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Comité International de Mauthausen: Verhöhnung der heute noch lebenden KZ-Opfer

Hef­ti­ger Pro­test der KZ-Über­­­le­­ben­­den gegen die Ein­stel­lung des Ver­fah­rens gegen die „Aula“. Wien (OTS) — Das Comi­té Inter­na­tio­nal de Maut­hau­sen (CIM) als Dach­ver­band von der­zeit 21 natio­na­len Orga­ni­sa­tio­nen von Über­le­ben­den des KZ Maut­hau­sen und deren Ange­hö­ri­gen ver­wehrt sich auf das Hef­tigs­te gegen die voll­kom­men aus der Luft gegrif­fe­ne Pau­scha­lie­rung der Staats­an­walt­schaft Graz, die in der […]

11. Feb 2016

Als das natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger Maut­hau­sen und sei­ne Außen­la­ger befreit wur­den, waren dort noch meh­re­re zehn­tau­send Men­schen inter­niert. Nach Abzug der SS-Wach­mann­schaf­ten Anfang Mai 1945 blie­ben die Häft­lin­ge mehr oder weni­ger sich selbst über­las­sen. Bis zur Befrei­ung durch die alli­ier­ten Trup­pen (groß­teils durch die US-Army) ver­such­ten eini­ge Häft­lin­ge, für sich und ihre Kame­ra­den im Umkreis der KZ Lebens­mit­tel zu orga­ni­sie­ren und somit die zehn­tau­sen­den Men­schen vor dem siche­ren Hun­ger­tod zu bewah­ren. Mit der Über­nah­me der befrei­ten KZ durch die US-Army wur­de auch die Ver­sor­gung der befrei­ten Häft­lin­ge durch die Ame­ri­ka­ner übernommen.


„Am 5. Mai 1945 befrei­ten US-Sol­da­ten das Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger. Der Umgang mit der bei­spiel­lo­sen Bes­tia­li­tät des Holo­caust in Öster­reich war und ist pro­ble­ma­tisch”.; Bild- und Text­quel­le: presse.com (01.05.2015)
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Unbe­strit­ten ist, dass die­se Beschaf­fung von über­le­bens­not­wen­di­gen Lebens­mit­teln in weni­gen Fäl­len auch gegen den Wil­len der betrof­fe­nen Lokal­be­völ­ke­rung gesche­hen ist. Dar­aus jedoch abge­lei­tet die For­mu­lie­rung „Land­pla­ge“ als zutref­fend zu bezeich­nen, ent­behrt nicht nur jeder his­to­ri­schen Grund­la­ge, son­dern ist auch eine Ver­höh­nung der heu­te noch leben­den KZ-Opfer.

Die Staats­an­walt­schaft Graz führt auch aus, dass es unter den KZ Häft­lin­gen „ver­ur­teil­te Straf­tä­ter“ gege­ben habe und somit auch die dis­kri­mi­nie­ren­den For­mu­lie­run­gen im „Aula“-Artikel gerecht­fer­tigt seien.

Der Prä­si­dent des CIM, Guy Docken­dorf, hält mit Nach­druck fest: 

„Mein Vater Met­ty Docken­dorf wur­de im April 1944 als luxem­bur­gi­scher Wider­stands­kämp­fer gegen die Nazi-Besat­zung zuerst in das KZ Maut­hau­sen und dann in die Außen­la­ger Melk und Eben­see depor­tiert. In den Tagen der Befrei­ung in Eben­see waren es ein paar weni­ge Häft­lin­ge, die dazu noch kör­per­lich in der Lage waren, die für die vie­len tau­send im Lager ver­blie­be­nen Häft­lings­ka­me­ra­den mit Hil­fe der Lokal­be­völ­ke­rung und der US-Army Lebens­mit­tel orga­ni­sier­ten und somit vie­len Men­schen das Leben ret­ten konnten.

Mein Vater und die meis­ten sei­ner Kame­ra­den sind heu­te nicht mehr am Leben – ich als sein Sohn und als Prä­si­dent des CIM sehe in der Begrün­dung der Staats­an­walt­schaft Graz eine kaum wie­der­gut­zu­ma­chen­de Ver­höh­nung derer, die ihren Ein­satz gegen den Nazi-Ter­ror mit ihrer Frei­heit und oft genug mit ihrem Leben bezah­len muss­ten. Die Ver­un­glimp­fung die­se Men­schen als „Land­pla­ge“ und „Mas­sen­mör­der“ im Jah­re 2016 auch noch sei­tens der Jus­tiz zu recht­fer­ti­gen, ist für das CIM inakzeptabel.“

Wir laden die zustän­di­gen Jus­tiz­be­hör­den daher ein, mit unse­rer Ver­mitt­lung einen beglei­te­ten Rund­gang durch die KZ-Gedenk­stät­te Maut­hau­sen zu machen und sich mit den his­to­ri­schen Tat­sa­chen pro­fun­de auseinanderzusetzen.
Neben­bei bemerkt: Denkt die Staats­an­walt­schaft Graz wirk­lich, dass zu den Befrei­ungs­fei­ern in der KZ-Gedenk­stät­te Maut­hau­sen bis zu 35.000 Teil­neh­mer (und dar­un­ter immer fast die gesam­te öster­rei­chi­sche Bun­des­re­gie­rung sowie zahl­rei­che inter­na­tio­na­le Staats­gäs­te) kom­men wür­den, wenn hier „Mas­sen­mör­dern“ und einer „Land­pla­ge“ gedacht würde?“