Norbert Steger war als liberal geltender Parteiobmann 1986 von Jörg Haider und seinen Getreuen weggeputscht worden. Ein Jahr danach kam seine Tochter Petra Steger zur Welt. Ihr Weg führte zwei Jahrzehnte später in die FPÖ. Nach zwei abgebrochenen Studien und drei Lehrjahren in der Wiener Bezirkspolitik zog sie 2013 als 26-Jährige in den Nationalrat. Das parteieigene FPÖ-TV, bei dem Steger werkte, erwies sich wie auch für andere Moderatorinnen als Sprungbrett in die höhere Politik – im Nationalrat agierte Steger als recht unauffällige Sprecherin für Jugend und Sport.
2024 wechselte Steger in das Europäische Parlament. Davor wurde sie über längere Zeit immer wieder als mögliche Spitzenkandidatin für die Europawahl gehandelt, da Harald Vilimsky aufgrund der Ermittlungen gegen ihn in der Wiener Spesenaffäre als angeschlagen galt. Letztlich kandidierte Steger hinter Vilimsky auf Platz zwei.
Petra Steger im „Herzen des Unrechts“
Angekommen im Europäischen Parlament, wettert Steger vor allem gegen die EU – und das auch gerne in rechtsextremen Medien, die sie im Jänner 2025 zusammen mit dem AfD-EP-Abgeordneten Alexander Jungbluth auch ins Europaparlament zu einer Podiumsdiskussion geladen hatte. Dort durften Michael Scharfmüller (Info-Direkt), Florian Machl (report24), Paul Klemm (Compact), Martin Müller-Mertens (AUF1) und Jonas Greindberg (Freilich Magazin) darüber klagen, wie sie unterdrückt würden.
Sinnbildlich: Im Stream der Veranstaltung von Steger/Jungbluth mit Vertretern rechtsextr. Medien wird dieses Bild eingeblendet. Kurz darauf erklärt Florian Machl (report24), er freut sich, „dass viele Menschen auf den Zuschauerrängen sitzen. Das ist nicht selbstverständlich bei Themen wie diesen.”
— Stoppt die Rechten (@stopptdierechten.at) 28. Januar 2025 um 10:04
Im Gegenzug jammerte Steger bei Scharfmüller über die EU und titulierte das Europäische Parlament als „Herz des Unrechts“, bei Compact durfte sie noch auf den „Volkskanzler“ Kickl hoffen und bei Machl und AUF1 ging’s ebenfalls gegen den „Wahnsinn“ und die „Zensur & Repression“ der EU. Über die EU hat sie auch in zahlreichen weiteren Videos ausschließlich negative Zuschreibungen parat: „Die Brüsseler Zensur- und Überwachungs-Zwängler“, „So brutal unterdrückt die EU die Mitgliedstaaten!“, „Bilanz des Wahnsinns: EU versagt in allen Angelegenheiten!“ oder „EU-Diktatur in Rumänien?“, während sie den notorischen Rechtsbrecher Trump, der die Demokratie in den USA in einem atemberaubenden Tempo zerlegt, als Friedensbringer schönredet: „Trumps Sieg ist erster Schritt zum Frieden“

Soli für wüsten Hetzer
Einen Tiefpunkt erreichte Steger jüngst, als sie zusammen mit der wegen Volksverhetzung verurteilten Rechtsextremen Marie-Thérèse Kaiser – ebenfalls bei der AfD – für ein Foto posierte, bekleidet mit einem aus einem identitären Shop stammenden T‑Shirt, das den Aufdruck „Free Shlomo“ trägt. „Schluss mit der politisch motivierten Verfolgung unliebsamer Stimmen“, schrieb Steger zu dem Foto.
„Shlomo“, mit bürgerlichem Namen Aron Pielka, betrieb ab 2015 unter dem Pseudonym „Shlomo Finkelstein“ einen wüst hetzerischen YouTube-Kanal. Mit seinem als Satire verbrämten Rassismus, Antisemitismus und einer abgrundtiefen Frauenverachtung – so bezeichnete er Frauen, die bereits mehrere Sexualpartner hatten, als „Gemeinschaftslöcher“ – galt und gilt Pielka als erfolgreicher rechtsextremer Influencer.
Wegen seiner Videos wurde er 2020 vom Amtsgericht Köln in zehn Fällen, u.a. wegen Volksverhetzung, zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt. Er hatte Korane verbrannt, antisemitische Stereotypen verbreitet und in seinen Videos waren auch Hakenkreuze zu sehen. Weil Pielka Geldauflagen nicht zahlte und untertauchte, wurde die Bewährung widerrufen, heißt es von der Staatsanwaltschaft Köln. Nun sitzt Pielka in Haft. Seine Community unterstützt ihn weiter online — wie etwa der Rechtsextremist Martin Sellner. (1wdr.de, 6.9.24)

Steger und das Münzenmaier-Netzwerk
Wochen zuvor war auch der AfD-Europa-Politiker Alexander Jungbluth auf die Pro-Pielka-Kampagne aufgesprungen. Mit Jungbluth betreibt Steger seit einigen Monaten das Video-Format „Jung & patriotisch“. Jungbluth, Burschenschafter bei den weit rechts stehenden Verbindungen „Raczeks zu Bonn“ und der vom Verfassungsschutz beobachteten „Germania Halle zu Mainz“ wird zum Netzwerk des AfD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Münzenmaier gezählt. Auch mit Münzenmaier, der 2018 wegen Beihilfe zu einer brutalen Hooligan-Schlägerei eine rechtskräftige Verurteilung kassierte und ebenfalls bei der „Germania Halle zu Mainz“ ist, tritt Steger gelegentlich auf. Vor der Bundestagswahl stand sie mit ihm bei einer Wahlveranstaltung in Börrstadt (Rheinland-Pfalz) auf der Bühne.

Stegers Mitarbeiter
Gleich zu Beginn ihres Mandats im Europäischen Parlament holte Steger drei Burschenschafter als Mitarbeiter: Siegfried Fettinger (Libertas Wien), Matthias Kornek (vermutlich Ghibellinia Leipzig zu Hannover) und Alexander Höferl (Gothia Wien). Fettinger und Höferl sind mittlerweile weg, dafür werkt der ehemalige Pressesprecher von Maximilian Krah, Jörg Sobolewski, für Steger. „Im Herbst 2016 wurden (…) Fotos öffentlich, die augenscheinlich Sobolewski dabei zeigen, wie er im Garten der Burschenschaft Gothia eine Regenbogenflagge verbrennt“, schrieb die taz 2018.
Mit der „Gothia“ ist jene in Berlin gemeint, die ebenfalls durch ihre ausgeprägt rechtsextremen Mitglieder auffällig geworden ist. „Stoppt die Rechten“ hat erst kürzlich etwa von einer „Ostmarkfahrt“ der Berliner Gothen berichtet. Nun sitzt Sobolewski zwar nicht in der „Ostmark“, aber immerhin arbeitet er für eine Österreicherin. Mittlerweile soll Sobolewski nach einer ungustiösen internen Affäre von der Gothia rausgeworfen worden sein oder die Verbindung selbst verlassen haben.

Um den Jahreswechsel herum hat auch Florian Stimpfle als akkreditierter Assistent bei Steger angeheuert. Der ist zwar kein Burschenschafter, scheint jedoch aus dem Umfeld der neonazistischen „Jungen Tat“ zu kommen. 2025 zeigt ihn das Schweizer Fernsehen in einer (nicht empfehlenswerten) Doku über die „Junge Tat“ als Teilnehmer eines von Götz Kubitschek im Jänner 2025 veranstalteten Schulungstreffens in Schnellroda. Dort war Stimpfle unter anderem mit dem Gründer der „Jungen Tat“, Manuel Corchia, zu sehen. Im Juli 2024 nahmen mehrere Mitglieder der „Jungen Tat“ an der identitären Demonstration in Wien teil – Fotos zeigen ebenfalls Florian Stimpfle.
Steger teilt sich Stimpfle mit der AfD-Abgeordneten Irmhild Boßdorf. Auch sie wird zum Münzenmaier-Netzwerk gezählt. Fast scheint es, als ob Steger mehr bei der AfD als bei ihrer eigenen Fraktion zu Hause wäre.

Update 8.4.25: Steger gibt am 7.4.25 selbst auf Facebook bekannt, dass eine Anfrage von ihr an die Europäische Kommission wegen Hassrede zurückgewiesen wurde. Steger sei aufgefordet worden, eine Passage abzuändern. Steger spricht von „Zensur”.