FPÖ-Stmk: Mehr im Finanzskandal Beschuldigte als Frauen im Landtag
„True crime” bei der Grazer FPÖ mit Männern in allen Hauptrollen
München/D: Burschenschaftliche Festkneipe mit gerichtlichem Nachspiel
„Das Vorurteil, die FPÖ sei eine männerdominierte Partei, ist mit dieser Bundesliste endgültig Geschichte“, verkündete FPÖ-Parteichef Herbert Kickl in einer Presseaussendung anlässlich der Präsentation des Bundeswahlvorschlags für die Nationalratswahl im Juli 2024. Die Realität sieht freilich deutlich anders aus. Im Nationalrat besetzte die FPÖ nur 13 von 57 Mandaten mit Frauen und hält damit wie auch schon zuvor den mit Abstand niedrigsten Frauenanteil aller Parlamentsparteien. Auch ihrem männerbündlerischen Prinzip ist die FPÖ treu geblieben und hat gleich 20 Korporierte ins Hohe Haus entsandt.
Viel übler als im Bund sieht es nach der Steiermark-Wahl 2024, bei der die FPÖ so viele Mandate wie noch nie erringen konnte (34,76 % und 17 von 48 Mandaten) aus: Derzeit, also vor der Regierungsbildung, ist nur eines der 17 blauen Mandate mit einer Frau besetzt, was einem geradezu lächerlich niedrigen Anteil von 5,9 % entspricht. Dafür werden der freiheitlichen Truppe im Landtag mehr im Verfahren zum blauen Finanzskandal als Beschuldigte geführte FPÖ-Politiker angehören als Frauen.
Gleich ganz ohne Frauen kam die steirische FPÖ bisher in den Verhandlungen zur Regierungsbildung aus: Im Team finden sich mit Mario Kunasek, Stefan Hermann und Michael Klug ausschließlich Männer.
Wer geglaubt hat, im steirischen Finanzskandal der FPÖ wären die verstörendsten Details bereits bekannt gewesen, irrte kräftig. Wie der „Standard“ (21.11.24) berichtet, habe eine Zeugin, einst Mitarbeiterin im Stadtratsbüro von Mario Eustacchio, ausgesagt, dass es sich bei jenem Whistleblower, der mit dem Versand von internen Unterlagen zur Finanzgebarung von Klub und Stadtpartei die Causa ins Rollen gebracht hatte, um den ehemaligen Büroleiter von Eustacchio gehandelt haben soll. Der wurde rätselhafterweise allerdings nie befragt. Nun ist es zu spät, weil er sich am 24. April dieses Jahres erschossen hat.
Inzwischen wurde auch bekannt, dass die FPÖ von der Staatsanwaltschaft geladene Zeug*innen zu einem Vorbereitungstermin geladen haben soll, bei dem ein früherer FPÖ-Lokalpolitiker und Anwalt als Berater auftreten sollte. Der fallführende Staatsanwalt „forderte die FPÖ dazu auf, sich binnen fünf Tagen dazu zu äußern, ob ein solcher ‚Beratungs- oder Informationstermin‘ geplant war. Dies könne nämlich als ‚Verdunkelungsgefahr‘ gewertet werden.“ (derstandard.at, 3.12.24) Bemerkenswert: Die Landespartei distanzierte sich und schob die Verantwortung der Stadtpartei zu, als deren Chef der Nationalratsabgeordnete Axel Kassegger fungiert.
Die Affäre, die weit über die Grazer FPÖ hinausgeht und bei der, soweit bekannt, ausschließlich Männer als Beschuldigte geführt werden, hat Potential, in einem „True crime“-Format verarbeitet zu werden. Oder wie es die „Standard“-Journalistin Colette Schmidt auf Bluesky ausgedrückt hat: „Irgendwann macht wer eine Netflix Serie aus diesem Stoff. Es reicht für many seasons.“
Die gesamte Story seit dem Auffliegen des Skandals ist in einem ausgezeichneten zweiteiligen Podcast des „Standard“ nachzuhören: ➡️ Teil 1 und ➡️ Teil 2
Eine „Festkneipe“ im Juni 2023 im bayerischen Landtag, zu dem die verhaltensauffälligen AfD-Burschenschafter Christoph Maier (Danubia München) und Ferdinand Mang (Franco Bavaria) geladen hatten und bei der Walter Rosenkranz als Festredner aufgetreten ist, führte zu einem gerichtlichen Nachspiel. Zwei Teilnehmer, die den Journalisten Robert Andreasch beleidigt und bedroht hatten, mussten sich am Amtsgericht München wegen Nötigung verantworten. Beide wurden nicht rechtskräftig verurteilt.