Thomas Behm ist nicht nur Buchautor, sondern auch fleißiger Erstbesteiger von Kletterrouten und hatte damit einem ungeschriebenen Gesetz zufolge auch das Recht, diese Routen zu benennen. Und da hat er sich – recht extrem – ausgetobt:
Einige Namen der Kletterrouten im Wiener Umland traut man sich kaum niederzuschreiben. „Futlochwand” etwa. Diese und andere Namen von Klettersteigen sind seit Jahren immer wieder ein Thema. „Klettersteige mit Nazi-Namen in Österreich”, titelte die „Presse” bereits vor mehr als zehn Jahren. Damals wurden Steige „Walkürenritt”, „Riefenstahl”, „Besatzerfraß”, „Kristalltag”, „Swastikaar”, „Heil der Eiche” oder „Ewiges Reich” genannt.
Heute sind „Tiwaz”, „Sonnenrad”, „Greta Dummberg”, „Wirtschaftsflüchtling”, „Negerbrot” oder „Asylbox” zu finden. Mit derartigen Bezeichnungen wollen sich einige Bergsteiger und Bergsteigerinnen jedoch nicht abfinden. Als Protest gegen die Namen wurde nun bei dem Steig „Festung Europa” an der Hohen Wand eine Gedenktafel angebracht, die an die Opfer der europäischen Flüchtlingspolitik erinnert. Der Begriff „Festung Europa” wurde während des Zweiten Weltkriegs hauptsächlich von der Propaganda der Nazis geprägt.
Einige Routennamen beziehen sich auf Songs rechter Musikgruppen, andere lassen eine Nähe zu rechtem Gedankengut vermuten. „Besatzerfraß” heißt ein Song der deutschen Band Gigi und die braunen Stadtmusikanten, in dem unter anderem von „McZion” die Rede ist. Die Tiwaz-Rune war das Kennzeichen einer SS-Freiwilligendivision und wurde bei der Hitlerjugend und der SA verwendet. (derstandard.at, 3.9.21)
Im Sommer haben sich Naturfreunde und der Alpenverein von Behm distanziert und seine Kletterführer aus dem Sortiment genommen.
Behm sieht sich als Opfer einer Hetzkampagne, wie er im rechtsextremen „Freilich-Magazin“ auf mehreren Seiten ganz im Einklang mit rechtem Story Telling ausführt und dabei auch gleich den Tod des „heroischen Alpinismus“ zugunsten eines „hyperliberalen“ Geistes beklagt. „Wer als erster eine Route klettert, darf sie benennen. Egal, ob es andere stört“, schreibt Behm dort unverblümt im Teaser. Die Kritik an ihm sei „ein Skandal um Ironie und Meinungsfreiheit“. „Politisch motivierte Sachbeschädigungen wie S‑Bahn-Graffitis an Felswänden mitten im Wald zeugen vom städtischen Antifa-Geist“, meint Behm und bedient damit das alte, auch im Nationalsozialismus bediente Narrativ von der bösen, verdorbenen Stadt und der guten, unberührten ländlichen Idylle, auf deren Seite er sich natürlich sieht.
Daniel Kufner, selbst Kletterer, veröffentlichte nun im „Augustin” einen Artikel über Behms Treiben aus Insiderperspektive: „Der Kletter-Führer”
Viele Kletterrouten im Osten Österreichs tragen noch immer rechtsextreme Namen, obwohl diese seit Jahren kein Geheimnis der Berge mehr sind. Sehr spät, aber doch regt sich jetzt Widerstand. Widerstand vor allem gegen eine bestimmte Person. Weiter mit „Der Kletter-Führer“
Siehe auch:
➡️ Standard: „Wirtschaftsflüchtling” und „Greta Dummberg”: Namensgebung von Klettertouren sorgt für Protest
➡️ taz: „Zyklon B“ zum Klettern
➡️ Kurier: Namen von Kletterrouten in Wiener Hausbergen sorgen für Kontroversen