Der Angeklagte ist ein Urgestein der heimischen Neonazi-Szene. Er war schon in den späten 1960er-Jahren wegen des Verdachts, einen Sprengstoffanschlag in Südtirol verübt zu haben, verhaftet worden und war dann auch ein Aktivist in der neonazistischen Nationaldemokratischen Partei (NDP) von Norbert Burger.
Ein während der „Feuernacht“ gesprengter Strommast, ORF/Pammerfilm/Verlagsarchiv Tyrolia/G. Alberti, Bildquelle: orf.at
Bis knapp vor 2000 gibt es dann keine sichtbaren Aktivitäten von E.. 1999 werden in der Zeitschrift Wetterleuchten des Kampfbundes deutscher Sozialisten (KDS) von Thomas Brehl Beiträge der Wiener Gruppe Der Kreis veröffentlicht. Aus Briefen, die E. an das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW) schreibt, wird klar, dass hinter dem „Kreis“ Edmund E. als Organisator steht. Der Kreis, der sich auch Nationales Konsortium für Agitation, Propaganda und Volksaufklärung nennt, verwendet als Symbol einen Totenkopf.
In der Wohnung von Edmund E. herrscht ein reges Treiben: Es finden nicht nur Schulungen und Seminare statt, bei denen ein vorwiegend jüngeres Publikum mit nationalsozialistischer Ideologie und Politik vertraut gemacht wird, sondern es geben sich dort auch die selbsternannten Führer der Neonazi-Szene die Klinke in die Hand. Edmund E. vermittelt der jungen Neonazi-Gruppe Bund freier Jugend (BFJ) die Kontakte zu den alten Größen der heimischen und deutschen Neonazi-Szene. Der Andrang bei den Treffen ist so stark, dass sich der Gastgeber sogar Sessel von einer Burschenschaft ausleihen muss.
Edmund E. fühlt sich in dieser Zeit sichtlich stark. In einem Mail an einen AktivistInnen der Sozialistischen Linkspartei (SLP) gibt er den drohenden Ratschlag, „unsere Jungs vom BFJ, der KG-Germania, den Burschenschaften usw. tunlichst in Ruhe zu lassen“.
In einem nicht namentlich gezeichneten Schreiben des „Kreises“, das an einen Autor des LIF-Magazins Liberale Zeichen geht, werden Kopien des KDS-Magazins Gegenangriff beigelegt mit dem Ratschlag: „Vermeiden Sie tunlichst, sich mit dem KDS (….) anlegen [sic!]. Die sind keineswegs so moderat wie wir und kennen auch entschieden weniger Spaß. Der KDS ist auch bei uns in der Ostmark in Filialorganisationen ‚erschreckend‘ stark vertreten!“
2003 veröffentlicht E. auf der Neonazi-Seite Stoertebeker einen Spendenaufruf für den ehemaligen FPÖ-Bezirksrat Wolfgang Fröhlich, der wegen Holocaust-Leugnung einen Prozess erwartet. „Es ist unsere Pflicht und Schuldigkeit. Sein Kampf ist ja letztlich auch unser aller Kampf gegen die zweitgrößte Lüge der Weltgeschichte nach ‚Erschaffung‘ des jüdisch-christlichen Wüstenzaubers.“
Weil das DÖW in seiner Meldung E. vorwirft, den Holocaust als „Lüge“ zu bezeichnen, schreibt er patzig an das DÖW, dass er mit der „zweitgrößten Lüge“ nicht den Holocaust, sondern die Behauptung von der alleinigen deutschen Kriegsschuld gemeint habe. Das Problem dabei: Fröhlich hat sich nicht mit der Kriegsschuld beschäftigt, sondern den „Gaskammerschwindel“ behauptet.
Der deutsche Neonazi Gerhard Ittner leitet 2004 eine Mail von Edmund E. weiter, in der dieser über das „türkische Humanungeziefer“ herzieht, das sich in den Wiener Straßenbahnen bzw. im ganzen Land breitmache, und lässt eine alte Dame dann einen Vernichtungswunsch äußern. Als das DÖW darüber berichtet, schickt E. wieder ein Mail, das er mit antisemitischen Verbalinjurien („das krummnasige DÖW“) und der Drohung füllt, „mehrere Juristen (…) mit diesem offensichtlichen Rufmord respektive Rufschädigung zu beschäftigen“.
Die Facebook-Seite „Freiheitsbewegung Gerhard Ittner”
Bei der deutschen Neonazi-Zeitschrift Volk in Bewegung firmiert E. 2004 und 2005 als Autor und Mitherausgeber neben z.B. Bernhard Schaub (Europäische Aktion) und Heinz Mahncke, einem deutschen Altnazi und SS-Mann. Die Bewegung Deutsche Volksgemeinschaft (BDVG), die damals die Zeitschrift herausgab, hat gute Kontakte nach Österreich und zum „Kreis“. Mit einigen von ihnen steht Edmund E. auch in persönlicher Korrespondenz, in der er sich ganz offen zum Nationalsozialismus bekennt.
In Österreich pflegt E. seine Kontakte zum inneren Kreis der Neonazi-Szene: zu Küssel, Budin, zur Aktionsgemeinschaft für Politik (AfP) und den BFJ-Spitzen. Ungeklärt ist, ob Edmund E., dem braune soziale Netzwerke nicht fremd sind, dabei auch zeitweise mit dem Nickname „Prinz Eugen“ aufgetreten ist. Sicher ist jedenfalls, dass er bis zuletzt in einschlägige Netzwerke eingebunden ist. Auch der müde Alpen-Donau-Abklatsch „Stolzundfrei“, der jetzt schon seit einem Monat Pause wegen „Wartungsarbeiten“ macht, bediente sich an einem Text von E..