Mr. Bond (Teil 1): die braune Support-Truppe

Lesezeit: 5 Minuten

Nach akri­bi­schen Ermitt­lun­gen wur­de Phil­ip H., mut­maß­lich der als „Mr. Bond“ bekannt gewor­de­ne und in ein­schlä­gi­gen Krei­sen abge­fei­er­te Neo­na­zi, vor einem Jahr in sei­nem Kärnt­ner Eltern­haus ver­haf­tet. Im Okto­ber 2021 wur­de eine – beein­spruch­te – Ankla­ge­schrift fer­tig gestellt. Dort ist zu lesen, dass H. beträcht­li­che Sum­men mit dem Ver­kauf sei­ner Songs lukriert haben soll. Doch die Staats­an­walt­schaft lässt offen­bar nicht ermit­teln, woher die Geld­flüs­se stam­men und ob ein Netz­werk dahintersteht.

Etwas mehr als 200 Mit­glie­der hat eine Tele­gram-Grup­pe, die „Mr. Bond“ sup­port­et. Die Nick­na­mes lesen sich so wie die Gesin­nung ihres Günst­lings und wohl auch der von des­sen Unterstützer*innen.

TG-Unterstuetzungsgruppe für "Mr. Bond"

TG-Unter­stuet­zungs­grup­pe für „Mr. Bond”: Haken­kreu­ze und brau­ne Namen

In der Grup­pe wer­den nicht nur sei­ne mit abscheu­li­chen Nazi-Tex­ten unter­füt­ter­ten Songs auf und ab emp­foh­len und online gestellt, son­dern auch Spen­den gesam­melt. Unter der Ägi­de der beson­ders umtrie­bi­gen „Lin­ney“, die den SS-Spruch „Mei­ne Ehre heißt Treue“ zu ihrem Tele­gram-Mot­to gemacht hat, wird über Mona­te gerät­selt und nach­ge­fragt, wie H. mit vol­lem Namen hei­ßen und wo er ein­sit­zen könn­te und über wel­che Rechts­an­wäl­te Hil­fe zu erwar­ten sei.

Antwort aus JVA bzgl. Anfrage Häftling "Mr. Bond"

Ant­wort aus JVA bzgl. Anfra­ge Häft­ling „Mr. Bond”

Selbst bei den ver­ur­teil­ten Holocaustleugner*innen Moni­ka Schae­fer und David Irving wird um Rat und Unter­stüt­zung gebe­ten. Wäh­rend Schae­fer emp­fiehlt, Mr. Bond möge sich nur ja nicht vom rech­ten Weg abbrin­gen las­sen, ver­wies der mit der öster­rei­chi­schen Jus­tiz und dem Ver­bots­ge­setz erfah­re­ne Irving auf die Toch­ter sei­nes ehe­ma­li­gen und inzwi­schen nach Wal­hall abge­gan­ge­nen ein­schlä­gi­gen Anwalts.

Monika Schaefer spendet Trost und Rat für Mr. Bond: "Never apologize for being on the right side."

Moni­ka Schae­fer spen­det Trost und Rat für Mr. Bond: „Never apo­lo­gi­ze for being on the right side.”

David Irving empfiehlt für H. Tochter seines Anwalts

David Irving emp­fiehlt für H. Toch­ter sei­nes Anwalts

In der eif­ri­gen Suche nach der Iden­ti­tät von „Mr. Bond“, ver­such­te „Lin­ney“, mit einem Trick über das Stan­dard-Forum an den Namen ran­zu­kom­men: Sie gab sich als über den wach­sen­den Anti­se­mi­tis­mus Scho­ckier­te, die den inhaf­tier­ten Phil­ip H. bekeh­ren woll­te: „Kann mir jemand eine Nach­richt mit sei­nem vol­len Namen sen­den, damit ich die­sem Mann mehr Mensch­lich­keit geben kann durch die Gna­de Got­tes!?“ Ihren brau­nen Gesinnungskamerad*innen im Forum ver­riet „Lin­ney“, ihr sei spei­übel gewe­sen beim Ein­tip­pen die­ser Zei­len. (Ob sie ihr Pos­ting tat­säch­lich ver­öf­fent­licht hat, ist uns nicht bekannt.)

Linney im Standard-Forum

Lin­ney im Standard-Forum

Irgend­wann aber führ­ten „Lin­neys“ Nach­for­schun­gen zum Erfolg: Stolz ließ sie die Com­mu­ni­ty wis­sen, dass sie nach zehn Mona­ten H.s Iden­ti­tät, den Namen sei­nes Anwalts in Erfah­rung brin­gen und die Ankla­ge­schrift – fein säu­ber­lich ins Eng­li­sche über­setzt – auf diver­sen Platt­for­men zum Down­load bereit­stel­len konn­te. Die wird seit­her in brau­nen Krei­sen als Zeug­nis für das ver­meint­lich unrecht­mä­ßi­ge Vor­ge­hen der staat­li­chen Behör­den gegen H. her­um­ge­reicht. In diver­sen Kanä­len wird auf­ge­ru­fen, „Mr. Bond“ zu unter­stüt­zen, natür­lich mone­tär, aber auch durch auf­mun­tern­de Brie­fe in die Jus­tiz­an­stalt Josef­stadt, wo H. seit Febru­ar 2021 in Unter­su­chungs­haft sitzt. Dabei gibt man Tipps, wie die Behör­den zu ver­wir­ren und aufs Glatt­eis zu füh­ren sei­en – einer­seits, um die Absen­der-Iden­ti­tät zu ver­schlei­ern und ande­rer­seits über Non­sen­se-Tex­te, um sich einen Spaß zu machen: Include a short para­graph detail­ing some­thing com­ple­te­ly inno­cuous. Like a home impro­ve­ment pro­ject for exam­p­le. Use obscu­re words that are not in com­mon use. Guards will stu­dy the let­ter try­ing to deci­pher the „hid­den code”. A fun­ny joke to play on them.

Tipps für Briefe an "Mr. Bond"

Tipps für Brie­fe an „Mr. Bond”

„He was a nice guy“

Geht es nach Tre­vis L., Ver­fas­ser eines Hul­di­gungs­ar­ti­kels, war „Mr. Bond“ eine Art Super­star in der Sze­ne. In einer schmalz­trie­fen­den Glo­ri­fi­zie­rung des Jah­res 2016 als „a cer­tain kind of roman­ti­cism and opti­mism“ für die Rech­ten wird „Mr. Bond“ als Inkar­na­ti­on des dama­li­gen Zeit­geis­tes beju­belt: „But if the­re was one per­son who tru­ly embo­di­ed the zeit­geist of 2016, it would be P. H., a man bet­ter known by his stage name: Mr. Bond. Mr. Bond did not make 2016; he was 2016 made flesh.”

Zuvor hat­te der Autor in einem brau­nen Forum um Mel­dun­gen von Per­so­nen gebe­ten, die „Mr. Bond“ kann­ten. Gefragt waren jedoch nur State­ments, die den Nazi-Rap­per in ein posi­ti­ves Licht stel­len wür­den: „Here, I am loo­king for tes­ti­mo­ni­als that might help huma­ni­ze Mr. Bond and make him look good. So focus on the posi­ti­ve aspects. ‘He was a nice guy with a gre­at sen­se of humor. Always the­re for a fri­end in need’. That kind of stuff.”

Trevis sucht "testimonials", die "might help humaize Mr. Bond"

Tre­vis sucht „tes­ti­mo­ni­als”, die „might help humai­ze Mr. Bond”

Koh­le mit Songs

Auf Mail-Anfra­ge eines Fans, der die Songs in einer guten Qua­li­tät erste­hen woll­te, gab Mr. Bond zur Ant­wort, er ver­kau­fe sie nicht, aber „Some peo­p­le con­tri­bu­te she­kels, but I main­ly do it for the meme war.“ Die „She­kels“ dürf­ten in Form von Kryp­to­wäh­run­gen geflos­sen sein.

In einem Beschluss des Lan­des­ge­richts für Straf­sa­chen Wien ist die Rede von „der offen­sicht­li­chen Bestrei­tung sei­nes Lebens­un­ter­hal­tes” mit dem „Ver­kauf sei­ner Musik”. Allein über eines von Phil­ip H.s Bit­co­in-Wal­lets lie­fen zehn­tau­sen­de Euro an ver­meint­li­chen [gemeint ist hier wohl „angeb­li­chen“; Anmk. SdR] Spen­den. (tagesschau.de, 2.2.22)

Flei­ßig gesam­melt wird auch seit H.s Ver­haf­tung, obwohl sehr lan­ge Unklar­heit bestand, für wen da gespen­det wer­den soll­te. Koh­le soll auch über „Mr. Bond”-Merchandise-Artikel rein­kom­men, deren Prei­se sich offen­sicht­lich danach aus­rich­ten, mög­lichst vie­le Beträ­ge mit „88“, also dem Code für „Heil Hit­ler“, zu generieren.

Mr. Bond-Merch mit "88"

Mr. Bond-Merch mit „88”

Es ist inzwi­schen bei Ermitt­lun­gen Standard,

nicht nur Tele­fon, E‑Mail-Accounts und die sozia­len Medi­en [zu durch­fors­ten], son­dern auch Finanz­strö­me, die zu einer Per­son füh­ren. Doch bei der zustän­di­gen Staats­an­walt­schaft Wien lässt man bezüg­lich des Rechts­extre­mis­ten Phil­ip H. wis­sen: „Die Finanz­strö­me wur­den nicht unter­sucht und es lie­gen kei­ne Infor­ma­tio­nen über all­fäl­li­ge Spen­der vor.” tagesschau.de, 2.2.22)

Hier scheint sich also nur mehr die Fra­ge zu stel­len, ob es am Des­in­ter­es­se oder an Unfä­hig­keit der ermit­teln­den Behör­den liegt, wenn nicht ein­mal der Ver­such gemacht wird, „Mr. Bonds” Supporter*innen auf die Spur zu kommen.

➡️ Mr. Bond (Teil 2): die Anklage
➡️ Nazi-Bond ist abgestürzt