Das Lob des KPÖ-Politikers Werner Murgg für das Lukaschenko-Regime in Belarus hätte vermutlich niemanden interessiert, wenn nicht Elke Kahr und mit ihr die KPÖ als stimmenstärkste Partei aus der Grazer Gemeinderatswahl hervorgegangen wäre. Kahr hat sich sofort und deutlich von der Stellungnahme ihres Parteifreundes Murgg und vom Regime in Belarus distanziert, während Murggs Distanzierung ziemlich unglaubwürdig ausfiel.
Dem „Standard“-Redakteur Thomas Mayer will aufgefallen sein, dass Murggs „Ausritt“ „kaum zu Reaktionen“ führte. Hingegen: „Würde ein FPÖ-Politiker das machen und der Vorfall bekannt werden, wäre in Österreich die Empörung bei Menschenrechtsorganisationen und verfassungstreuen Parteien groß. Zu Recht.“ (derstandard.at, 1.10.21)
Da müssen wir einiges zurechtrücken. Wohl gaben sich die FPÖ und ihr steirischer Klubobmann über die Aussagen von Murgg furchtbar entsetzt, verschwiegen aber bei dieser Gelegenheit, dass die FPÖ als einzige Partei im österreichischen Nationalrat die Solidarität mit der Zivilgesellschaft in Belarus in ihrem Widerstand gegen die Diktatur verweigert hat. Der FPÖ-Mann Harald Vilimsky konnte sich auch im zuständigen Ausschuss des Europäischen Parlaments nicht dazu durchringen, eine breit unterstützte Resolution gegen das Lukaschenko-Regime zu unterstützen. Die FPÖ nahm auch – im Gegensatz zu allen anderen im Parlament vertretenen Parteien – nicht an einem Treffen mit der Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja Ende April 21 in Wien teil, das von der Grünen Abgeordneten Ewa Ernst-Dziedzic initiiert worden war.
Diese Position der FPÖ und ihrer Ableger und medialen Zuträger (sowie der meisten anderen rechtsextremen und rechtspopulistischen Parteien in Europa) zu Belarus ist kein Ausrutscher, auch kein Zufall. Sie folgt nicht nur der generell prorussischen Positionierung, sondern auch der zur Corona-Pandemie. Im FPÖ-nahen „Wochenblick“ (21.3.21) liest sich das so:
Auch Präsident Alexander Lukaschenko stellte sich von Anfang an gegen die globalen Drahtzieher und auf die Seite seiner weißrussischen Bürger. Anstatt sein Land mit einem zur apokalyptischen Seuche zuerst aufgeblasenen und später dorthin gezüchteten Atemwegsinfekt in Angst und Panik zu versetzen, hat er bei vielen Gelegenheiten, wie Regierungssitzungen und Interviews, z.B. bei einem Eishockeyspiel, seiner Überzeugung Ausdruck verliehen, dass von Covid19 keine erhöhte Gefahr ausgehen würde. Das ging natürlich gar nicht, dass ein europäisches Land aus dem Covid-Gleichschritt ausschert und sein Präsident pragmatisch und ohne Hysterie bei jeder Gelegenheit betont, dass normale Hygiene wie Hände waschen, Stärkung des Immunsystems, z.B. durch das in Weißrussland traditionelle ‚Banja‘ (= Dampfbad), und „täglich 40–50 Gramm im Reinalkohol-Equivalent“ jeden Virus besiegen kann.
Noch eindeutiger allerdings ist der Beitrag der Redakteurin Kornelia Kirchweger (Wochenblick, 10.5.21) zu dem angeblich von der Opposition geplanten Militärputsch (sic!), der „unter Federführung von US-Spezialkräften und US-Führern“ zur Bildung einer „gefälligen Marionettenregierung“ führen sollte.
Auch im Magazin „Info-Direkt“ finden sich Beiträge, die deutlich die Position des Lukaschenko ‑Regimes einnehmen. So durfte schon 2019 der Lukaschenko-Günstling Alaksiej Dziermant in der Nr. 24 gleich über vier Seiten die reaktionäre Regime-Ideologie, die sich mit rechtsextremen Positionen wunderbar deckt, ausbreiten:
Die Abneigung linksliberaler Leitmedien gegenüber dem Land spiegelt sich dann oft im Etikett „letzte Diktatur Europas” wider. Meist werden Themen wie Menschenrechte, Todesstrafe, Gay-Pride-Paraden (die nicht stattfinden) oder Demokratiedefizite behandelt. Dem Land werden seine konservativen Werte, die die Ehe nur zwischen Mann und Frau erlauben, und linke Politik, die den Abverkauf von Staatseigentum an globale Konzerne einschränkt, gleichzeitig vorgeworfen.
Die Ablehnung der Menschenrechte und von Gay-Pride-Paraden sowie die Befürwortung der Todesstrafe (Belarus ist das einzige Land Europas, das die Todesstrafe vollzieht) – da können sich Rechtsextreme (sowie Stalinisten) und Lukaschenko-Propagandisten jederzeit wiederfinden. Schon vor mehr als zehn Jahren bastelten österreichische Abgeordnete von FPÖ und BZÖ an einer gemeinsamen Fraktion von rechtsextremen Parteien mit solchen aus Belarus, die sich aber keiner langen Dauer erfreuen konnte.
2010 war auch das Jahr, in dem der frühere FPÖ- und BZÖ-Politiker und Ex-Vizekanzler Hubert Gorbach die Präsidentenwahl in Belarus auf Einladung des belarussischen Außenministers „beobachtete“ und im Gegensatz zu den OSZE-Observern keinerlei Irregularitäten gesehen haben wollte .
Die FPÖ und ihr Umfeld sind also sehr eindeutig zu Belarus positioniert. Ähnliches gilt übrigens auch für die „Österreichisch-Weißrussische Gesellschaft“. Deren Vorsitzender Peter Bachmaier hat ebenfalls keine Berührungsängste mit Rechtsextremen. In der Zeitschrift „Neue Ordnung“ des Ares-Verlags in Graz durfte er 2007 über den „unabhängigen Weg zwischen Moskau und Brüssel“ und über den angeblich damals schon drohenden Regimewechsel in Belarus fabulieren.
2015 erfolgte dann ein Auftritt Bachmaiers als Referent bei einer Konferenz der Anti-Zensur-Koalition des rechten Sektenpredigers Ivo Sasek. Auch ein Referat bei der rechtsextremen Initiative „Heimat & Umwelt“ im Jahr 2014 ist belegt und gibt schon durch den Titel „Der Staatsstreich in Kiew: Die Ukraine zwischen Rußland und dem Westen“ einen deutlichen Hinweis auf die politische Einstellung des Gastreferenten Bachmaier.
So fügt sich das eine zum anderen. Extreme Rechte haben großes Wohlgefallen am Lukaschenko-Regime – die FPÖ ist da keine Ausnahme.