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Wochenschau KW 39

Der bes­te Satz aus den Wie­der­be­tä­ti­gungs­pro­zes­sen der ver­gan­ge­nen Woche stammt von einem Stei­rer: „I streit’s net oh, i geb aba a nix zua.“ Viel abstrei­ten konn­te der Mann auch nicht, nach­dem eini­ge mit­be­kom­men hat­ten, als er mit sei­nem Smart­phone in der Stra­ßen­bahn eine Hit­ler­re­de abspiel­te. Wir ler­nen auch: Der Youtube-„Star“ Mar­co Wag­ner hat nichts mit […]

1. Okt 2018
Mistkübelaktion steirischer herbst 2018 (Screenshot Video Yoshinori Niwa)
Mistkübelaktion steirischer herbst 2018 (Screenshot Video Yoshinori Niwa)

Wien: ein Jahr bedingt und ver­pflich­ten­de Stun­den im DÖW
Graz: Hit­ler­re­de in der Straßenbahn
Graz: Ermitt­lun­gen gegen Mar­co Wag­ner eingestellt
St. Johann/Tirol: HTLR SCHNTZL
Stockerau/NÖ: Falsch auf­ge­fass­ter Hitlergruß?
Graz: Mist­kü­bel für Nazi-Dreck
Das rech­te Wort der Woche

Wien: ein Jahr bedingt und verpflichtende Stunden im DÖW

Der 21-Jäh­ri­ge war vor Gericht gestän­dig, was sei­nen Hang zum Natio­nal­so­zia­lis­mus betrifft, was sich ange­sichts der Lat­te an Delik­ten, für die er ange­klagt wur­de, mil­dernd auf das Urteil – ein Jahr bedingt (nicht rechts­kräf­tig) – aus­ge­wirkt hatte.

Nach­dem der Mann im Juni 2017 in alko­ho­li­sier­tem Zustand von sei­nem Bal­kon mit einer Schreck­schuss­pis­to­le gebal­lert hat­te, fand die her­bei­ge­ru­fe­ne Poli­zei aller­lei ein­schlä­gi­ges Mate­ri­al in sei­ner Woh­nung, wie die APA berich­tet: „Reichs­kriegs­flag­gen und Nazi-Pla­ka­te ‚zier­ten’ u.a. die Wän­de, eine Haken­kreuz­flag­ge fand als Tisch­tuch auf dem Bal­kon Ver­wen­dung und eine Hit­ler-Büs­te ver­voll­stän­dig­te die Samm­lung des 21-Jäh­ri­gen, der der­zeit als Miliz­sol­dat beim Bun­des­heer Dienst ver­rich­tet und Berufs­sol­dat wer­den möchte.“

Ermitt­lun­gen gegen den Mann brach­ten auch eine Rei­he von Face­book-Pos­tings zum Vor­schein, dar­un­ter ein Foto von sich selbst mit Hit­ler­gruß. Er habe, so sei­ne Ver­tei­di­gung, im Geschichts­un­ter­richt nichts über den Natio­nal­so­zia­lis­mus gelernt, sei von Mili­tär und Ord­nung fas­zi­niert gewe­sen, sei inzwi­schen aber geläu­tert. Sei­ne Wis­sens­lü­cken muss der Mann nun in ver­pflich­ten­den Stun­den im DÖW schlie­ßen. Hof­fen wir, dass es hilft. Sei­nen Wunsch, Berufs­sol­dat zu wer­den, muss der Miliz­sol­dat aller­dings den­noch begra­ben, soll­te das Urteil rechts­kräf­tig wer­den. Denn die­se Kar­rie­re sei nach einer Ver­ur­tei­lung wegen Wie­der­be­tä­ti­gung nicht mög­lich, mel­de­te der Pres­se­spre­cher des Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­ri­ums. (Wie­ner Zei­tung, 25.9.18, S. 15)

Graz: Hitlerrede in der Straßenbahn

Eine nicht all­täg­li­che Art, sei­ner Gesin­nung Aus­druck zu ver­lei­hen, wähl­te ein Gra­zer, der am 25. Sep­tem­ber vor Gericht stand: „Er stieg im Febru­ar in die Stra­ßen­bahn, blies mit sei­nem Smart­phone laut­stark eine Hit­ler-Rede in die Bim und schrie zwei Mal ‚Sieg Heil!’. Drei Zeu­gen bestä­ti­gen dies noch­mals vor Gericht. Der Ange­klag­te (43) selbst dekla­riert sich bezüg­lich Schuld/Unschuld auf sei­ne Art: ‚I streit’s net oh, i geb aba a nix zua.’“ (Klei­ne Zei­tung, 26.9.18, S. 26)

Nach­dem der Gra­zer bereits ein­mal eine Ver­ur­tei­lung wegen Wie­der­be­tä­ti­gung aus­ge­fasst und auch wegen ande­rer Delik­te vie­le Vor­stra­fen gesam­melt hat­te, bekam er dies­mal zwei Jah­re unbe­dingt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Graz: Ermittlungen gegen Marco Wagner eingestellt

Für den stei­ri­schen Internet-„Star“ Mar­co Wag­ner wird sein unfrei­wil­li­ger Auf­tritt, den er auf Face­book hat­te, kei­ne recht­li­chen Kon­se­quen­zen haben. Nach­dem im Früh­jahr ein Video auf­ge­taucht war, in dem Wag­ner mit ande­ren zusam­men zu sehen und zu hören ist, wie er Nazi­pa­ro­len grölt, hat­te er, der nichts mit rechts­extre­men Gedan­ken­gut zu tun haben will, Selbst­an­zei­ge erstat­tet. „Als dem Komi­ker bewusst wur­de, was er ange­rich­tet hat­te, erstat­te­te er Selbst­an­zei­ge bei der Poli­zei. Kurz dar­auf lei­te­te die Staats­an­walt­schaft Graz wei­te­re Ermitt­lun­gen gegen ihn ein. Die­se wur­den aber bereits im August ein­ge­stellt, wie Hans­jörg Bacher, Spre­cher der Staats­an­walt­schaft, der ‚Kro­ne’ bestä­tigt: ‚Es konn­ten kei­ne Hin­wei­se auf eine rechts­extre­me Nei­gung fest­ge­stellt wer­den.’“ (Kro­nen Zei­tung, 25.9.18, S. 24)

Wir hof­fen aber, die Staats­an­walt­schaft hat ihm auch gleich mit­ge­teilt, dass er sei­nen Freun­des­kreis, bes­ser aus­su­chen soll. Der Mann, bei dem Wag­ner den feucht­fröh­li­chen Abend gefei­ert hat­te, scheint zum Rechtsextremismus/Neonazismus weni­ger Abstand zu haben, als es Wag­ner für sich behaup­tet, wie wir in unse­rem Bei­trag über Wag­ner auf­ge­zeigt haben.

St. Johann/Tirol: HTLR SCHNTZL

Wie der „Kitz­an­zei­ger“ in der letz­ten Woche berich­te­te, wur­de in St. Johann ein Mann ange­zeigt, der ein T‑Shirt aus dem Ver­sand des bekann­ten Thü­rin­ger Neo­na­zis Tom­my Frenck mit der Auf­schrift „HTLR SCHNTZL“ trug. Dass Frenck dabei nichts fin­det und sich auf sei­ner Web­site über die in Öster­reich angeb­lich schär­fe­ren „Zen­sur­ge­set­ze“ und die Anzei­ge mokiert, ist nicht ver­wun­der­lich. Aber viel­leicht mag jemand dem Herrn Frenck erzäh­len, dass in Öster­reich auf das Zur-Schau-Stel­len von natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Inhal­ten und Sym­bo­len – auch wenn die Voka­le feh­len – eine Anzei­ge nach dem VRBTSGSTZ folgt. Alles klar?

Stockerau/NÖ: Falsch aufgefasster Hitlergruß?

Die Frau, der beim Sto­cker­au­er Erd­äp­fel­fest die Hand in die Höhe gefah­ren ist (wir berich­te­ten), konn­te nun nach einer Anzei­ge aus­ge­forscht wer­den. Aber: „Das Ver­hal­ten der Frau soll jedoch kei­nen natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Hin­ter­grund gehabt haben und falsch auf­ge­fasst wor­den sein.“ (NÖN, Nr. 39 / 2018, 26.9.18, S. 22) Die Anzahl der Bie­re, die mit­tels der Füh­rer­gruß-Ges­te bestellt wer­den, ist uns nicht bekannt.

Graz: Mistkübel für Nazi-Dreck

Das ist doch ein­mal eine exzel­len­te Art, um mit Nazi-Müll umzu­ge­hen, die sich der stei­ri­sche herbst ein­fal­len hat las­sen. Wir zitie­ren:

Viel­leicht ist er dir schon auf­ge­fal­len, der schwar­ze Abfall­con­tai­ner am Gra­zer Haupt­platz vor dem Erz­her­zog-Johann-Brun­nen, zwi­schen den Hal­te­stel­len-War­te­häus­chen. Im ers­ten Moment sieht er aus wie ein ganz gewöhn­li­cher Con­tai­ner, dem man sein altes Gewand ein­ver­lei­ben kann. Doch der Schein trügt.
„Sie sind gequält von der Uni­form ihres Nazi-Onkels, die immer noch auf dem Dach­bo­den liegt? Wohin damit, fra­gen Sie sich? Ver­kau­fen zu pein­lich, ver­bren­nen zu schmerz­haft? Dann habe ich DIE Lösung für Sie!“ Das steht gleich unter der Ein­wurf-Luke geschrie­ben. Und wei­ter: „In die­sem Con­tai­ner ent­sor­gen Sie ganz unkom­pli­ziert alle Ihre Relik­te aus der Nazi­zeit von NSDAP, SS, SA, NAKK, NSFK… Egal ob Uni­form, Hut, Flag­gen Medail­len, Orna­men­te, Fotos, Pos­ter, Bücher, alles was ein Haken­kreuz hat, fin­det hier sei­nen Platz. Frag­wür­di­ge Ver­gan­gen­heit? Ein­fach weg damit. (…) Ers­te „Nazi-Memo­ra­bi­lia“ wur­den schon abge­ge­ben, haupt­säch­lich waren Fotos und Bücher dar­un­ter. Etwa ein „Gesund­heits­büch­lein“ als „Gemein­ver­ständ­li­che Anlei­tung zur Gesundheitspflege.“

Mistkübelaktion steirischer herbst 2018 (Screenshot Video Yoshinori Niwa)
Mist­kü­bel­ak­ti­on stei­ri­scher herbst 2018 (Screen­shot Video Yoshi­no­ri Niwa)
Mistkübelaktion steirischer herbst 2018 (Screenshot Video Yoshinori Niwa)
Mist­kü­bel­ak­ti­on stei­ri­scher herbst 2018 (Screen­shot Video Yoshi­no­ri Niwa)

Ein­ge­wor­fen wer­den kann der brau­ne Dreck noch bis zum 14.10..

Das rechte Wort der Woche

„Die For­mu­lie­run­gen bezüg­lich des Umgangs mit ‚kri­ti­schen Medi­en‘ fin­den nicht mei­ne Zustim­mung.“ (Her­bert Kickl in einer Aus­sendung)