Überall in der Wohnung seien die Waffen herumgelegen, großteils in geladenem Zustand, berichtet das niederösterreichische Landesamt für Verfassungsschutz (LVT), angesichts der Menge an Waffen und Kriegsmaterial „blieb vermutlich auch unseren erfahrenen Ermittlern vom #LVT die Luft weg“, kommentiert die niederösterreichische Polizei auf Twitter.
Angesichts dessen blieb vermutlich auch unseren erfahrenen Ermittlern vom #LVT die Luft weg. 😲
Diese zum Teil verbotenen #Waffen, 1.200 kg #Munition, NS-Devotionalien und vieles mehr wurden im Bezirk #Baden #sichergestellt.
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— Polizei NÖ (@LPDnoe) November 9, 2021
Die Liste an Waffen, die bei dem 53-Jährigen aus dem Bezirk Baden und dessen gleichaltriger Ehefrau bereits am 8. Oktober sichergestellt wurden, ist in der Tat gleichermaßen beeindruckend wie beunruhigend:
Unter anderem befanden sich dabei Kriegsmaterial in Form von 2 Maschinengewehren, 6 Maschinenpistolen, ein Sturmgewehr, ein Scharfschützengewehr, Ersatzläufe und Verschlüsse für Maschinengewehre, Schusswaffen der Kat A (Pumpgun, Schusswaffen mit angebrachten Schalldämpfer) 17 Schusswaffen der Kat B (Revolver und Pistolen), 23 Schusswaffen der Kat. C (Langwaffen/Gewehre/Flinten/Büchsen), verbotene Waffen (16 Schalldämpfer, 21 sogenannte „Schießende Kugelschreiber”, Schlagringe), Waffenteile sowie eine große Anzahl verschiedener Hieb- und Stichwaffen, Pfeffersprays, Elektro-Schockgeräte, asiatische Nahkampfwaffen u.a.
Eine große Anzahl dieser Schusswaffen befand sich bei der Sicherstellung in geladenem Zustand.
Auch konnten im Wohnhaus über 1.200 kg verschiedene Munitionssorten vorgefunden und sichergestellt werden.
Darüber hinaus konnten eine Handgranate, 7 Rohrbomben, 20 kg Schwarzpulver und diverse pyrotechnische Gegenstände vorgefunden und auch sichergestellt werden.
Ebenfalls sichergestellt wurden ein Stahlhelm mit einem Hakenkreuz, weitere NS Devotionalien (Flyer, Orden, Münzen, Büste von Erwin Rommel) sowie diverse einschlägige Literatur (Zeitschriften, Bücher). (Presseaussendung LPD NÖ, 9.11.21)
Auf den Namen des Niederösterreichers sei man im Zuge der Ermittlungen zur Neonazigruppierung rund um Peter Binder, die Waffen und Kriegsmaterial in einem noch viel größeren Umfang gehortet hatte, um nach Eigenangabe eine Terrorgruppe – im Neonazijargon: „Miliz der Anständigen“ – zu gründen, gekommen. Auf Datenträgern der Gruppe Binder hätten sich Konversationen mit nationalsozialistisch konnotierten Inhalten befunden, in die der 53-Jährige involviert gewesen sei.
Der Beschuldigte und seine Ehefrau weisen jedoch jegliche böse Absichten von sich.
Stattdessen kam eine Stellungnahme vom Rechtsanwalt des Mannes. Der Mandant sei ein geschichtsinteressierter Sammler, mehr nicht. (…) Ermittelt wird laut dem Sprecher der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt, Erich Habitzl, aber wegen gerichtlich strafbarer Handlungen nach dem Waffengesetz, Verhetzung, Urkundenunterdrückung und wegen Wiederbetätigung nach dem Verbotsgesetz. Da allerdings keine Fluchtgefahr, Tatbegehungs‑, Verdunkelungs- bzw. Verabredungsgefahr bestehe, liegen laut Habitzl derzeit keine Haftgründe gegen den Verdächtigen vor. Außerdem ist er gerichtlich bisher unbescholten.“ (Kurier, 10.11.21, S. 18)
Es ist daher vorerst zu resümieren: Ein Mann und dessen Frau, die genug Waffen gehortet hatten, „um einen verheerenden Anschlag zu verüben“ (Kurier) und die in Verbindung mit einem Neonazi standen, der eine bewaffnete Terrorgruppe gründen wollte, bleiben auf freiem Fuß, weil angeblich keinerlei Gefahr drohe. Insgesamt werde nun rund um Peter Binder gegen 15 Personen aus Österreich und Deutschland ermittelt. Innenminister Nehammer meinte anlässlich einer Konferenz zur Terrorismusentwicklung, „es sei Material bei Rechtsextremen gefunden worden, ‚das dafür ausreicht, um die Republik in eine massive Krise zu stürzen‘“ (derstandard.at, 9.11.21). Wenn das nun nur die Spitze des Eisbergs ist, wäre wohl Feuer am Dach angesagt.
Update 29.5.23: Prozessbericht von prozess.report: Prozess nach Waffenfund im Bezirk Baden
Der Mann wurde zu 24 Monaten, seine Ehefrau zu 18 Monaten bedingt auf drei Jahre verurteilt. Die Devotionalien, Waffen und Munition wurden eingezogen. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig, da weder Staatsanwaltschaft noch Verteidigung Rechtsmittel eingelegt haben.