Sachverhaltsdarstellung gegen die „Nationale Aktion Vorarlberg”

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Die Natio­nal­rats­ab­ge­ord­ne­ten der Grü­nen Harald Wal­ser und Karl Öllin­ger haben bei der Staats­an­walt­schaft Feld­kirch eine Sach­ver­halts­dar­stel­lung wegen des Ver­dachts der NS-Wie­der­be­tä­ti­gung gegen die Natio­na­le Akti­on Vor­arl­berg eingebracht.

Sach­ver­halts­dar­stel­lung als PDF.


An die
Staats­an­walt­schaft Feldkirch
Schil­ler­str. 1
6800 Feldkirch
FAX 05522 302 302

Betr. Sach­ver­halts­dar­stel­lung wg. Ver­dacht der NS-Wiederbetätigung

Sehr geehr­te Damen und Herren!

Seit Novem­ber 2012 tritt eine Grup­pe auf, die sich „Natio­na­le Akti­on Vor­arl­berg“ (kurz NAV) nennt. Sie betreibt eine Web­site mit der Web­adres­se http://na-vlbg.org/ und eine Face­book-Sei­te https://www.facebook.com/NationaleAktionVorarlberg . Die Web­site wird über den US-Pro­vi­der „Dre­am­host“ geführt, über den auch die neo­na­zis­ti­sche Web­site „alpen-donau.info“ bzw. das Forum „ali­n­fo­do“ gehos­tet wur­den, um sich so der Straf­ver­fol­gung durch die öster­rei­chi­schen Behör­den zu entziehen.

Die Grup­pe „Natio­na­le Akti­on Vor­arl­berg“ ist laut Online-Abfra­ge im Ver­eins­re­gis­ter des Innen­mi­nis­te­ri­ums nicht als Ver­ein regis­triert. Auf ihrer Web­site setzt sie „Ver­wei­se“ (Links) zu neo­na­zis­ti­schen Grup­pen wie „Frei­es Netz Süd“, „Wider­stand Brau­nau“ und kom­mer­zi­el­len Ver­sen­dern von Neonazi-Materialien.

Die Sach­ver­halts­dar­stel­lung rich­tet sich daher gegen unbe­kann­te Täter.

Auf ihrer Web­site schreibt die NAV über sich:

„Das Ziel das uns ver­eint ist eine Volks­ge­mein­schaft, die sich auf die Iden­ti­tät unse­res Vol­kes beruft. Errei­chen wol­len wir dies durch eine Revo­lu­ti­on, kei­ne gewalt­tä­ti­ge, son­dern eine Revo­lu­ti­on des Geis­tes. Und zu die­ser Revo­lu­ti­on wol­len wir unse­ren Bei­trag in unse­rer Regi­on beitragen.“

Mit der Beru­fung auf die „Volks­ge­mein­schaft“ wird ein zen­tra­ler Begriff aus der Ideo­lo­gie des Natio­nal­so­zia­lis­mus über­nom­men und durch den Ver­weis auf die „Iden­ti­tät unse­res Vol­kes“ auch noch impli­zit „ras­sisch“ bzw. ras­sis­tisch inter­pre­tiert. Im 25-Punk­te-Pro­gramm der NSDAP heißt es unter Punkt 4 dazu: „Staats­bür­ger kann nur sein, wer Volks­ge­nos­se ist. Volks­ge­nos­se kann nur sein, wer deut­schen Blu­tes ist, ohne Rück­sicht­nah­me auf Kon­fes­si­on. Kein Jude kann daher Volks­ge­nos­se sein.“

Die Beteue­rung der NAV, dass es sich um „kei­ne gewalt­tä­ti­ge, son­dern eine Revo­lu­ti­on des Geis­tes“ hand­le, kann im Kon­text mit der Auf­for­de­rung, in den orga­ni­sier­ten Wider­stand ein­zu­tre­ten, bzw. dem Link zu dem Song „Gene­ra­ti­on, die sich wehrt“ der Neo­na­zi-Band „Hass­ge­sang“ nur als Schutz­be­haup­tung ver­stan­den wer­den. Die Grup­pe „Hass­ge­sang“ ist klar eine Neo­na­zi-Band, die sich natio­nal­so­zia­lis­ti­scher Ideo­lo­gie ver­pflich­tet fühlt: http://de.wikipedia.org/wiki/Hassgesang

Im Novem­ber 2012 führ­te NAV gemein­sam mit dem „Frei­en Netz Süd“ in Hohen­ems eine Akti­on zum „Hel­den­ge­den­ken“ am soge­nann­ten Volks­trau­er­tag ( 25.11.2012) durch. Die Tra­di­ti­on des Volks­trau­er­ta­ges in Deutsch­land wur­de durch das NS-Regime zum „Hel­den­ge­denk­tag“ umge­formt. Wäh­rend der Volks­trau­er­tag heu­te in Deutsch­land wie­der als Tag began­gen wird, in dem der Toten bei­der Welt­krie­ge und der Opfer der Gewalt­herr­schaft gedacht wird, bezieht sich das „Hel­den­ge­den­ken“ der NAV auf den „Hel­den­ge­denk­tag“ der Nazis. Unter­stri­chen wird das durch die deut­li­che Bezug­nah­me auf die „deut­sche Jugend“, die Titu­lie­rung von Hohen­ems als „ost­mär­kisch“ und die gemein­sa­me Akti­on mit den Neo­na­zis vom „Frei­en Netz Süd“. In der leicht abwei­chen­den Ver­si­on des „Frei­en Net­zes Süd“ heißt es zum Abschluss des Berichts: „Alle Betei­lig­ten waren sich einig, dass sie auch nächs­tes Jahr in der deut­schen Ost­mark die­sen Brauch wei­ter am Leben erhal­ten werden.“

Im Bei­trag „Die Lüge der Demo­kra­tie“ auf der Web­site der NAV vom 23.11.2012 wird die „Abschaf­fung des demo­kra­ti­schen Sys­tems und die Errich­tung einer wah­ren Volks­herr­schaft unter Füh­rung einer unbe­stech­li­chen Regie­rung“ gefor­dert. Der Bei­trag rich­tet sich auch gegen den Par­la­men­ta­ris­mus und das „Sys­tem der Par­tei­en­dik­ta­tur“. Im Kon­text mit der Bezug­nah­me auf die „Volks­ge­mein­schaft“ bzw. „Errich­tung einer wah­ren Volks­herr­schaft“ als Ziel han­delt es sich hier nicht um eine zuläs­si­ge Kri­tik an Par­la­men­ta­ris­mus, Demo­kra­tie und Par­tei­en, son­dern um eine ein­deu­ti­ge und posi­ti­ve Bezug­nah­me auf den Natio­nal­so­zia­lis­mus und die natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Herr­schafts­form, die von Grup­pie­run­gen wie NAV und „Frei­es Netz Süd“ pro­pa­giert wird.

„Die Poli­tik der Demo­kra­ten ist kei­ne Poli­tik für die Inter­es­sen des Vol­kes, son­dern eine Poli­tik für die Inter­es­sen jener Grup­pe von Men­schen, wel­che ihre eige­nen Zie­le ver­fol­gen. Wir wer­den ver­kauft und ver­ra­ten von den Demo­kra­ten. Des­halb sind wir unde­mo­kra­tisch. Denn die Demo­kra­tie ist kei­ne Lösung für die bestehen­den Pro­ble­me, son­dern die Ursa­che. Und Pro­ble­me soll­te man – wenn mög­lich – auch an der Wur­zel packen.”

Dar­um for­dern wir eine Abschaf­fung des demo­kra­ti­schen Sys­tems und die Errich­tung einer wah­ren Volks­herr­schaft unter Füh­rung einer unbe­stech­li­chen Regie­rung, wel­che ihr Tun und Han­deln in den Dienst des Vol­kes stellt. Wir for­dern eine Regie­rung, wel­che sich nicht in unter­schied­li­che Tei­le (lat. pars/partis = Teil, Rich­tung – ergo: Ver­tre­ten Par­tei­en nicht das gan­ze Volk, son­dern nur die Inter­es­sen ihrer Kli­en­tel) auf­spal­ten lässt, son­dern als Ein­heit für das gesam­te Volk handelt.“

Die Ableh­nung der Demo­kra­tie war mit der For­de­rung der Zer­schla­gung von poli­ti­schen Par­tei­en eines der wesent­li­chen Merk­ma­le der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Ideo­lo­gie, die „Gleich­schal­tung“ und Ter­ror gegen Anders­den­ken­de fol­ge­rich­tig unmit­tel­ba­re Fol­ge der „Macht­er­grei­fung“ im Jahr 1933 in Deutschland.

Dem­entspre­chend rich­tet die NAV in einem Bei­trag mit dem Titel „Volks­re­pu­blik Öster­reich?“ (11.1.2013) ihre Pro­pa­gan­da auch gegen das NS-Ver­bots­ge­setz, das als „Samm­lung von Gum­mi­pa­ra­gra­fen der Besatzer­jus­tiz“ und „Gesin­nungs­ter­ror“ bezeich­net wird.

Dem Bei­trag vom 15.1.2013 auf der Web­site der NAV mit dem Titel „Prä­senz-und Zivil­dienst erhal­ten“ wur­de ein Pos­ting von“ wotan88“ hin­zu­ge­fügt. Auch hier eine deut­li­che Bezug­nah­me auf den Natio­nal­so­zia­lis­mus durch die bekann­te Zif­fern­fol­ge „88“ für „Heil Hitler“.

Nach Ansicht des Sach­ver­halts­le­gers begrün­den die hier beschrie­be­nen Äuße­run­gen und Umstän­de den Ver­dacht der NS-Wie­der­be­tä­ti­gung bzw. des Ver­sto­ßes gegen das Ver­bots­ge­setz durch die NAV.

Ich ersu­che des­halb um eine Prü­fung der von mir geschil­der­ten Sach­ver­hal­te und ersu­che, mich vom Ergeb­nis Ihrer Ermitt­lun­gen zu informieren.

PS: Link zum Bericht des bayr. Ver­fas­sungs­schut­zes für das Jahr 2011 betr. Frei­es Netz Süd: http://www.verwaltung.bayern.de/egov-portlets/xview/Anlage/4037479/Verfassungsschutzbericht%202011.pdf