Matthias Eder, Finanzreferent der Grazer Stadtpartei und Klubdirektor des FPÖ-Gemeinderatsklubs und Mitglied der Burschenschaft Stiria, soll laut einer Selbstanzeige über zehn Jahre Hunderttausende Euro in die eigene Tasche gewirtschaftet haben, was angeblich niemanden aufgefallen ist.
Vorsorglich soll Eder gleich einmal 700.000 Euro bei der Staatsanwaltschaft zur Wiedergutmachung hinter- und damit der von ihm vermuteten Schadenssumme von 500.000 Euro noch einige Euro draufgelegt haben. (vgl. kleinezeitung.at , 8.11.21) Zeitgleich wurde „Stoppt die Rechten” wie manche andere auch aus unbekannter Quelle mit Dateien versorgt, die mutmaßlich Teile der Buchhaltung des FPÖ-Gemeinderatsklubs zwischen 2014 und 2018 (zu 2019 gibt es nur wenige Auszüge) beinhalten.
Darin tauchen nicht nur Zahlungen an den unbekannten Steirischen Verlagsverein, der über etliche Jahre die einkommensmäßige Versorgung des mit seiner Gage am Existenzminimum nagenden Klubobmanns Sippel übernommen hat, auf, sondern auch noch etliche Überweisungen an weitere ziemlich unbekannte Vereine wie den Akademischen Hausverein Steiermark, den Grazer Schüler- und Studentenunterstützungsverein, den Akademischen Hausverein Marburg/Drau und den Verein I.B.. Der letztgenannte Verein ist bekannt: Die rechtsextreme Identitäre Bewegung hat für ihr Sommerfest 2014 „nur” schlanke 1.000 Euro erhalten – als „Sponsoring“ vom FPÖ-Gemeinderatsklub.

Zum Akademischen Hausverein Marburg, der immerhin 20.000 Euro erhalten haben soll (jeweils 5.000 Euro in den Jahren 2014, 2016, 2017 und 2018), war in einer ersten schnellen Recherche nichts zu finden. Wäre es eigentlich eine Aufgabe eines Grazer Gemeinderatsklubs, einen Akademischen Hausverein in Marburg (gemeint ist hier Maribor) zu fördern? Vermutlich nicht, aber ist es eine vertretbare Aufgabe des FPÖ-Gemeinderatsklubs, durch Zahlungen an den Steirischen Verlagsverein die Gage seines Klubobmanns aufzubessern?
Irgendjemand wird sich vermutlich auch beim Akademischen Hausverein Marburg über die edle Spende aus Graz gefreut haben. Vielleicht trifft das auch für den Grazer Schüler- und Studentenunterstützungsverein (GSSV) zu? Auch zu diesem Adressaten, der ebenfalls insgesamt 20.000 Euro (in den gleichen Tranchen wie die Marburger) erhalten hat, war nichts zu finden. Bei beiden Empfängern sollen Inserate subventioniert bzw. bezahlt worden sein. Wo? Wann?
Der Akademischen Hausverein Steiermark, der ebenfalls 20.000 Euro für Inserate bzw. Sponsoring erhalten haben soll, konnte allerdings aufgefunden werden: Er residiert an derselben Adresse wie die schlagende Burschenschaft Stiria, bei der nicht nur Eder, sondern auch der Ex-Stadtparteiobmann Eustacchio Mitglied ist. Im Vereinsregisterauszug wird Matthias Eder als Obmann angeführt.
Der Verein, der das Friedrich-Schiller-Studentenheim betreibt, dürfte mutmaßlich der Empfänger weiterer Sponsoring-Zahlungen 2014 (6.000 Euro) und 2018 (5.000 Euro) gewesen sein. Obmann dieses Vereins ist Peter Weinmeister, der bereits vom mittlerweile blitzartig aufgelösten Steirischen Verlagsverein bekannt ist. Die noble Funktion eines Kassiers übt dort Mario Eustacchio aus.
Gelder vom FPÖ-Gemeinderatsklub hat mutmaßlich auch der Verein zur Förderung fortschrittlicher Gemeindepolitik erhalten: rund 75.000 Euro zwischen 2014 und 2018, wobei eine Zahlung aus dem Jahr 2017 besonders auffällt; da soll der FPÖ-Gemeinderatsklub dem FPÖ-nahen Verein 17.000 Euro für einen Kredit im Jahr 2008 zurückbezahlt haben. In einem Auskunftsbegehren aus dem Jahr 2016 hatte die Stadt Graz geantwortet, dass der Verein zur Förderung fortschrittlicher Gemeindepolitik in den Jahren 2005, 2006 und 2007 jeweils 8.500 Euro von der Stadt erhalten hat. Danach nichts mehr. Ist der Großteil dieser Förderung damals an den nicht gerade notleidenden FPÖ-Gemeinderatsklub als Kredit vergeben worden?

Dem Steirischen Verlagsverein, der laut Eder von Rücklagen aus alten Tagen und den edlen Spenden des Alexander Götz und Peter Weinmeister gelebt haben soll, können zwischen 2014 und 2018 immerhin fast 120.000 Euro laut Angaben aus den Excel-Dateien zugeordnet werden, die vom Gemeinderatsklub bezahlt worden sein sollen. Damit lässt sich’s gut leben in einem Verein, der weitgehend öffentlich unsichtbar blieb und jetzt so rasch verschwunden ist, dass das böse Fragen aufwirft.
P.S.: Alle Angaben zu Zahlungen in diesem Bericht stützen sich auf Screenshots von Excel-Dateien der Buchhaltung des FPÖ-Gemeinderatsklubs, die uns von anonymer Seite zugespielt wurden. Ob die dort ersichtlichen Eintragungen den Fakten entsprechen, wer tatsächlich Förderungen erhalten oder abkassiert hat, werden hoffentlich Gerichte klären.
➡️ FPÖ Graz (Teil 1): Sippel und sein seltsamer Verlagsverein
➡️ FPÖ Graz (Teil 3): Schwamm drüber?
➡️ FPÖ Graz (Teil 4): Tote, Sucht & Forschungen?
➡️ Sippel & Eustacchio: So viel Brutalität!
➡️ Der Standard: Whistleblower bringt FPÖ Graz noch mehr unter Druck