Völkermarkt/K: Wieder-Wiederbetätiger vor dem OGH
Braunau-Ried/OÖ: Verurteilung wegen eines Vollrausches
St. Pölten/Ö/D: Gründung einer nationalsozialistischen „Bürgerarmee“
Wien/NÖ: Wanted: „Miliz der Anständigen“
Völkermarkt/K: Wieder-Wiederbetätiger vor dem OGH
Er hatte bereits die dritte Verurteilung wegen Wiederbetätigung kassiert, mit Beweisen, die als ziemlich eindeutig zu bezeichnen sind: eine „Wohnung voller NS–Devotionalien – vom SS-Bierdeckel über NS-Krimskrams in Tupperdosen bis zur Hitler-Bibliothek, auch sein Körper war voller Huldigungen an das Dritte Reich – mit der in diesen Kreisen typischen ‚Schwarze Sonne‘ sowie Symbolen für ‚Lebensborn‘“ (Kronen Zeitung, 20.1.22, S. 33) Was den 41-jährigen Völkermarkter nun dazu getrieben hat, den Obersten Gerichtshof anzurufen, scheint daher etwas rätselhaft. Der bestätigte jedenfalls weitere drei Jahre Haft.
Braunau-Ried/OÖ: Verurteilung wegen eines Vollrausches
Ein seit 20 Jahren in Österreich lebender 29-jähriger Tschetschene scheint das Konzept der Integration in Braunau sehr einschlägig ausgelebt zu haben. Als die Polizei im August 2021 wegen Lärmbelästigung in ein Lokal nahe dem Hitler-Geburtshaus kam, wurde sie vom Angeklagten stilecht mit Hitlergruß und „Heil Hitler“, „Sieg Heil“, „mein Adolf“ empfangen. Es sei im Vollrausch gewesen, gab der mehrfach Vorbestrafte an, er könne sich daher daran nicht erinnern. Obwohl der amtshandelnde Polizist vergessen hatte, einen Alkoholtest zu machen, kamen die Geschworenen einstimmig überein, den Mann nicht wegen Wiederbetätigung zu verurteilen, sondern
wegen der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung. Er wird also nicht wegen der Straftat an sich verurteilt, sondern deswegen, weil er sich schuldhaft in einen Rauschzustand versetzt hat. Eine volle Berauschung liegt laut Strafgesetzbuch dann vor, wenn das Bewusstsein des Täters von der Außenwelt hochgradig getrübt ist. Das Gericht verurteilt den Angeklagten zu zehn Monaten unbedingter Haft. Weder die Staatsanwältin noch der Angeklagte geben eine Erklärung ab, das Urteil ist daher nicht rechtskräftig. (nachrichten.at 22.1.22)
Am selben Tag kassierte der 29-Jährige in einem weiteren Verfahren wegen Körperverletzung, gefährlicher Drohung und Sachbeschädigung sechs Monate unbedingt (nicht rechtskräftig).
St. Pölten/Ö/D: Gründung einer nationalsozialistischen „Bürgerarmee“
Es ist bemerkenswert, wie beiläufig und spät die Öffentlichkeit davon erfährt, dass offenbar eine österreichisch-deutsche Gruppe in einem Chat geplant hatte, zur Selbstjustiz zu schreiten. Wir müssen „eine eigene Bürgerwehr gründen die langsam aber stetig zu einer unabhängigen Armee wird. Die nur dem nationalsozialistischen Gesetzen folgen“ (meinbezirk.at, 23.1.22; Fehler im Original), zitiert die Polizei aus einer Sprachnachricht.
Auf der Spur eines 20-jährigen St. Pölteners, der in diversen Chatgruppen braune Dateien ausgetauscht und dann eine eigene Gruppe gegründet hatte, sei die Polizei vor einem Jahr gekommen.
Bei einer Hausdurchsuchung im September 2021 wurden NS-Devotionalien, etwa eine Fahne mit SS-Runen über dem Bett des Mannes, sichergestellt worden. Es sei auch der Versuch unternommen worden, illegal Schusswaffen zu besorgen.
Der 20-jährige Beschuldigte wurde im Herbst 2021 von Beamten des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung NÖ festgenommen, über Auftrag der Staatsanwaltschaft Wels in die Justizanstalt Wels eingeliefert und letztlich in die Justizanstalt St. Pölten überstellt. Der 20-Jährige wurde am 22. Dezember 2021 am Landesgericht St. Pölten wegen Verbrechens nach dem Verbotsgesetz von einem Schwurgericht zu 2 Jahren Haft (16 Monate davon bedingt) verurteilt. (meinbezirk.at)
Weitere Beschuldigte aus Österreich und Deutschland seien ausgeforscht worden
Wien/NÖ: Wanted: „Miliz der Anständigen“
Es ist ein Mysterium: Als im Dezember 2020 der damalige Innenminister Karl Nehammer über die riesigen Waffenfunde bei Peter Binder und in dessen Umfeld informierte, war davon die Rede, Binder hätte ausgesagt, ein Teil der Waffen sei für deutsche Neonazis bestimmt gewesen, die damit eine paramilitärische Miliz aufbauen hätten wollen. Anfang Juli 2021 nach weiteren Razzien und Waffenfunden wird Binder zitiert, wonach er vorgehabt habe, eine „Miliz der Anständigen” gründen zu wollen, um „das System zu kippen”.
Groß war daher das Erstaunen, dass in der nunmehr fertigen Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Wien nur mehr von Verstößen gegen das Suchtmittel und Waffengesetz di Rede ist. Wie später zu erfahren war, wurden die Übertretungen nach dem Verbotsgesetz an die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt ausgelagert, die Miliz war verschwunden.
Offenbar schafften es die Ermittler aber nicht, Verbindungen zwischen Binder und anderen Rechtsextremen oder militanten Gruppierungen herzustellen. Dieser Aspekt fehlt in der Anklage komplett. Binders Rechtsanwalt Rudolf Mayer sieht sich daher in seiner Verteidigungslinie bestätigt: Sein Mandant sei ein „Waffennarr”; zum Suchtgift sei er nur durch „angesetzte Vertrauenspersonen der Polizei” gekommen, die sich selbst Vorteile verschaffen wollten. (derstandard.at, 10.1.22)
„Wir haben kein Verfahren eröffnet“, sagte die Sprecherin der Wiener Staatsanwaltschaft, Nina Bussek. (…) Es habe letztlich keine Anhaltspunkte für die Existenz einer „Miliz der Anständigen“ gegeben.
Nach der Aushebung der Waffenlager gab es laut Innenministerium Ermittlungen bezüglich zusammenhängender Strukturen und des möglichen Austauschs der Verdächtigen. „In weiterer Folge wurden die Ermittlungen zu Straftaten allerdings aufgrund der Beweislage gegen einzelne Personen und nicht gegen Gruppierungen geführt“, hieß es aus dem Ministerium. (orf.at, 21.1.22)
Ist die „Miliz der Anständigen“ also eine reine Erfindung, gab es keine Pläne für deren Aufbau? Waren die Tonnen an aufgefundenen Waffen nur für den Hausgebrauch? Es darf daran gezweifelt werden.
Schon in der vorletzten Woche sorgte die Mitteilung über die Einstellung der Ermittlungen gegen einige Corona-Leugner*innen für Erstaunen, obwohl nach Razzien im Mai 2021 Karl Nehammer von einer terrorähnlichen Gruppierung gesprochen hatte.