Über die österreichischen Verstrickungen beim rechtsextremen Geheimtreffen im November 2023 in Potsdam haben wir bereits berichtet. Es war nicht das erste Treffen dieser Art. Der „Spiegel“ (23.1.24) veröffentliche umfangreiche Recherchen über die rechtsextremen Verbindungen und die Rolle des früheren CDU-Finanzsenators Peter Kurth. Besonders brisant ist ein Sommerfest auf der Dachterrase seiner Berliner Privatwohnung im Juli 2023. Bis zu 100 Personen sollen teilgenommen haben, unter ihnen der Österreicher Martin Sellner, der neofaschistische Verleger Götz Kubitschek, AfD-Politiker*innen wie Maximilian Krah, Benedikt Kaiser oder die Europawahlkandidatin Mary Khan-Hohloch, sowie Philip Thaler, IB-Chef in Deutschland und Vincenzo Richter, der Kopf der Identitären in Chemnitz und der „Ein-Prozent“-Gründer Philip Stein*.
Kurth und das „Castell Aurora” in Steyregg
Heute veröffentlichte „Exif-Recherche“ einen Kontoauszug, der zeigt, dass der Burschenschafter Kurth (Gothia Berlin) im September 2019, als er noch CDU-Mitglied war, 120.000 Euro auf das Konto von „Okzident-Media UG“ überwiesen hatte. Bei der „Okzident-Media UG“ handelt es sich um eine rechte Medienagentur, die unter anderem vom identitären Kader Daniel Fiß gegründet wurde. Durch den Verwendungszweck „Schanze Eins UG & Co KG“ wird ersichtlich: Der Geldsegen war für ein Immobilien-Projekt der Identitären vorgesehen, konkret für einen Finanzdienstleister, der „finanzstarke UnterstützerInnen, die anonym bleiben wollen“, dabei unterstützt, rechtsextreme Projekte zu fördern. Diese „überweisen ihr Geld an einen Verein, dieser überweist das Geld weiter an «Schanze Eins», die mit dem Geld Immobilien für die extreme Rechte erwirbt. Die Immobilie soll aus erwirtschafteten Mieteinnahmen auf gleichen Weg zurück die Darlehensraten an den anonymen Investor tilgen.“ (exif-recherche)
Kontoauszüge belegen: Peter Kurth, damals noch CDU-Politiker, finanzierte mit 120.000 € eine Immobilie der «Identitären Bewegung» (IB): das «Castell Aurora», 2021 in Österreich eröffnet. Die IB versprach Investor Kurth, er würde anonym bleiben. Details: https://t.co/AF3DbAOQz0 pic.twitter.com/WECjMkX7mR
— Exif-Recherche (@ExifRecherche) January 25, 2024
Nur einen Tag nach Kurths Überweisung transferierte „Okzident-Media“ insgesamt 194.948,28 Euro an Steve Henschke mit dem Vermerk „Darlehen Linz“. Henschke ist Projektverantwortlicher bei „Schanze Eins“ und kaufte am 5. September 2019 das Haus für die Identitären in Steyregg.
Wir berichteten bereits mehrfach über das 2021 eröffnete Hausprojekt und die dort stattfindenden Vernetzungen. So mobilisierte man für ein als „Kulturveranstaltung“ getarntes Vernetzungstreffen am 30. September 2023, zu dem Identitäre aus Österreich und Deutschland, aber auch Funktionäre der „Freiheitlichen Jugend“ kamen. Der Gegenprotest fiel schließlich weit mächtiger aus als das rechtsextreme Stelldichein, mit überschaubarer Beteiligung.
Am 30.9.2023 fand in Steyregg (OÖ) ein Vernetzungstreffen der neofaschistischen „Identitären” statt. Als Kulturveranstaltung getarnt fand die Veranstaltung im sogenannten „Castell Aurora“ statt. Hierbei handelt es sich um eine Immobilie der „Identitären”. #Steyregg pic.twitter.com/Sg6lnLWUsS
— Presseservice Wien (@PresseWien) November 13, 2023
Deutsch-österreichischer Austausch
Erst gestern, am 24.1., referierte in Steyregg die Szenegröße Götz Kubitschek, der innerhalb der letzten Zeit häufig in Österreich anzutreffen ist. Im November 2023 kam es bei einem Aufmarsch, zu dem die „Freiheitliche Jugend“ aufgerufen hatte, zu gewalttätigen Auseinandersetzungen vor der Uni Wien. Danach trat Kubitschek im Haus der Österreichischen Landsmannschaft (ÖLM) in der Wiener Fuhrmannsgasse 18 auf, gefolgt von einer Einladung der FPÖ ins Parlament. Heute, am 25.1., zeigt sich Kubitschek zusammen mit dem AfD-Politiker Maxililian Krah erneut in der Fuhrmannsgasse.
Finanzierung der rechtsextremen Szene
Kurth soll in ein weiteres Immobiliengeschäft im Oktober 2022 verwickelt sein, das nun die Ermittlungsbehörden wegen des Verdachts auf Geldwäsche beschäftigt. Beschuldigt ist nicht Kurth, sondern der Identitäre Bundeschef Philip Thaler und der bereits erwähnten Vincenzo Richter. Die beiden hatten „eine Firma zum An- und Verkauf von Immobilien gegründet. Wenig später soll die Firma eine Ladenfläche im Chemnitzer Stadtteil Schönau gekauft haben, die von der ‚Identitären Bewegung’ später als Treff genutzt wurde.“ (spiegel.de, 18.1.24)
Auch in Österreich sorgen Aufdeckungen von Spenden an Identitäre immer wieder für Gesprächsstoff. Zu einer wahren Distanzierungswelle kam es nach Bekanntwerden einer Liste mit fast 500 Namen mit Unterstützer*innen der Identitären, die der Verfassungsschutz angelegt hatte und über die „Stoppt die Rechten“ mehrfach berichtet hat – zuletzt zum Mauthausener FPÖ-Gemeinderat Sascha Grünsteidl, der ebenfalls auf dieser Liste zu finden ist und nach der Enthüllung von „Stoppt die Rechten” ins Kreuzfeuer der Kritik geriet. Konfrontiert damit gab er den als hilflos zu bezeichnenden Erklärungsversuch ab, er habe nur schauen wollen, wie sich die Identitären in Oberösterreich positionieren würden.
* Die Namen der im Spiegel veröffentlichten Teilnehmenden (darunter viele Burschenschafter): Die Verbindungen sind das Problem