Wochenschau KW 39/21

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Es ist wohl als klas­si­sche Pro­jek­ti­on zu bezeich­nen, wenn ein arbeits­lo­ser Aus­län­der kri­ti­siert, dass Aus­län­der nach Öster­reich kom­men, arbeits­los sei­en und Gel­der kas­sie­ren. Sei­ne „Kri­tik“ äußer­te er mit einer Haken­kreuz-Ket­te und dem Besitz von NS-Devo­tio­na­li­en. Am Sams­tag war wie­der ein­mal Auf­marsch­tag für Rechts­extre­me und Verschwörungsanhänger*innen: In Wien, wo auch gleich Tei­le eines Cafés ver­wüs­tet wur­den und die Poli­zei wegen eines gewalt­tä­gi­gen Über­griffs auf einen Gegen­de­mons­tran­ten in den eige­nen Rei­hen ermit­teln muss und in Eisen­stadt, wo Küs­sels „Coro­na-Quer­front“ einen Auf­tritt hinlegte.

Innsbruck/Oberland & Unter­land: Nazi-Kram und Hitlergruß
Bez. Bludenz/Feldkirch: Brau­nes Selfie
Wien/Eisenstadt: Auf­mär­sche mit rechts­extre­mer Handschrift

Innsbruck/Oberland & Unter­land: Nazi-Kram und Hitlergruß

Defi­nie­re Wider­spruch: Ein in Tirol leben­der arbeits­lo­ser Deut­scher, der Aus­län­der nicht mag, die nach Öster­reich kämen, nicht arbei­ten und sich alles bezah­len lie­ßen – des­halb trug er eine Haken­kreuz-Ket­te. Selbst­ver­ständ­lich ohne ein Nazi zu sein! Das ver­an­lass­te die Rich­te­rin fol­ge­rich­tig zu fra­gen, ob er sich dann sel­ber auch nicht möge“ (Kro­nen Zei­tung, 1.10.21 S. 32).

Bei dem 26-jäh­ri­gem Ange­klag­ten wur­den im Zuge einer Haus­durch­su­chung auch NS-Devo­tio­na­li­en sicher­ge­stellt. Er „muss dem­nächst einem ehe­ma­li­gen Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger einen Besuch abstat­ten. Außer­dem wur­de über ihn – nicht rechts­kräf­tig – eine 18-mona­ti­ge beding­te Frei­heits­stra­fe sowie eine unbe­ding­te Geld­stra­fe in der Höhe von 2250 Euro ver­hängt.“ (Kro­nen Zeitung)

„Baff“ über sich selbst war nach eige­ner Anga­be vor Gericht ein 44-jäh­ri­ger Unter­län­der, der in einem Ein­kaufs­zen­trum Heil Hit­ler-Rufe samt Hit­ler­gruß dar­ge­bo­ten hat­te. „Nach der Ein­ver­nah­me von fünf Zeu­gen, die alle das­sel­be schil­der­ten, war er ‚total geschockt’. Zum Tat­zeit­punkt war er stark alko­ho­li­siert gewe­sen. Nicht rechts­kräf­ti­ges Urteil: Vier Mona­te bedingt, 1200 Euro Geld­stra­fe unbe­dingt.“ (Kro­nen Zei­tung, 1.10.21 S. 32)

Bez. Bludenz/Feldkirch: Brau­nes Selfie

Einen beson­de­res Inven­tar zier­te die Woh­nung des Ange­klag­te aus dem Bezirk Blu­denz: 

Fünf Bil­der mit Bezug zum Natio­nal­so­zia­lis­mus hat­te der 31-Jäh­ri­ge aus dem Bezirk Blu­denz, gut sicht­bar für Besu­cher, ein­ge­rahmt auf­ge­stellt oder an die Wand gehängt. Zu sehen waren auf den Bil­dern eine NS-Ver­samm­lung, ein Sel­fie des Ange­klag­ten mit einer NS-Ket­te, ein Eiser­nes Kreuz mit einem Haken­kreuz, eine Land­kar­te des Drit­ten Reichs mit den Kon­zen­tra­ti­ons­la­gern sowie Adolf Hit­ler beim Hit­ler­gruß. (Neue Vor­arl­ber­ger Tages­zei­tung, 2.10.21, S. 21)

Zudem gab’s auch noch ein­schlä­gi­ge Pos­tings in einer braun getön­ten Face­book-Grup­pe samt Sel­fie mit Hit­ler­gruß als Pro­fil­bild und die Begrü­ßung eines Kol­le­gen im Chat mit „88“.

Das nicht rechts­kräf­ti­ge Urteil für den mit bereits fünf Vor­stra­fen aus­ge­stat­te­ten Vor­arl­ber­ger: acht Mona­te bedingt und eine unbe­ding­te Geld­stra­fe über 4.800 Euro (240 Tages­sät­ze à 20 Euro).

Wien/Eisenstadt: Auf­mär­sche mit rechts­extre­mer Handschrift

Am Sams­tag ver­sam­mel­ten sich wie­der ein­mal Corona-Maßnahmengegner*innen samt rechts­extre­mer Betei­li­gung (Iden­ti­tä­re, Hoo­li­gans …) in Wien – dies­mal waren es etwa 1.000–, um ein­mal mehr ihre wüs­ten Ver­schwö­rungs­my­then vom Podi­um run­ter­zu­brül­len. Zum wie­der­hol­ten Mal ist auch die Beam­te im Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um Moni­ka Don­ner auf­ge­tre­ten. Gegen sie läuft bereits ein Ent­las­sungs­ver­fah­ren. 

Man beob­ach­te die Auf­trit­te der Beam­tin schon seit län­ge­rem und habe alle Maß­nah­men, „sowohl straf- als auch dienst­recht­lich“, bereits aus­ge­schöpft. „Das Pro­blem ist, die Ver­fah­ren sind noch nicht abge­schlos­sen.“ Das Beam­ten­dienst­recht gebe den Beam­ten beson­de­ren Schutz, erläu­ter­te der Minis­te­ri­ums­spre­cher. (wien.orf.at, 3.10.21)

Eine Gegen­de­mo mit etwa 100 Antifaschist*innen wur­de sei­tens der Poli­zei teil­wei­se gewalt­tä­tig auf­ge­löst. Ein Video belegt Über­grif­fe eines Poli­zis­ten, sodass sich selbst die Wie­ner Poli­zei­di­rek­ti­on genö­tigt sah, sich davon zu distan­zie­ren. Zum Vor­fall im #Res­sel­parkDas Ver­hal­ten des Kol­le­gen ist für uns nicht nach­voll­zieh­bar und wird von uns nicht tole­riert. Daher wur­den die Ermitt­lun­gen aufgenommen.“

Rechts­extre­me Hoo­li­gans ver­wüs­te­ten dann auch den Gast­gar­ten des Café Votiv. Wäh­rend ein Poli­zei­spre­cher von links- und rechts­ra­di­ka­len Grup­pen spricht, die dort auf­ein­an­der los­ge­gan­gen sei­en, berich­tet ein Augen­zeu­ge dif­fe­ren­zier­ter: 

Rechts­extre­me Impf­geg­ner sol­len im Scha­ni­gar­ten des Kaf­fee­hau­ses Tische und Stüh­le umge­wor­fen und Aschen­be­cher zer­trüm­mert haben, sag­te indes ein Mit­ar­bei­ter des betrof­fe­nen Cafes gegen­über Radio Wien. Gäs­te sei­en in das Lokal geflüch­tet. Nach weni­gen Minu­ten habe die Poli­zei ein­ge­grif­fen. Gestar­tet haben sol­len den Angriff dem­nach radi­ka­le Grup­pen aus der Haupt­de­mons­tra­ti­on gegen die CoV-Maß­nah­men. Ver­letzt wur­de nie­mand. (wien.orf.at, 3.10.21)

In Eisen­stadt ist am Sams­tag mit etwa 40 Teil­neh­men­den wie­der die „Coro­na-Quer­front“ auf­ge­tre­ten – samt ihrem Füh­rer Gott­fried Küssel.