Vom Reich zur Imperia
Spekulationen hat es nicht gebraucht, um zu erahnen, was die über einen Verein organisierte „Wiener akademische Ferialverbindung Reich“ mit der Adresse „Lindenauergasse“ im zweiten Wiener Gemeindebezirk getrieben hat. Wobei die im Vereinsregisterauszug angegebene „Lindenauergasse“ ein kleiner Fauxpas ist, denn korrekt war es die „Lichtenauergasse“, die das „Reich“, dessen Ausdehnung sich auf einen Keller in der Lichtenauergasse beschränkte, beherbergte. Vorsitzender war Lucas Tuma, als sein Vize fungierte Viktor Hammermayer, den Schriftführer und Kassier machte Gottfried Küssel. Küssels „Reich“ ist nach den feindlichen Hausdurchsuchungen im Alpen-Donau-Komplex und den Verhaftungen untergegangen.
Auferstanden aus den Reichsruinen ist 2013 die „Ferialverbindung IMPERIA Wien“ wieder mit der Lichtenauergasse als Reichssitz. Aus dem einstigen Vorsitzenden Tuma wurde der Imperator Tuma, den Konsul im Imperium gibt ein anderer Tuma, nämlich Michael, der die beiden Konsule Paul Blang und Viktor Hammermayer 2020 abgelöst hat. Ob das Amt des Prokonsuls, das Hammermayer bis 2017 innehatte, nicht mehr besetzt ist, da die Provinzen, die ein Prokonsul zu verwalten hat, ausgetrocknet sind, geht aus dem Vereinsregisterauszug nicht hervor. Halböffentlich in Erscheinung getreten ist die Imperia mit einer Kranzniederlegung 2022 – am Grab des 2018 in der ungarischen Provinz verblichenen Neonazis Gerd Honsik.
Ehrendes Angedenken
Eine Kranzniederlegung im Zuge eines ehrenden Angedenkens könnte ja eigentlich im Pflichtenheft des Vereins „Ehrendes Angedenken zur Unterstützung Hinterbliebener“ stehen, aber nachdem sich das Personal mit dem der Imperia ziemlich vermischt, ist es vielleicht gleichgültig, unter welchem Label der Kranz abgeworfen wurde. Jedenfalls ist beim Verein „Ehrendes Angedenken zur Unterstützung Hinterbliebener“ wieder Lucas Tuma Präsident, und Gottfried Küssel unterstützt als Finanzreferent die „Hinterbliebenen“. Ob hier Honsiks Hinterlassenschaft verwaltet wird und die Vereinsfunktionäre und ‑mitglieder die unterstützten Hinterbliebenen sind, kann an dieser Stelle nicht abschließend beantwortet werden.
Kunst & Kultur
Dass Küssel einen Hang zur Musik, wenn auch in sehr einschlägiger Weise, hat, wissen wir spätestens seit Michael Schmidts Doku „Wahrheit macht frei“, in der Küssel gleich zu Beginn Gitarre spielend ein Lied zum Besten gibt (das allerdings in der Reihung von den bekanntgewordenen Ekelhaftigkeiten aus dem Hause Küssel ganz oben rangiert). Küsssel steht als Präsident dem 2019 ins Leben gerufenen „Verein für Kultur und Kunstschaffende“ vor, der Finanzreferent ist Felix Budin. Informierte wissen, dass es von der Imperia zur Kultur und Kunst nicht weit ist. Ob jene Kunstwerke, etwa die bronzerne Hitlerbüste, die Küssel 2017 nach dem staatlichen Raubzug zurückgeklagt hatte, in den Vereinsbesitz übergegangen sind, ist nicht bekannt.
Einige Kilometer weiter, in Klosterneuburg, hat sich im Juni 2018 der Verein „Schillerbund — freie Literaten“ gegründet. Die „freien Literaten“, die bei dem Verein den Vorstand bilden, sind uns zwar als Autoren von Textchen bekannt, die wir allerdings nicht mit Friedrich Schiller in Zusammenhang gebracht hätten. Der Präsident und Finanzreferent ist Richard Pfingstl, sein Vize und zugleich Schriftführer ist der offenbar besonders kulturaffine Finanzreferent vom „Verein für Kultur und Kunstschaffende“, Felix Budin. Der Klosterneuburger Schillerbund könnte in Tradition mit dem „Schillerbund deutscher Jugend“ des „Deutschen Kulturwerk Europäischen Geistes“ stehen, wobei die „deutsche Jugend“ des Klosterneuburger Vereins dem Jugendalter schon deutlich entwachsen ist.
Von der Donau über die Alpen führt der Weg nach Graz. Schon lange, seit 2009, werkt dort der „Verein zur Förderung deutscher Vereinskultur“. Der vereint in seinem Vorstand drei Kameraden aus der Steiermark. Der Schillerfreund Pfingstl ist Obmann und Schriftführer, als sein Stellvertreter fungiert Christoph Schober – beide pflegen die deutsche Vereinskultur zuweilen auch in Ungarn beim Marschieren am „Tag der Ehre“. Vereinskassier ist Sascha Ranftl.
Noch eine Ferialverbindung
Der Kreis schließt sich mit der „Randalia Graz“, einer weiteren Ferialverbindung, die zeitgleich mit dem „deutsche Vereinskultur“-Verein gegründet wurde. Nicht überraschend ist daher, dass die beiden Vorstände ident zusammengesetzt sind.