Heeresgeschichtliches Museum neu? Chancen einer angesagten Reform

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Hee­res­ge­schicht­li­ches Muse­um neu? Chan­cen einer ange­sag­ten Reform
Dis­kus­sio­nen, Lesun­gen, Videopräsentation
Onlineveranstaltung/Literaturhaus Wien, 20./21.5.2021

Das Hee­res­ge­schicht­li­che Muse­um benö­tigt eine grund­le­gen­de Erneue­rung. Das ist der Tenor aller bis­he­ri­gen vom Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um ein­ge­setz­ten Prü­fungs­kom­mis­sio­nen und eines Rech­nungs­hof­be­rich­tes. Das Ver- tei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um kün­dig­te zwar wie­der­holt Refor­men und eine Neu­be­set­zung an, doch kon­kre­te Schrit­te sind bis­lang nicht erkenn­bar. Offen ist auch in wel­che Rich­tung der Reform­pro­zess gehen und in wel­chem Rah­men er statt­fin­den soll. Droht die Reform zu ver­san­den, noch bevor sie begon­nen hat?

Aktu­ell wur­de die­se Woche der Bericht einer His­to­ri­ker­kom­mis­si­on zum Muse­ums­shop ver­öf­fent­licht. Auch er zeigt auf, dass das HGM sei­ner Auf­ga­be als eine Bildungs‑, Kul­tur- und Wis­sen­schafts­in­sti­tu­ti­on nur unzu- rei­chend nach­kommt. Bloß zu 72 % der zum Ver­kauf ange­bo­te­nen Publi­ka­tio­nen hat­te die His­to­ri­ker­kom­mis­si­on „kei­ne Ein­wän­de“. Das bedeu­tet, dass es zu 28 % Beden­ken oder kei­ne Aus­sa­gen gab. Für ein Muse­um, das von einem Minis­te­ri­um gelei­tet wird, ist das ein erschre­ckend hoher Anteil.

Kon­kret doku­men­tiert der Bericht neu­er­lich Män­gel und die viel­fach kri­ti­sier­te ein­sei­ti­ge Posi­tio­nie­rung des Muse­ums: Wer­ke zur Uni­form­kun­de und Waf­fen­tech­nik sind stark ver­tre­ten, Wer­ke zu Kriegs­ver­bre­chen im Zwei­ten Welt­krieg und zum Holo­caust dage­gen unter­re­prä­sen­tiert; das Ver­hält­nis zwi­schen deskrip­ti­ven und kon­tex­tua­li­sie­ren­den sowie zwi­schen tech­ni­schen und Über­blicks­wer­ken ist nicht aus­ge­wo­gen; es lie­gen zu wenig kri­ti­sche Wer­ke vor. Es fehlt offen­bar auch jede Lite­ra­tur aus dem Bereich der inter­na­tio­na­len Frie­dens­for- schung. Dabei han­delt sich nicht nur um ein zufäl­li­ges Ungleich­ge­wicht, son­dern um ein sys­te­ma­ti­sches Miss­ver­hält­nis, das genau­so für die Dau­er­aus­stel­lun­gen des Muse­ums fest­ge­stellt wur­de und das die Muse­ums­lei­tung zu ver­ant­wor­ten hat.

Nicht erwähnt wird im Bericht zum Muse­ums­shop ein wich­ti­ger Aspekt: Erst infol­ge von Kri­tik im Herbst 2019 ent­fern­te die Muse­ums­lei­tung hoch­pro­ble­ma­ti­sche Mate­ria­li­en, dar­un­ter Bücher aus rechts­extre­men Ver­la­gen und unkri­ti­sche Dar­stel­lun­gen von NS-Gene­rä­len. Eine Auf­lis­tung der ent­fern­ten Mate­ria­li­en hät­te die Kri­tik des Berichts wohl noch geschärft.

Es ist Zeit, den Stand der Debat­te, die Reform­vor­schlä­ge und die jüngs­ten Ent­wick­lun­gen einer kri­ti­schen Bewer­tung zu unter­zie­hen und öffent­lich zu debat­tie­ren. Bei einer Tagung am 20./21. Mai set­zen sich His­to­ri­ke­rIn­nen, Kura­to­rIn­nen, Päd­ago­gIn­nen und Museo­lo­gIn­nen mit Zukunfts­fra­gen des Muse­ums aus­ein­an­der: Wozu braucht es ein Hee­res­ge­schicht­li­ches Muse­um? Was kann und muss es leis­ten? War­um soll gera­de das Ver­tei­di- gungs­mi­nis­te­ri­um die his­to­ri­sche Ver­mitt­lung von Krie­gen gestal­ten, tra­gen und finan­zie­ren? Unter wel­chen Bedin­gun­gen und mit wel­chen Leit­li­ni­en kann ein Muse­um mit dem Fokus auf mili­tä­ri­sche und staat­li­che Gewalt heu­te sinn­voll sein?

An drei Dis­kus­si­ons­run­den neh­men u. a. Wolf­gang Muchitsch, Hei­de­ma­rie Uhl, Dirk Rup­now, Nora Stern­feld, Peter Melich­ar, Feli­ci­tas Heimann-Jeli­nek, Andrea Brait, Wer­ner Win­ter­stei­ner, Die­ter Anton Bin­der und Rena­te Höll­wart teil. Zu sehen und zu hören gibt es außer­dem den ers­ten Auf­tritt des Lite­ra­tur­kon­sor­ti­um HGM („Zur Streit­kraft der öster­rei­chi­schen Lite­ra­tur“). Es liest die Schau­spie­le­rin Maria Hofstätter.

Die Ver­an­stal­tung wur­de von der Kul­tur­wis­sen­schaf­te­rin und Schrift­stel­le­rin Ele­na Mess­ner und dem His­to­ri­ker Peter Pir­ker kura­tiert, um den Dis­kus­si­ons­pro­zess zum HGM öffent­lich wei­ter­zu­füh­ren. Im Sep­tem­ber erscheint zur Debat­te um das HGM das Buch „Krie­ge gehö­ren ins Muse­um! Aber wie?“ im Ate­lier Verlag.

Die Ver­an­stal­tung fin­det im Lite­ra­tur­haus Wien statt, wird im Live­stream auf www.literaturhaus.at über­tra­gen und vier Wochen auf die­ser Home­page abruf­bar sein.

Inhalt­li­che Rückfragen:
Dr.in Ele­na Mess­ner, [email protected], +43 650 6422523 Dr. Peter Pir­ker, [email protected], +43 676 3272833

Orga­ni­sa­to­ri­sche Rück­fra­gen Lite­ra­tur­haus Wien:
Bar­ba­ra Zwie­fel­ho­fer, [email protected], +43 1 5262044–41

HGM-Veranstaltung Programm 20./21.5.21

HGM-Ver­an­stal­tung Pro­gramm 20./21.5.21

Ver­an­stal­tung auf Lite­ra­tur­haus Wien