Der 25-jährige D.W. aus Gilgenberg am Weilhart bewegt sich schon lange in Neonazi-Kreisen. Nun wurde ihm am Landesgericht Ried im Innkreis der Prozess gemacht, weil er mehrere Fotos mit NS-verherrlichenden Inhalten auf Facebook gepostet hatte. Der Tatzeitraum belief sich auf sechs Jahre, der Angeklagte war geständig, beteuerte aber, sich von der Ideologie distanziert zu haben. Die angebliche Distanzierung muss jedoch blitzesartig erfolgt sein, wie aus Details, die während der Verhandlung Erwähnung fanden, zu schließen ist.
Die inkriminierten Bilder weisen auf einen neonazistischen Szenehintergrund hin: etwa ein Bild, auf dem das Tattoo des Angeklagten, eine Triskele, zu sehen ist oder ein Foto, das den Angeklagten mit einem T‑Shirt mit dem Logo der Neonazi-Band „Sturm 18“ zeigt. Verbreitet hatte W. ebenfalls ein Bild, auf dem sein Cousin mit einem Sonnenrad-Tattoo am linken Ellenbogen zu erkennen ist.
Gekreuzte Stielhandgranaten
Der Angeklagte war zudem Mitglied einer Bande mit dem Namen „Nordic Hate Society“ (NH8). Im Rahmen der Hausdurchsuchung im Juni 2023 wurde ein Aufkleber mit einem Logo gefunden, das die Gruppe entworfen hatte und das zwei gekreuzte Stielhandgranaten zeigte. Der Richter verwies bei der Vernehmung darauf, dass das Bild aussehe wie das Abzeichen der „SS-Sondereinheit Dirlewanger“, geführt von Oskar Dirlewanger, der bei Neonazis als Held gilt. Neben weiteren Bildern und NS-verherrlichenden Gegenständen wurde bei der Hausdurchsuchung auch ein großes schwarzes Banner mit NH8 Logo, Totenkopf und Reichsflagge gefunden.
Hooligan-Szene & braune Hütten
Der Richter sprach den Angeklagten darauf an, dass er laut Polizeivernehmung in der Linzer Hooligan Szene „dick drinnen“ gewesen sein solle und fragte, wann denn ein Wandel stattgefunden habe. Der Mann gab an, etwa mit dem Ende der Berufsschule, in den Jahren 2018 und 2019, sei eine Distanzierung passiert.
Dem widerspricht ein Foto vom 20.3.23, das allerdings nicht Gegenstand der Anklage war. Auf dem Bild waren mehrere junge Männer beim Feiern mit nackten Oberkörpern in einer Hütte zu sehen: Sie sitzen an einem Tisch und im Regal über ihren Köpfen steht ein Foto von Hitler. Der Richter hinterfragte folglich die behauptete Wandlung und wollte wissen, was dieses Bild dort sollte. Der Angeklagte antwortete, dass „jede zweite Hütte sowas hat“, worauf der Richter entgegnete: „Dann gehen Sie in die falschen Hütten.“
In die falschen Hütten geht W. offensichtlich schon ziemlich lange, was ein „Stoppt die Rechten” vorliegender Screenshot von W.s Facebook-Profil aus dem Jahr 2015 nahelegt. Der zeigt nicht nur W.s Affinität zur Neonazi-Band „Sturmwehr”, sondern auch den braun durchsetzten FB-Freundeskreis des Innviertlers. Zu W.s Freunden auf Facebook zählte etwa auch Daniel F., jener Neonazi, der wegen seiner im Schwimmbad Braunau zur Schau gestellten NS-Tattoos für Aufregung gesorgt hatte und im September 2023 zu 24 Monaten Haft, davon acht unbedingt, verurteilt wurde.
W.s Verteidiger argumentierte für eine Diversion, eine Möglichkeit, die es für Erwachsene bei Wiederbetätigungsprozessen erst seit der Novelle des Verbotsgesetzes gibt. Als Beispiel dafür verwies die Verteidigung auf den Fall mit zwei Jugendliche, die im Mai 2023 eine Hitlerrede über die Lautsprecher eines Railjets abgespielt hatten. Der Verteidiger scheiterte mit seinem Ansinnen. Das Urteil lautete sechs Monate bedingter Haft, zudem sind die Prozesskosten vom Angeklagten zu zahlen. Als mildernd wurde einbezogen, dass der junge Mann unbescholten und geständig war. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Danke an prozess.report für die Prozessbeobachtung!