Wien: Schredder-Affäre bei der Wiener FPÖ
Wien: Vilimsky im Sog der Spesenaffäre
Wien: Ermittlungen gegen Westenthaler nach Anzeige von SOS Mitmensch
Linz: Aufregung im völkischen Lager (zum oö „Aktionsplan gegen Extremismus“)
NÖ: Auch Udo Landbauer verzichtet nicht auf Gehaltserhöhung
Wien: Schredder-Affäre bei der Wiener FPÖ
Im Kontext der seit 2019 schwelenden Spesen-Affäre der Wiener FPÖ, deren Ausgangspunkt die bizarren Ausgaben von Ex-Parteichef Heinz-Christian Strache waren, ist ein brisantes Detail öffentlich geworden: Wie der „Standard“ (21.7.23) berichtet, haben die Wiener Blauen wesentliche Teile ihrer Buchhaltung der Jahre vor 2019 vernichtet – angeblich aus Platzmangel. Das gab die FPÖ-Finanzreferentin Ulrike Nittmann in einer Zeugeneinvernahme, die im August 2022 stattgefunden hatte, an. Nittmann zufolge sei das Material „nicht mehr relevant für uns“ (derstandard.at) gewesen, und man habe daher nur die Dokumente, die im direkten Zusammenhang mit Strache stehen, aufgehoben.
Das ist nicht nur ein ungewöhnlicher, sondern auch bedenklicher Vorgang, zumal sich die Spesenaffäre seit dem Ibiza-Skandal 2019 massiv ausgeweitet hat. So werden auch andere Blaue wie etwa Dominik Nepp, seit 2019 Chef der Wiener FPÖ und zuvor Finanzreferent, als Beschuldigte im Spesenskandal geführt. Die rechtfertigenden Behauptungen von Nittmann erstaunen, denn die Juristin und Finanzreferentin will nichts von der siebenjährigen Aufbewahrungspflicht der Unterlagen gewusst haben. Seit kurzer Zeit ist Nittmann übrigens nach einer unfreiwilligen Pause wieder in den Wiener Gemeinderat und Landtag als Abgeordnete eingezogen.
Wien: Vilimsky im Sog der Spesenaffäre
Auch gegen den freiheitlichen EU-Abgeordneten Harald Vilimsky wird im Zuge der Spesen-Affäre ermittelt. Dies ist zwar schon länger bekannt – seine Immunität wurde bereits im November 2021 durch das EU-Parlament aufgehoben. Doch er könnte stärker in die Affäre verstrickt sein, als bislang bekannt war, wie nun der „Spiegel“ (18.8.23) schreibt. Die Staatsanwaltschaft Wien wirft Vilimsky vor, Privatausgaben mit der Wiener Landesgruppe verrechnet zu haben. Kurz: Er soll sich mit Parteigeld bereichert haben. Dies geht aus dem Schreiben hervor, das die Wiener Staatsanwaltschaft an den Präsidenten des EU-Parlaments 2021 mit dem Ersuchen um Aufhebung von Vilimskys Immunität gerichtet hatte.
Zudem soll Vilimsky im Vorfeld eingebunden gewesen sein, als FPÖ-Kader über die oben besprochene Aktenvernichtung beraten haben. Alles in allem sind das keine guten Aussichten für die FPÖ – weder für die Wiener Landesgruppe, noch für Vilimsky, dessen geplante Wiederkandidatur als Listenerster im Jahr 2024 damit wohl an Wahrscheinlichkeit verliert. Vilimskys Troubles könnten Parteichef Kickl in die Hände spielen, denn dem Vernehmen nach soll er die derzeitige Nationalratsabgeordnete Petra Steger als FPÖ-Delegationsleiterin im EP präferieren.
Wien: Ermittlungen gegen Westenthaler nach Anzeige von SOS Mitmensch
SOS-Mitmensch hat gegen den früheren FPÖ-Klubobmann und BZÖ-Obmann Peter Westenthaler Anzeige erstattet – wegen des Verdachts der Verhetzung. Westenthaler hatte Anfang Mai 2023 im Boulevard-Diskussionsformat „Fellner! live“ (oe24 TV) gegen Afghanen gehetzt, u.a. mit dieser Aussage: „Des san die Machetenmörder, die daher kommen, aus Afghanistan, und die braucht kein Mensch.“ (zit. nach sosmitmensch.at, 13.7.23) Die Wiener Staatsanwaltschaft sieht offenbar einen Anfangsverdacht bezüglich des Tatbestands der Verhetzung (§ 283 StGB) gegeben und startete Ermittlungen gegen Westenthaler. Der mehrfach verurteilte (Falschaussage, Betrug, Untreue) Ex-Politiker tritt seit 2018 als „Polit-Analyst“ und Kolumnist im Hause Fellner auf, wo er seinen rechten Sermon ungefiltert verbreiten darf.
Linz: Aufregung im völkischen Lager (zum oö „Aktionsplan gegen Extremismus“)
Völkische Aktivisten und Burschenschafter ärgern sich über die freiheitliche Zustimmung zum „Aktionsplan gegen Extremismus“ im oberösterreichischen Landessicherheitsrat. Die Erstauflage dieses Aktionsplans (2010) wurde nach der Razzia gegen die „Bandidos“-Neonazis vergangenen Juli aktualisiert und mit einem „Lagebericht“ versehen, der sowohl Burschenschaften, Identitäre als auch die Corona-Protestszene an prominenter Stelle erwähnt. Das rechtsextreme publizistische Umfeld der FPÖ schäumt, wie das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) in einem Beitrag (August 2023) festhält. Die Aufregung verwundere nicht: „In Verbindung mit dem Bekenntnis der ÖVP-FPÖ-Landesregierung, Mittel und Räumlichkeiten des Landes nur vorbehaltlich einer polizeilichen Unbedenklichkeitsbescheinigung an diese Gruppen zu vergeben, birgt das Papier tatsächlich politische Sprengkraft.“ (doew.at)
Das gefällt rechtsextremen Aktivisten freilich nicht: etwa Julian Schernthaler, der auf der Website des „Aula“-Nachfolgemagazins „Freilich“ über das Papier raunt, es könne „für weite Teile des patriotischen Vorfelds zur Gefahr werden“. Ähnlich tönt es vom ehemaligen Führungskader des neonazistischen Bundes freier Jugend (BfJ), Michael Scharfmüller, in „Info-Direkt“ und auch von Stefan Juritz, einem frühen identitären Aktivisten, der Ende 2022 zum Chefredakteur von „Freilich“ avanciert ist.
Die Neofaschisten erhielten schnell Unterstützung von der Bundes-FPÖ, namentlich von Generalsekretär Christian Hafenecker, der von einem „Fehler“ sprach, seinem oberösterreichischen Kollegen Manfred Haimbuchner aber die Gelegenheit zur „Korrektur“ einräumen wollte. Der wiederum sprang auf den Zug auf und erklärte die freiheitliche Zustimmung ebenfalls zu einem Fehler, wobei er sich auf einen Repräsentanten ausredete, der ihn bei der Sitzung des Landessicherheitsrates vertreten hätte.
Empörung wie auch Reaktionen von Partei-Offiziellen zeigen auf, wie groß der Einfluss völkischer Fundamentalisten innerhalb der FPÖ ist.
NÖ: Auch Udo Landbauer verzichtet nicht auf Gehaltserhöhung
FPÖ-Chef Kickl, der gerne großer Volkskanzler des kleinen Mannes wäre, hat jenen in seiner Truppe, die Regierungsposten innehaben, vor kurzem eine Nulllohnrunde verordnet. Die FPÖ-Landesregierungen in Salzburg und Oberösterreich stellten sich gegen Kickls Forderung bzw. diese einfach nicht umgesetzt. Es kam zum offenen Schlagabtausch zwischen Kickl und der Salzburger FPÖ-Chefin Marlene Svazek, die plötzlich erklärte, „sich nicht am ‚Bashing‘, also am Schlechtmachen, des eigenen Berufsstandes beteiligen zu wollen“ (vienna.at, 5.8.23).
Das klang bei Svazek, als sie noch als Oppostionspolitikerin agierte, deutlich anders. Denn da forderte sie bereits 2017 eine „Nulllohnrunde” für Politiker und riet dem damaligen Salzburger Landeshauptmann: „Sollten Sie mit Ihren 16.102 Euro im Monat tatsächlich nicht auskommen, dann reden Sie einmal mit dem durchschnittlichen Arbeitnehmer. Der kann Ihnen erzählen, wie das geht.” 2020 meinte sie: „Es geht nicht darum, den Wert politischer Arbeit zu mindern, aber sehr wohl darum, in harten Zeiten für die gesamte Bevölkerung einen Mindestbeitrag an Solidarität zu leisten.“ Nun, zu dem „Mindestbeitrag“ ist sie selbst offenbar nicht einmal dann bereit, wenn die Zeiten für die Bevölkerung deutlich härter geworden sind. Das, obwohl sie mit 17.800 Euro monatlich um einiges mehr verdient, als der von ihr 2017 gerüffelte Landeshauptmann.
Auf die Seite Kickls stellten sich hingegen die burgenländische und die Wiener FPÖ, deren Spitzenfunktionäre von Kickls parteiinternen Order zu einer Nulllohnrunde ohnehin nicht betroffen sind. Neu ist, dass NÖ-Chef Udo Landbauer offenbar auch nicht auf die Gehaltserhöhung verzichten will, wie die „Die Presse“ (22.8.23) im Rahmen eines Interviews mit Wien-Chef Nepp, der dort vom offenen Streit in seiner Partei mittels Bashing gegen die SPÖ ablenken wollte, anführt. Wäre nun interessant zu erfahren, wie es die anderen FPÖ-Mitglieder der niederösterreichischen Landesregierung halten. Wir hätten einen Tipp!