Die FPÖ setzt sich für die Schaffung einer eigenen Sozialversicherung für Ausländer ein, die speziell auf deren Bedürfnisse abgestellt ist. Der soziale Staat Österreich wird unfinanzierbar, wenn Staatsbürger und Ausländer das Recht auf gleiche Sozialleistungen erhalten. (S. 118)
Apartheid-Sozialsystem III
Für Ausländer ist eine eigene Sozialversicherung zu schaffen, die den Zugang zur medizinischen Versorgung in Österreich finanziert. Diese Sozialversicherung wird durch Abgaben von in Österreich lebenden und als Gastarbeiter aktiven Arbeitnehmern gespeist. (S. 222)
Um ein mögliches Missverständnis zu klären: Eine eigene Sozialversicherung bedeutet nicht eine eigene Arbeitslosenversicherung (die in Österreich traditionell nicht dazu zählt)! Wir wiederholen auch deshalb noch einmal die entsprechende Passage aus Teil I.
Keine Arbeitslosenversicherung, kein Arbeitslosengeld für „Gastarbeiter“
Gastarbeiter müssen mit ihrem Einkommen nicht in unser Arbeitslosenversicherungssystem einbezahlen, weil das öffentliche Arbeitslosenversicherungssystem dazu dient, österreichische Arbeitslose zu vermitteln . (S.113)
Kein Befreiungsschein für „Gastarbeiter“, sondern ab in die Heimat!
Gastarbeiter, die in Österreich arbeitslos werden, haben die Möglichkeit, im Heimatland Arbeit zu finden. (S.113)
Die FPÖ bekennt sich zur ersatzlosen Streichung des Befreiungsscheines. (S. 114)
Bonus-Malus für Langzeitarbeitslose oder: 1‑Euro-Jobs?
Österreichische Langzeitarbeitslose haben nach den Vorstellungen der FPÖ auch nicht viel zu lachen
Die FPÖ will Langzeitarbeitslosen unter anderem anbieten, im Rahmen von Hilfsdiensten personelle Bedarfsspitzen bei gemeinnützigen Tätigkeiten abzudecken. Dies soll prinzipiell freiwillig erfolgen, sollte sich aber als Bonus/Malus auf die Höhe der Unterstützungsleistungen auswirken. (S. 117)
Sogenannte Berufsarbeitslose hingegen haben unsere Unterstützung nicht verdient. Wer die Chance auf Arbeit hat, gesund ist und absolut nicht arbeiten will, der darf auch finanziell nicht weiter unterstützt werden. Ihm gebührt lediglich eine Grundsicherung in Form von Sachleistungen. Hier handelt es sich um Obdach, Kleidung und Nahrung. Kein Österreicher muss hierzulande hungern oder erfrieren. Es hat aber auch niemand das Recht, seine Mitbürger schamlos auszunutzen. (S.117)
Erziehungsgehalt nur für inländische Familien
Ein Ausgleich zugunsten der Mehrkindfamilien kann nur durch die Beseitigung der derzeitigen Diskriminierung der Familien bei der Lohn- und Einkommenssteuer, den Ausbau des Kinderbetreuungsgeldes zu einem Erziehungsgehalt für inländische Familien und die Auflösung der Benachteiligung des erziehenden Elternteiles im Pensionsrecht verwirklicht werden. (S. 147)
Kindererziehungszeiten bei Pension nur für Autochthone
Generative Beiträge der autochthonen Bevölkerung müssen ohne Ersatzzahlungen berücksichtigt und monetären Beiträgen gleichgesetzt werden. (S.162)
Während alle anderen sozialpolitischen Forderungen und Vorstellungen der FPÖ und des Herrn Hofer auf das Kriterium der Staatsbürgerschaft abstellen (eigene Sozialversicherung, Abschaffung der Arbeitslosenversicherung für „Gastarbeiter“, Erziehungsgehalt für inländische Familien), stellt die Forderung, die „generativen Beiträge“ (also die Kindererziehung) der „autochthonen Bevölkerung“ in der Pensionsversicherung zu berücksichtigen, nur auf die „autochthonen“ ÖsterreicherInnen ab. Das wären im besten Fall die Mitglieder der in FPÖ-Diktion „deutschen Volksgemeinschaft“ und – möglicherweise auch – der „autochthonen Minderheiten“.
Diese Forderung würde sozialpolitische Leistungen an ethnische bzw. „rassische“ Kriterien binden. Das gab’s zuletzt so ähnlich vor rund 80 Jahren im Nationalsozialismus. Die Formulierung findet sich jedoch im Handbuch freiheitlicher Politik, das unter der Federführung des FPÖ-Präsidentschaftskandidaten entstanden ist.