Wien: Edmund vor Gericht

Am 4. Dezem­ber ste­ht Edmund E. vor einem Wiener Schwurg­ericht wegen des Ver­dachts der NS-Wieder­betä­ti­gung. Der Pen­sion­ist (66) ist selb­st in der ein­schlägi­gen Szene nur Insid­ern bekan­nt. Er bevorzugt eher die kon­spir­a­tive Arbeitsweise. Ob E. in ein­schlägi­gen Foren wie Thi­azi oder Alpen-Donau zeitweise als „Prinz Eugen“ unter­wegs war, wird ver­mut­lich nicht verhandelt.

Der Angeklagte ist ein Urgestein der heimis­chen Neon­azi-Szene. Er war schon in den späten 1960er-Jahren wegen des Ver­dachts, einen Sprengstof­fan­schlag in Südtirol verübt zu haben, ver­haftet wor­den und war dann auch ein Aktivist in der neon­azis­tis­chen Nation­aldemokratis­chen Partei (NDP) von Nor­bert Burger.


Ein während der „Feuer­nacht“ gesprengter Strom­mast, ORF/Pammerfilm/Verlagsarchiv Tyrolia/G. Alber­ti, Bildquelle: orf.at

Bis knapp vor 2000 gibt es dann keine sicht­baren Aktiv­itäten von E.. 1999 wer­den in der Zeitschrift Wet­ter­leucht­en des Kampf­bun­des deutsch­er Sozial­isten (KDS) von Thomas Brehl Beiträge der Wiener Gruppe Der Kreis veröf­fentlicht. Aus Briefen, die E. an das Doku­men­ta­tion­sarchiv des Öster­re­ichis­chen Wider­stands (DÖW) schreibt, wird klar, dass hin­ter dem „Kreis“ Edmund E. als Organ­isator ste­ht. Der Kreis, der sich auch Nationales Kon­sor­tium für Agi­ta­tion, Pro­pa­gan­da und Volk­saufk­lärung nen­nt, ver­wen­det als Sym­bol einen Totenkopf.

In der Woh­nung von Edmund E. herrscht ein reges Treiben: Es find­en nicht nur Schu­lun­gen und Sem­i­nare statt, bei denen ein vor­wiegend jün­geres Pub­likum mit nation­al­sozial­is­tis­ch­er Ide­olo­gie und Poli­tik ver­traut gemacht wird, son­dern es geben sich dort auch die selb­ster­nan­nten Führer der Neon­azi-Szene die Klinke in die Hand. Edmund E. ver­mit­telt der jun­gen Neon­azi-Gruppe Bund freier Jugend (BFJ) die Kon­tak­te zu den alten Größen der heimis­chen und deutschen Neon­azi-Szene. Der Andrang bei den Tre­f­fen ist so stark, dass sich der Gast­ge­ber sog­ar Ses­sel von ein­er Burschen­schaft auslei­hen muss.

Edmund E. fühlt sich in dieser Zeit sichtlich stark. In einem Mail an einen AktivistIn­nen der Sozial­is­tis­chen Linkspartei (SLP) gibt er den dro­hen­den Ratschlag, „unsere Jungs vom BFJ, der KG-Ger­ma­nia, den Burschen­schaften usw. tun­lichst in Ruhe zu lassen“.

In einem nicht namentlich geze­ich­neten Schreiben des „Kreis­es“, das an einen Autor des LIF-Mag­a­zins Lib­erale Zeichen geht, wer­den Kopi­en des KDS-Mag­a­zins Gege­nan­griff beigelegt mit dem Ratschlag: „Ver­mei­den Sie tun­lichst, sich mit dem KDS (….) anle­gen [sic!]. Die sind keineswegs so mod­er­at wie wir und ken­nen auch entsch­ieden weniger Spaß. Der KDS ist auch bei uns in der Ost­mark in Fil­ialor­gan­i­sa­tio­nen ‚erschreck­end‘ stark vertreten!“

2003 veröf­fentlicht E. auf der Neon­azi-Seite Sto­er­te­bek­er einen Spende­naufruf für den ehe­ma­li­gen FPÖ-Bezirk­srat Wolf­gang Fröh­lich, der wegen Holo­caust-Leug­nung einen Prozess erwartet. „Es ist unsere Pflicht und Schuldigkeit. Sein Kampf ist ja let­ztlich auch unser aller Kampf gegen die zweit­größte Lüge der Welt­geschichte nach ‚Erschaf­fung‘ des jüdisch-christlichen Wüstenzaubers.“

Weil das DÖW in sein­er Mel­dung E. vor­wirft, den Holo­caust als „Lüge“ zu beze­ich­nen, schreibt er patzig an das DÖW, dass er mit der „zweit­größten Lüge“ nicht den Holo­caust, son­dern die Behaup­tung von der alleini­gen deutschen Kriegss­chuld gemeint habe. Das Prob­lem dabei: Fröh­lich hat sich nicht mit der Kriegss­chuld beschäftigt, son­dern den „Gaskam­mer­schwindel“ behauptet.

Der deutsche Neon­azi Ger­hard Ittner leit­et 2004 eine Mail von Edmund E. weit­er, in der dieser über das „türkische Huma­nungeziefer“ herzieht, das sich in den Wiener Straßen­bah­nen bzw. im ganzen Land bre­it­mache, und lässt eine alte Dame dann einen Ver­nich­tungswun­sch äußern. Als das DÖW darüber berichtet, schickt E. wieder ein Mail, das er mit anti­semi­tis­chen Ver­bal­in­jurien („das krumm­nasige DÖW“) und der Dro­hung füllt, „mehrere Juris­ten (…) mit diesem offen­sichtlichen Ruf­mord respek­tive Ruf­schädi­gung zu beschäfti­gen“.


Die Face­book-Seite „Frei­heits­be­we­gung Ger­hard Ittner”

Bei der deutschen Neon­azi-Zeitschrift Volk in Bewe­gung fir­miert E. 2004 und 2005 als Autor und Mither­aus­ge­ber neben z.B. Bern­hard Schaub (Europäis­che Aktion) und Heinz Mah­ncke, einem deutschen Alt­nazi und SS-Mann. Die Bewe­gung Deutsche Volks­ge­mein­schaft (BDVG), die damals die Zeitschrift her­aus­gab, hat gute Kon­tak­te nach Öster­re­ich und zum „Kreis“. Mit eini­gen von ihnen ste­ht Edmund E. auch in per­sön­lich­er Kor­re­spon­denz, in der er sich ganz offen zum Nation­al­sozial­is­mus bekennt.

In Öster­re­ich pflegt E. seine Kon­tak­te zum inneren Kreis der Neon­azi-Szene: zu Küs­sel, Budin, zur Aktion­s­ge­mein­schaft für Poli­tik (AfP) und den BFJ-Spitzen. Ungek­lärt ist, ob Edmund E., dem braune soziale Net­zw­erke nicht fremd sind, dabei auch zeitweise mit dem Nick­name „Prinz Eugen“ aufge­treten ist. Sich­er ist jeden­falls, dass er bis zulet­zt in ein­schlägige Net­zw­erke einge­bun­den ist. Auch der müde Alpen-Donau-Abklatsch „Stolzund­frei“, der jet­zt schon seit einem Monat Pause wegen „Wartungsar­beit­en“ macht, bedi­ente sich an einem Text von E..