Die Aktion von W.I.N. richtete sich nicht zufällig gegen Zygmunt Bauman, der auf Einladung des Instituts für die Wissenschaften vom Menschen (IWM) einen Vortrag über „Diasporic Terrorism” im Wien Museum hielt. Wenige Minuten nach Beginn des Vortrags brüllten die Aktivisten von W.I.N. auf Polnisch Parolen, die in der Übersetzung lauten: „Wir gedenken der Helden, wir lassen Kommunisten nicht leben, weg mit Kommunismus.“
Schon in der Vergangenheit wurden Vorträge von Bauman in Polen durch Rechtsextreme auf eine sehr ähnliche Weise gestört. Dabei ist es zumindest in einem Fall zur Verurteilung eines Anstifters gekommen. Dieses Urteil in Wroclaw (Breslau) wurde auch in einem Transparent, das in der Venediger Au angebracht war und auf dem Facebook-Account von W.I.N. veröffentlicht wurde, heftig als „pseudo-demokratisches Gerichtsurteil“ kritisiert.
Nur vordergründig richtet sich der Protest gegen eine angeblich kommunistische Einstellung Baumans. Dem jüdischen Soziologen, der 1939 vor den Nazis aus Polen flüchten musste, wird vielmehr vorgeworfen, dass er zwischen 1945 und 1953 als politischer Offizier an der Bekämpfung des polnischen antikommunistischen Widerstands beteiligt war. Bauman, der aus dieser Episode seiner Biographie kein Geheimnis gemacht hatte, war im Jahr 2006 von dem rechten Historiker Bogdan Musial als stalinistischer Ideologe angegriffen worden.
Die Kritik an Bauman und ihre Wiederholung in den Folgejahren ist allerdings unredlich, weil sich Bauman sowohl in seiner Biographie als auch in seinen Werken deutlich von kommunistischer Herrschaft und Stalinismus distanziert hat. Viel eher darf vermutet werden, dass bei den Störaktionen gegen Bauman eine gehörige Portion Antisemitismus – ein wichtiges Merkmal des polnischen Rechtsextremismus – mitspielt.
Nach dem Brüllen ihrer Parolen zogen sich die Aktivisten wieder aus dem Wien Museum zurück. Ob sie auch bei den nächsten Vorträgen des Soziologen wieder stören, wird nicht zuletzt auch vom Einsatz des Verfassungsschutzes bzw. der Polizei abhängen, die im Wien Museum offensichtlich nicht präsent waren.
Spätestens bei den rechten Gegendemonstrationen zur Regenbogenparade werden die rechtsextremen Wiener Polen aber wieder in der Öffentlichkeit auftreten wollen.
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