Ahrens fand ab 2021 in den österreichischen rechtsextremen Medien in erster Linie als Promotor seiner „GegenUni“ Erwähnung. In „Freilich“ bekam er 2022 einen mit Plattitüden gefüllten Kurzkommentar zum Begriff der „kulturellen Aneignung“, deren Kritik er als „Neuauflage“ der „bewährten Taktik“ des Kommunismus einordnete, „seine Opfer zuerst moralisch abzuwerten, um sie dann zu unterwerfen und letztlich zu beseitigen“ (1).
Bei Michael Scharfmüllers „Info-Direkt“ hatte Ahrens erstmals im November 2021 einen Auftritt: Von dem langatmigen Podcast dürfte wohl hauptsächlich der Teaser „Deshalb ist die Antifa so geil aufs Impfen“ übrigbleiben und weniger Ahrens‘ hanebüchene Erklärung, die Impfbereitschaft von Linken sei auf Theodor W. Adorno zurückzuführen. Im „Info-Direkt Weihnachts-Podcast“ 2022 gab Erik Ahrens als erster Interviewter die Vorhut für ein Sammelsurium an weiteren Gästen aus der rechtsextremen Szene. Als Höhepunkt des Jahres jauchzte Ahrens dort über das Wachstum seiner „GegenUni“ und dass er Scharfmüller bei der „IFS-Frühjahrsakademie” 2022 in Schnellroda erstmals getroffen hatte. „Das war auch nicht schlecht“, bebalzte Ahrens seinen Interviewer.
In der November-Nummer 2023 betätigte sich Ahrens als Buchvorsteller für „Info-Direkt“ und belobigte zwei im Antaios-Verlag erschienene Elaborate: jenes von Maximilian Krah, für den Ahrens auch TikTok-Kampagnen produzierte, und das Buch seines alten Wegbegleiters Martin Sellner – die zwei Bücher im Doppelpack seien „Taktgeber der ‚Neuen Rechten‘“, mit der er jetzt allerdings nur mehr wenig anfangen kann. Direkt neben den Buchempfehlungen wird Ahrens selbst empfohlen, respektive seine 2023 gestartete kommerzielle Website „Blitzwissen“.
Es war ebenfalls 2023, als Ahrens beim vom identitären Tarnverein „Haymon“ in Kooperation mit „Info-Direkt“ im Tiroler Schwaz veranstalteten zweiten „Berg-Kongress“ einen Auftritt hatte, wo sich die Tiroler FPÖ-Landtagsabgeordneten Gudrun Kofler und Daniel Marschik sowie der Innsbrucker Gemeinderat Fabian Walch von neurechten Szenegrößen instruieren ließen.
TikTok für österreichische Identitäre
Im Mai 2022 gründete Ahrens die in Cottbus gemeldete Firma ALB Kommunikation UG, mit der er auch kommerziell in die Produktion von Medien eingestiegen ist.
Er war es, der Krah im Juni 2023 überredete, sich vor das Bücherregal in seinem Büro zu stellen und über Sex zu reden. Oder genauer, über den Mangel an Sex. „Jeder dritte junge Mann hatte noch nie eine Freundin“, sagt Krah direkt in die Kamera. „Du gehörst dazu? Schau keine Pornos! Wähl nicht die Grünen. Geh raus an die frische Luft.“ (…) Danach legten Ahrens und Krah immer wieder nach. Sie lieferten Videos mit Takes wie „Deine Mutter wird im Alter arm sein“ (…) oder „Unsere Vorfahren waren keine Verbrecher“. (spiegel.de, 8.6.24)
Nachdem die Videos von Krah seitens TikTok jedoch gedrosselt wurden mit dem Hinweis, dass Krah die rechtsextreme Verschwörungserzählung des „Großen Austausches“ verbreitet habe, baute Ahrens, unterstützt von anderen rechtsextremen Agitatoren, eine „TikTok-Guerilla“ auf, die – auch unter Auslobung von Preisen wie Handys – AfD-Videos pushen sollte. Inzwischen ist die Arbeitsbeziehung zwischen Krah und Ahrens angeblich Geschichte, Krah wurde aus dem Bundesvorstand der AfD und danach aus der mittlerweile verblichene Fraktion „Identität und Demokratie“ (ID) im Europaparlament entfernt.
Auf Kubitscheks „IFS-Sommerakademie“ in Schnellroda 2023 erklärte Ahrens in einem Vortrag „TikTok von rechts“ und erwähnte dabei, im Sommer 2023 auch für den identitären Ableger „Die Österreicher“ Videos produziert zu haben.
Anfang September erklärte Ahrens öffentlich, wie Tanzvideos von unbeteiligten Personen gefälscht werden können, um die dann als vermeintliche Testimonials für die AfD ins Netz ins Netz zu stellen. Die AfD distanzierte sich, und auch Martin Sellner tat es: „Ich will nicht, dass man mir das zurechnet oder als Strategie und Ausrichtung des neurechten Lagers darstellt.“ (x.com, 9.9.24) Wenige Tage zuvor jubelte er die Videos noch als „Coming Out der Patrioten“ und als „Kipppunkt“ (x.com, 4.9.24) hoch.
Die Firma „Gedankensturm“
Am 26. Juni 2024 wurde die Firma „Gedankensturm FlexCo“ als flexible Kapitalgesellschaft mit Sitz im neunten Wiener Gemeindebezirk eingetragen. Gesellschafter sind Erik Ahrens mit 77,5 % und Stephan Tobias Kreuzwirt mit 22,5 %. Als Geschäftszweig wird „Betreiben einer Online-App“ angeführt. Fast zeitgleich ließ Ahrens eine Firma in Belgien eintragen. Dahinter steht Ahrens‘ ab 2023 online gestellte Website „Blitzwissen“, die eine rechte bzw. rechtsextreme Alternative zu Websites wie „Blinkist“ bieten soll, wo mittels eines Abo-Systems Bücher im Schnelldurchgang konsumiert werden können.
„Wer sich für Genetik und Rasse interessiert, findet hier einige der wichtigsten Bücher dazu“, twittert Ahrens Anfang Oktober und verweist zugleich auf Blitzwissen, wo die Bücher zusammengefasst zu finden seien. „Die sollen endich (sic!) mal eine App rausbringen ich hasse es über einen Browser zu lesen“, meint dazu eine Twitter-Userin. „Ich habe gehört die arbeiten dran“, antwortet Ahrens. Dass „sie“ es mit Sitz in Wien und nicht wie zuvor in Deutschland tun, verrät er nicht.
Im Schnittprogramm sieht man Krah vor einem blauen Studiohintergrund in die Kamera blinzeln, dann hört man Ahrens’ Regieanweisungen: „Das kannst du ja noch mal wiederholen: Weil ich für euch bin, sind sie gegen mich.„Wo der Satz herkomme? „Donald Trump”, sagt Ahrens mit einem Schulterzucken, ohne vom Laptop aufzuschauen. (spiegel.de, 8.6.24)
Währenddessen ist möglicherweise im Grab von Jörg Haider ein Protest-Gedankensturm ausgebrochen.
➡️ Erik Ahrens und seine Österreich-Beziehungen (Teil 1): … und wurde rechts
➡️ Erik Ahrens und seine Österreich-Beziehungen (Teil 2): Ahrens und Sellner
➡️ stopptdierechten.at (16.10.24): Undercover-Recherche deckt rechtsextremes Netzwerk mit Erik Ahrens als Kopf auf
Fußnote
1 Erik Ahrens, Was ist kulturelle Aneignung? In: freilich-magazin, 13.8.22