Rechtsextreme Propaganda in den Bergen

Der „Kel­tenkalk“, ein nun­mehr in der 4. Auflage erschienen­er Sportk­let­ter­führer, war bis­lang nur in der Klet­ter­szene ein Begriff, dort aber ken­nen ihn viele – zumin­d­est jene, die auf Niederöster­re­ichs Bergen unter­wegs sind. Bere­its vor zehn Jahren hat­ten der „Fal­ter“ und „Die Prese“ berichtet, dass der Kel­tenkalk-Autor Thomas Behm eine Vor­liebe für recht­sex­treme und ras­sis­tis­che Begrif­flichkeit­en hegt, wenn er Klet­ter­routen benen­nt. Nun ist die Diskus­sion darüber wieder entfacht.

Thomas Behm ist nicht nur Buchau­tor, son­dern auch fleißiger Erst­besteiger von Klet­ter­routen und hat­te damit einem ungeschriebe­nen Gesetz zufolge auch das Recht, diese Routen zu benen­nen. Und da hat er sich – recht extrem – ausgetobt:

Einige Namen der Klet­ter­routen im Wiener Umland traut man sich kaum niederzuschreiben. „Fut­lochwand” etwa. Diese und andere Namen von Klet­ter­steigen sind seit Jahren immer wieder ein The­ma. „Klet­ter­steige mit Nazi-Namen in Öster­re­ich”, titelte die „Presse” bere­its vor mehr als zehn Jahren. Damals wur­den Steige „Walküren­ritt”, „Riefen­stahl”, „Besatzer­fraß”, „Kristall­t­ag”, „Swastikaar”, „Heil der Eiche” oder „Ewiges Reich” genannt.

Heute sind „Tiwaz”, „Son­nen­rad”, „Gre­ta Dumm­berg”, „Wirtschafts­flüchtling”, „Negerbrot” oder „Asyl­box” zu find­en. Mit der­ar­ti­gen Beze­ich­nun­gen wollen sich einige Berg­steiger und Berg­steigerin­nen jedoch nicht abfind­en. Als Protest gegen die Namen wurde nun bei dem Steig „Fes­tung Europa” an der Hohen Wand eine Gedenk­tafel ange­bracht, die an die Opfer der europäis­chen Flüchtlingspoli­tik erin­nert. Der Begriff „Fes­tung Europa” wurde während des Zweit­en Weltkriegs haupt­säch­lich von der Pro­pa­gan­da der Nazis geprägt.

Einige Routen­na­men beziehen sich auf Songs rechter Musik­grup­pen, andere lassen eine Nähe zu rechtem Gedankengut ver­muten. „Besatzer­fraß” heißt ein Song der deutschen Band Gigi und die braunen Stadt­musikan­ten, in dem unter anderem von „McZion” die Rede ist. Die Tiwaz-Rune war das Kennze­ichen ein­er SS-Frei­willi­gen­di­vi­sion und wurde bei der Hitler­ju­gend und der SA ver­wen­det. (derstandard.at, 3.9.21)

Im Som­mer haben sich Naturfre­unde und der Alpen­vere­in von Behm dis­tanziert und seine Klet­ter­führer aus dem Sor­ti­ment genommen.

Behm sieht sich als Opfer ein­er Het­zkam­pagne, wie er im recht­sex­tremen „Freilich-Mag­a­zin“ auf mehreren Seit­en ganz im Ein­klang mit rechtem Sto­ry Telling aus­führt und dabei auch gle­ich den Tod des „hero­is­chen Alpin­is­mus“ zugun­sten eines „hyper­lib­eralen“ Geistes beklagt. „Wer als erster eine Route klet­tert, darf sie benen­nen. Egal, ob es andere stört“, schreibt Behm dort unverblümt im Teas­er. Die Kri­tik an ihm sei „ein Skan­dal um Ironie und Mei­n­ungs­frei­heit“. „Poli­tisch motivierte Sachbeschädi­gun­gen wie S‑Bahn-Graf­fi­tis an Fel­swän­den mit­ten im Wald zeu­gen vom städtis­chen Antifa-Geist“, meint Behm und bedi­ent damit das alte, auch im Nation­al­sozial­is­mus bedi­ente Nar­ra­tiv von der bösen, ver­dor­be­nen Stadt und der guten, unberührten ländlichen Idylle, auf deren Seite er sich natür­lich sieht.

Daniel Kufn­er, selb­st Klet­ter­er, veröf­fentlichte nun im „Augustin” einen Artikel über Behms Treiben aus Insid­er­per­spek­tive: „Der Klet­ter-Führer”

Viele Klet­ter­routen im Osten Öster­re­ichs tra­gen noch immer recht­sex­treme Namen, obwohl diese seit Jahren kein Geheim­nis der Berge mehr sind. Sehr spät, aber doch regt sich jet­zt Wider­stand. Wider­stand vor allem gegen eine bes­timmte Per­son. Weit­er mit „Der Kletter-Führer“

Siehe auch:

➡️ Stan­dard: „Wirtschafts­flüchtling” und „Gre­ta Dumm­berg”: Namensge­bung von Klet­ter­touren sorgt für Protest 
➡️ taz: „Zyk­lon B“ zum Klettern
➡️ Kuri­er: Namen von Klet­ter­routen in Wiener Haus­ber­gen sor­gen für Kontroversen