Der Anlauf zur zweiten Pegida-Kundgebung in Wien beginnt schon vielversprechend: Auf diversen Pegida-Seiten erklärt „Pegida in Österreich“ den „sehr geehrten PressevertreterInnen“, dass „unser ehemaliges Backoffice, in Form von Hr. Markus G., (…) absolut keine Befugnis (hat), im Namen der Pegida in Österreich zu sprechen. Des weiteren wird klargestellt, dass diese Person in keiner Funktion für Pegida in Österreich tätig ist.“
An dieser Erklärung ist mehrerlei bemerkenswert: zum einen die Anrede der Presse, die bei den meisten anderen Gelegenheiten als „Lügenpresse“ tituliert wird. Nein, nicht nur das „sehr geehrte“, sondern das Binnen‑I. Bravo, Pegida! Während auf der Pegida-Homepage noch gegen den „Genderwahn“ gewettert wird, wird der „Wahn“ auf der Facebook-Seite von Pegida Wien Wirklichkeit. Dass jetzt auch noch der Markus G. ziemlich unelegant abserviert wird, nachdem schon vor zwei Monaten sein „Frontoffice“ in der Person von Georg Immanuel Nagel in die Wüste geschickt wurde, ist ein bisschen fies, aber logisch.
Schließlich hat der bereits abservierte Nagel Ende März von einer Spaltaktion gesprochen, als die Gründung einer Pegida-Partei angekündigt wurde. Mittlerweile gibt’s neben der angekündigten Pegida-Partei jedenfalls einen Verein. Der heißt „Pegida Österreich – Verein zur Förderung von Bürgerbeteiligung, Rechtsstaatlichkeit und Heimatliebe“, hat seinen Sitz in Moosburg (Kärnten) und zwei Vereinsgründer: Andreas und Markus G.. So löst sich die kryptische Bemerkung über Markus G., der angeblich absolut keine Befugnis hat, für Pegida in Österreich zu sprechen, auf: Es gibt eine Spaltung in einen Verein „Pegida Österreich“ und in eine angekündigte Partei, die eigentlich keine Partei sein will und sich „Pegida in Österreich“ nennt.
Und damit das Chaos bzw. die Spaltung komplett ist: Neben den meisten Länder-Pegidas, die sich offensichtlich nicht klar für eine der beiden Seiten ausgesprochen haben, gibt es mittlerweile auch Landeshauptstädte-Pegidas, die – wieder einmal – ein neues Positionspapier von „Pegida in Österreich“ unterzeichnen durften. Da stehen so merkwürdige Sachen drinnen wie, dass Pegida nichts „gegen hier lebende, säkular religiöse und gemäßigte, sich integrierende Muslime“ habe, aber gegen die „Islamisierung in Europa“ sei. Da hätten wir natürlich gerne gewusst, was Pegida unter „säkular religiösen” Muslimen versteht, aber noch mehr, warum Pegida darüber jubelt, wenn Angola den Islam, aber auch rund 200 andere Religionsgemeinschaften verbietet und das als vorbildlich sieht?
Was macht Pegida eigentlich sonst noch in den langen Intervallen zwischen den Kundgebungen? Nachdenken über Nazis? Das wäre eigentlich dringend notwendig angesichts der Tatsache, dass bei den Pegida-Kundgebungen immer wieder ein beträchtlicher Anteil an Neonazis mitmarschiert und trotz Verbot in der „Hausordnung” auch gerne die Hand zum einschlägigen Gruß hebt. Wie ein Posting von Pegida Graz zeigt, hat man sich zumindest dort mit der Beschimpfung als Nazi abgefunden und trägt sie stolz vor sich her. Besonders sprachbegabte Pegida-Nazis bemühen sich in der Tradition eines früheren FPÖ-Mandatars sogar darum, das Wort Nazi neu zu buchstabieren: „Nicht anpassbar zur Islamisierung“ kommt dabei heraus. Es gibt sie wirklich, die Pegida-Nazis! In diesem, von Pegida selbst definierten Kontext, ist es sicher auch kein Zufall, dass die neue Pegida-Kundgebung am Tag vor Hitlers Geburtstag stattfinden soll.