Salzburg: Hitlerist, aber kein Neonazi – das geht nicht!

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Mit einer eher wider­sprüch­li­chen Argu­men­ta­ti­on ver­such­te der Ange­klag­te Björn Erik W., dem NS-Wie­der­be­tä­ti­gung in mehr als fünf­zig Fäl­len vor­ge­wor­fen wur­de, sich vor den Geschwo­re­nen zu ver­tei­di­gen. Der Spruch der Geschwo­re­nen war dann auch nicht so ein­deu­tig, wie das eigent­lich nach dem kla­ren Geständ­nis des seit dem Früh­jahr 2013 obdach­lo­sen Man­nes zu erwar­ten gewe­sen wäre.

Der Ange­klag­te, ein öster­rei­chi­scher Staats­bür­ger, der bis 2010 in Deutsch­land gelebt hat, war im Juni 2015 ver­haf­tet wor­den. Vor Gericht kam auch zur Spra­che, dass er eine Iden­ti­täts­kri­se durch­lau­fen habe. Sei­nem tür­ki­schen Vater warf er näm­lich schon am ers­ten Ver­hand­lungs­tag, zu dem er in den Gerichts­saal her­ein­ge­tra­gen wer­den muss­te, vor: „Er hat mich um mei­ne deut­sche Her­kunft betro­gen.” (Der Stan­dard) Sei­ne aus­län­di­schen Mit­schü­ler mach­te Björn E., der bis zu sei­nem 26. Lebens­jahr noch Erkan hieß, für sei­ne spä­te­re Gesin­nung ver­ant­wort­lich. Das Gut­ach­ten, das über ihn ein­ge­holt wur­de, attes­tier­te ihm zwar eine Per­sön­lich­keits­stö­rung, sei­ne poli­ti­sche Gesin­nung sei aber kei­ne Krankheit.

Was aber ist die Gesin­nung von Björn Erik W.? Er selbst bezeich­ne­te sich als „ver­kapp­ten Hit­le­ris­ten“, „er ste­he zum NSU, Com­bat 18 und Adolf Hit­ler, und Anders Beh­ring Brei­vik hät­te er frei­ge­spro­chen“ (Der Stan­dard), habe aber nicht aus natio­nal­so­zia­lis­ti­scher Gesin­nung im Sin­ne des Ver­bots­ge­set­zes gehan­delt, eines Geset­zes, das er übri­gens als ungül­tig betrach­te, weil es aus dem Jahr 1947 stam­me, Öster­reich aber erst 1955 ein frei­es Land gewor­den sei.


Poli­zei­fo­to NS-Schmier­ak­ti­on Kom­mu­nal­fried­hof, Wie­ner Zeitung

Sein Ver­tei­di­ger müh­te sich ab, die zahl­rei­chen Nazi-Delik­te als Frust­ta­ten zu erklä­ren, die nicht einen natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Hin­ter­grund gehabt hät­ten, son­dern „aus Groll, Wut und Hass gegen die Behör­den oder auch gegen Hilfs­ein­rich­tun­gen wie die Cari­tas“ ent­stan­den seien.

Immer­hin waren zwei von acht Geschwo­re­nen bei den Bera­tun­gen der Mei­nung, dass Björn nicht schul­dig sei. Björn selbst sah das ent­schie­den anders: Als das Straf­aus­maß von fünf Jah­ren unbe­dingt ver­kün­det wur­de, griff er sofort zu und nahm im Unter­schied zur Staats­an­walt­schaft, die Nich­tig­keits­be­schwer­de und Beru­fung ein­leg­te, die Stra­fe an.

Auch die „Salz­bur­ger Nach­rich­ten“ wun­der­ten sich über das „außer­or­dent­lich mil­de“ Urteil. Mild? Natür­lich sind fünf Jah­re nicht wenig. Aber ers­tens: Im Pro­zess gegen die bei­den jugend­li­chen Stol­per­stei­ne-Schmie­rer aus Salz­burg wur­den Haft­stra­fen von fünf bzw. vier Jah­ren aus­ge­spro­chen, bei Björn E. han­delt es sich um einen voll aus­ge­reif­ten erwach­se­nen Neo­na­zi (40). Zwei­tens: Der Mann „wur­de bereits acht Mal straf­ge­richt­lich ver­ur­teilt, ein Mal auch ein­schlä­gig wegen Ver­het­zung“ (SN, 9.4.2016). Der Sach­scha­den, den er mit sei­nen mehr als fünf­zig Delik­te ver­ur­sach­te, beläuft sich auf rund 90.000 Euro. Das denk­ba­re Straf­aus­maß für die­ses Aus­maß an schwe­rer Sach­be­schä­di­gung beläuft sich auf bis zu fünf Jah­re Haft. Ange­klagt war er aber wegen NS-Wie­der­be­tä­ti­gung nach § 3f Ver­bots­ge­setz, und da beträgt der Straf­rah­men bis zu 20 Jahre.