Österreichs Burschenschafter auf dem Vormarsch

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Den Pro­test-Auf­ruf „gegen den Weid­ner-Skan­dal“ unter­schrie­ben fast 600 Bur­schen­schaf­ter. Sie pro­tes­tier­ten dage­gen, dass Nor­bert Weid­ner, der „Schrift­lei­ter“ der „Bur­schen­schaft­li­chen Blät­ter“, den NS-Wider­stands­kämp­fer und Theo­lo­gen Diet­rich Bon­hoef­fer als „Lan­des­ver­rä­ter“ bezeich­net hat­te. Bemer­kens­wert: Die öster­rei­chi­schen Bur­schen­schaf­ter pro­tes­tier­ten nicht gegen Weid­ner. Im Kon­flikt zwi­schen Rechts­extre­men und Gemä­ßig­ten ste­hen sie auf der rech­ten Sei­te. Mehr als das: Sie bil­den den har­ten Kern.

Der Pro­test-Auf­ruf, in dem die Abbe­ru­fung Nor­bert Weid­ners als Chef­re­dak­teur der Ver­bands­zeit­schrift der Deut­schen Bur­schen­schaft (DB) gefor­dert wur­de, war im Vor­feld des dies­jäh­ri­gen Bur­schen­tags in Eisen­ach kur­siert. Auf der uns vor­lie­gen­den Lis­te von fast 600 Unter­zeich­nern fin­det sich nur ein Bur­schen­schaf­ter aus Öster­reich. Die Öster­reich-Bur­schis, die sonst zu allen Fra­gen des Deutsch­tums bevor­zugt Stel­lung neh­men, fin­den die Sprü­che Weid­ners offen­sicht­lich nicht kri­tik­wür­dig. Ein­zig ein Alter Herr der Gra­zer Bur­schen­schaft Ale­man­nia, der pen­sio­nier­te Uni-His­to­ri­ker Gün­ter Cer­win­ka hat den Pro­test­auf­ruf gegen Weid­ner unter­schrie­ben. Das lau­te Schwei­gen der öster­rei­chi­schen Bur­schen­schaf­ten kann er damit nicht über­tö­nen. Wir haben zwar nichts Bes­se­res erwar­tet, aber bei die­sem Anlass sei doch her­vor­ge­ho­ben: Wäh­rend der deut­sche Bun­des­ver­kehrs­mi­nis­ter Ram­sau­er (CSU), der eben­falls Bur­schen­schaf­ter ist, den Auf­ruf unter­zeich­net hat, glänz­ten die poli­tisch akti­ven Bur­schen­schaf­ter und Alten Her­ren der DB aus den Rei­hen der FPÖ von Mar­tin Graf bis Harald Ste­fan durch ihre vor­neh­me Zurückhaltung.

Auf dem Bur­schen­tag selbst schei­ter­te die Abwahl Weid­ners knapp. Die gemä­ßig­ten Bün­de zogen dar­auf­hin ihre Amts­trä­ger aus dem Vor­stand der DB zurück. Die DB steht vor der Spal­tung oder Selbst­auf­lö­sung, jeden­falls vor einem wei­te­ren Ader­lass. Immer­hin: Öster­reichs Kor­po­rier­te kön­nen sich zugu­te­hal­ten, dass sie nicht unmaß­geb­lich dafür ver­ant­wort­lich sind, dass schon Dut­zen­de Bün­de seit den 1990er-Jah­ren die DB ver­las­sen haben.

Die öster­rei­chi­schen Mit­glieds­bün­de der DB, die alle­samt in der „Bur­schen­schaft­li­chen Gemein­schaft“ (BG) orga­ni­siert sind, haben auf dem geschei­ter­ten Bur­schen­tag in Eisen­ach nicht nur die Abwahl von Weid­ner ver­hin­dert, son­dern ihre Macht­po­si­tio­nen ausgeweitet.

Die Bur­schen­schaft Nibe­lun­gia aus Wien, die schon seit 2005 in der BG orga­ni­siert ist, wur­de – mit knap­per Mehr­heit — als neu­er Mit­glieds­bund in die DB auf­ge­nom­men und ver­stärkt dort das rech­te Lager. In der BG selbst domi­nie­ren die öster­rei­chi­schen Bur­schen­schaf­ten mit 24 Bün­den, wäh­rend sich aus Deutsch­land nur wei­te­re 20 Bün­de zur BG bekennen.

Auch eine wei­te­re Posi­ti­on fiel den öster­rei­chi­schen Hard­li­nern in die Hän­de. Wal­ter Tri­butsch von der Bur­schen­schaft Teu­to­nia lös­te den als Pres­se­re­fe­rent der DB zurück­ge­tre­te­nen Micha­el Schmidt ab und bil­det mit Weid­ner von den Rac­zeks Bonn, Mat­thi­as Breu­er (eben­falls Rac­zeks), Maxi­mi­li­an Rein­gru­ber ( Ger­ma­nia Salz­burg, Danu­bia Mün­chen) und Bru­no Bur­ch­hart (Olym­pia Wien) die rech­te Speer­spit­ze bei den Funk­tio­nä­ren des Dach­ver­bands DB. Die öster­rei­chi­schen Bur­schen­schaf­ten mar­schie­ren vor, die aus Deutsch­land ver­las­sen lang­sam, aber sicher den Ver­band DB. Bei den Alten Her­ren in Deutsch­lands Bün­den meh­ren sich jeden­falls die Aus­trit­te. Eine unan­ge­neh­me Sache, denn die Alten Her­ren finan­zie­ren die Burschenschaften.

Die rechts­extre­me Wie­ner Bur­schen­schaft Teu­to­nia, die in den 1990er-Jah­ren ein beacht­li­ches Kon­tin­gent von VAPO-Akti­vis­ten stell­te, ist übri­gens mit der Danu­bia Mün­chen und den Bon­ner Rac­zeks über die BG hin­aus im „Ost­deut­schen Kar­tell“ eng ver­bun­den. Die Alte Bres­lau­er Bur­schen­schaft der Rac­zeks war nicht nur im Vor­jahr mit einem Antrag auf Ein­füh­rung eines Arier­pa­ra­gra­fen vor­ge­prescht, wonach es „beson­ders in Zei­ten fort­schrei­ten­der Über­frem­dung nicht hin­nehm­bar [ist], dass Men­schen, wel­che nicht vom deut­schen Stamm sind, in die Deut­sche Bur­schen­schaft auf­ge­nom­men wer­den“, son­dern pfleg­te in der Ver­gan­gen­heit auch enge Koope­ra­ti­on mit ande­ren öster­rei­chi­schen Bur­schen­schaf­tern von der Bri­xia Inns­bruck und der Olym­pia Wien.