„Job mit Charakter? Hier darf man noch Nazi sein.“, war auf einem in zwei Schaukästen angebrachten Plakat an einer Linzer Bushaltestelle zu lesen. Die „Kronen Zeitung“ (6.12.23) veröffentlicht ein Foto des zweifelsfrei sehr provokanten Sujets, das offensichtlich nicht sanktionierte Nazi-Umtriebe im Bundesheer anprangert.
Mehrere wegen Wiederbetätigung verurteilte Personen sind weiterhin beim Bundesheer aktiv. Des weiteren (sic!) ist bekannt, dass Grundwehrdiener im Umfeld der rechtsextremen „identitären Bewegung“ aktiv sind, hohe Offiziere einen antisemitischen Telegram-Kanal betreiben sowie Wehrmachtslieder gesunden (sic!) werden. (Plakat-Text)
Die Empörung ist groß:
„Das ist eine absolute Frechheit, die Plakate stammen auf gar keinem Fall von uns“, reagiert Oberst Gerhard Oberreiter erbost auf „Krone“-Anfrage. Gleich zwei solcher Plakate wurden am Dienstagmorgen im Bereich Hessenplatz entdeckt. „Wir wissen nicht, wer es getan hat. Wir haben die Plakate jedenfalls aus dem Schaukasten herausgenommen und die Staatsanwaltschaft informiert“, bestätigt der Linzer Stadtpolizeikommandant Karl Pogutter. (…) „Fakt ist, dass es das, was auf dem Plakat steht, so bei uns nicht gibt.“ Aus welcher Richtung die freche Attacke kommt, gehört noch ermittelt. Interessant werden auch die strafrechtlichen Folgen sein. (krone.at, 6.12.23)
Nun, dass die Plakate nicht vom Bundesheer stammen, wäre auch ohne die Klarstellung des Oberst Oberreiter zu erraten gewesen. Dass die am Plakat geäußerten Vorwürfe „frech“ seien und es sie nicht gäbe, ist erfahrungsgemäß nicht nur nach den zuletzt irritierenden Urteilen der Bundesdisziplinarbehörde schon weit weniger klar.
Das ist kein Plakat vom #Bundesheer. Heute gesehen in Linz. Beim #Bundesheer hat Extremismus keinen Platz. Weder nach rechts noch nach links. pic.twitter.com/s3eWbpNBg4
— Gerhard Oberreiter (@milkdoooe) December 5, 2023
Als ob das Timing abgesprochen gewesen wäre, stand gestern, 5.12.23, ein 33-jähriger Unteroffizier des Bundesheers vor dem Salzburger Landesgericht. Zur Anklage kamen nicht nur Verstöße nach dem Verbots- sondern auch nach dem Waffengesetz, weil zwei Schlagstöcke bei ihm aufgefunden wurden.
Konkret warf Staatsanwalt Florian Weinkamer dem Unteroffizier vor, zwischen Sommer 2019 und Juni 2022 ein halbes Dutzend WhatsApp-Postings mit nazi- bzw. hitlerverherrlichenden Inhalten weitergeschickt zu haben. „Dass Sie sich damit nach außen als eine dem Nationalsozialismus positiv gegenüberstehende Person zeigen, ist Ihnen klar, oder?“, fragte der Vorsitzende den Angeklagten. Der quittierte dies mit einem „Ja. Es tut mir sehr leid“. Weiters hatten Polizisten bei einer Hausdurchsuchung beim Angeklagten eine in seiner Wohnung aufgehängte Fahne mit aufgedruckter Schwarzer Sonne (NS-Symbol, bestehend aus zwölf Siegrunen mit Hakenkreuz, Anm.) sichergestellt. Überdies verwendete der 33-Jährige über Jahre in seiner E‑Mail-Adresse die Zahl 88 – ein Neonazicode für „Heil Hitler“; 8 steht für den achten Alphabet-Buchstaben. (Salzburger Nachrichten, 6.12.23, S. L6)
Der Berufssoldat kassierte einen Schuldspruch mit der Mindeststrafe von zwölf Monaten bedingt. Das bereits rechtskräftige Urteil bedeutet, dass der Soldat weiterhin im Bundesheer bleiben kann, soferne die Disziplinarbehörde nicht anders entscheidet. Mit dem Schlusssatz im Artikel, „dass der Mann beim Heer bleiben kann, darf stark bezweifelt werden“ (Salzburger Nachrichten, 6.12.23, S. L6), könnte sich der Journalist angesichts der bisherigen Spruchpraxis allerdings geirrt haben.