Insgesamt, um gleich mit einem Resümee zu beginnen, war die Veranstaltung selbst ein Flop – und das auf mehreren Ebenen: Aus dem ursprünglichen Plan, die Kundgebung direkt bei der KZ-Gedenkstätte abzuhalten, wurde wegen einer Untersagung nichts. Also mussten die Veranstalter rund um den Busunternehmer Alexander Ehrlich auf einen Parkplatz ausweichen. So war die gesamte Kundgebung von heftigem Autolärm der direkt daneben liegenden, stark befahrenen B3 durchaus würdig umrahmt.
Es war viel Polizei anwesend und wenig Publikum – vielleicht um die 15 Personen und einige Kiebitze, die abseitsstanden. Auch auf YouTube war vom angekündigten Massenevent nichts zu bemerken: Die Zahl der Zuseher*innen pegelte sich im Laufe der Stunden bei etwa 80–100 ein. Dort, im Chat, bejammerten Doris, Mano und Peter denn auch das maue Interesse, wofür sie gleich einen Grund angaben: „Ohne Rutter ist halt alles anders“ – „a waunsinn beim Ehrlich san jo mehr Sprecher ols Teilnehmer..des kummt wohl davon wenn man über M. Rutter herziagt..“ – „Mit Martin Rutter waren zigtausend Leute auf der Straße, das waren kräftige Lebenszeichen gegen Kurz & Co.“
Das Programm der als Gedenkveranstaltung geframten Kundgebung hätte sich eigentlich bis zum Abend hinziehen sollen. Jede Menge Redner*innen waren vorgesehen – ein Mischmasch aus mehr oder weniger bekannten Corona-Schwurbler*innen und weiteren, teilweise aus Deutschland angereisten Akteur*innen. Der Stargast, Ralph T. Niemeyer, der ins verschwörungsideologische mit reichsbürgerlichen Versatzstücken gespeiste Milieu abgewanderte Ex-Ehemann von Sahra Wagenknecht, landete erst, nachdem das vorzeitige Ende verkündet werden musste.
Drei Stunden zuvor begann es aber mit Ehrlich auf der Bühne und zog sich kaugummiartig hin: immer wieder Unterbrechungen, weil die Technik nicht funktionierte oder Ehrlich mit der Technik nicht zurande kam, oder weil nicht klar war, wer mit der nächsten Rede dran war.
Apropos Technik: Für den Sound, der eigentlich ein famoser sein hätte sollen, aber eher durchs Gegenteil auffiel, zeichnete nach Angaben der Veranstalter Frank Schreibmüller verantwortlich. Der rauschte als „Frank der Reisende“ Mitte April durch die Medien, als Recherchen zeigten, dass der in der reichbürgerlichen bis hin neonazistischen Szene verankerte Schreibmüller etwa 4.000 Telegram-Kanäle, darunter auch österreichische, orchestriert, untereinander vernetzt und zumindest teilweise auch kontrolliert. Schreibmüller lebt derzeit mutmaßlich in Österreich, wo ihn das ARD-Magazin Kontraste und t‑online aufgespürt und interviewt haben – beim TV-Termin dabei: Alexander Ehrlich. Der ist inzwischen auch ins Lautsprecher-Business eingestiegen oder versucht es zumindest. Auch hier sammelt er Spenden (wie bereits bei „Honk for Hope“ als „Schenkungen“ tituliert).
Zurück nach Mauthausen, wo das Wunderlautsprecherwerk erstmals zum Einsatz kam und gleich in eine göttliche Fügung führte: Als Ehrlich nach der Ankündigung, ein 40-sekündiges „Puzzlestück“ einspielen zu wollen, das für ihn den „Schlüssel der nationalsozialistischen Aufhetzung“ darstelle, auf einer Fernbedienung herumdilettierte und Ratschläge aus dem Livestream-Off von Manuel Müller, der wiederum im YouTube-Chat vom reisenden Frank Instruktionen erhielt, länger nicht zum angepeilten Ziel führten, ertönte überraschend die Stimme des GröFaz aus dem Schreibmüller’schen Soundsystem. Nach 20 Sekunden brach Ehrlich die Einspielung eines Teils jener Rede, die Hitler am 10. November 1933 vor Siemensarbeitern in Berlin gehalten hatte, wieder ab.
Jemand aus Ehrlichs Team kommentierte: „Das war nicht, was es spielen sollte, oder?“, worauf Ehrlich fürs Publikum fortsetzte: „Gut, ich betrachte das als Zeichen göttlicher Fügung. Es war ohnehin ein riskantes Vorhaben …“ Mit letzterer Einschätzung hatte Ehrlich ausnahmsweise recht! Aber was wollte Ehrlich da vorführen? Hitler in einer „Gedenk“veranstaltung in Mauthausen – war es als extreme Provokation gedacht oder einfach nur auf jede Menge Tölpelhaftigkeit und Ignoranz zurückzuführen?
Doch damit nicht genug: Als eine Handvoll Jugendlicher mit palästinensischer Flagge auftauchte, hatte ein Julius aus Wien, der sich als „als Sprecher des linken Flügels der österreichischen Sozialdemokratie“ hochstilisierte, seinen großen Auftritt. Der mündete dann nach einer Schreierei in einen jüdisch-palästinensischen Parkplatzgipfel zwischen dem 15-jährigen jüdischen Ben und Maria aus Palästina sowie darin, dass die bis dorthin am Rednerpult wehende Israelflagge versenkt wurde. Das bezeichnete Ehrlich später als „Wunder von Mauthausen“.
Etwa zwei Stunden, nachdem die Hitler-Rede über den Parkplatz dröhnte und einigen Reden mehr, schritten Polizei und Landesamt für Verfassungsschutz ein. Die Versammlung wurde aufgelöst und Ehrlich zu einer Einvernahme gebeten. Die göttliche Fügung hatte zu einer Anzeige wegen des Verdachts auf Wiederbetätigung und zum jähen Ende der Kundgebung geführt.
Derweilen kommentierte „annedore“ im YouTube-Chat: „Jesus lebt im Ich, denkt im heiligen Geist, drückt sich im Herzen aus und manifestiert sich dur Taten der Liebe in Frieden. Durch ein jeden einzelnen von uns, wer denn bedingungslos will, der ist.“ Und darunter „Heidorno“: „haha ihr trotteln“