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Wochenschau KW 5/21

Sehr viel schlech­ter ist für einen jun­gen deut­schen Hit­­ler-Fan­­boy eine Beru­fungs­ver­hand­lung aus­ge­gan­gen; aus der ursprüng­lich beding­ten Haft wur­de eine unbe­ding­te. Dafür ist ein Nie­der­ös­ter­rei­cher straf­los davon gekom­men, weil er behaup­tet hat­te, brau­ne Nach­rich­ten bei Deutsch­land­ur­lau­ben und nicht in Öster­reich ver­schickt zu haben. Es gibt auch gute Nach­rich­ten: Im Bur­gen­land schrei­tet der Selbst­ver­nich­tungs­kampf der FPÖ hoff­nungs­froh voran. […]

8. Feb 2021

Göt­zis-Feld­kir­ch/Vbg.: 18 Mona­te für einen feuch­ten Abend
Pielachtal-St.Pölten/NÖ: Frei­spruch, weil im Aus­land gepostet
Bur­gen­land: Hoch­ak­ti­ve blaue Murmeltiere

Göt­zis-Feld­kir­ch/Vbg.: 18 Mona­te für einen feuch­ten Abend

Es war bereits die Beru­fungs­ver­hand­lung, die im Fall des aus Deutsch­land stam­men­den 25-jäh­ri­gen Ange­klag­ten in Feld­kirch statt­fand. Er war im letz­ten Juni für ver­such­ten Wider­stand gegen die Staats­ge­walt, Belei­di­gung, gefähr­li­cher Dro­hung, Kör­per­ver­let­zung und ille­ga­len Waf­fen­be­sit­zes zu einer beding­ten Haft­stra­fe und einer unbe­ding­ten Geld­stra­fe ver­ur­teilt wor­den. Zu der ohne­hin bereits erkleck­li­chen Anzahl an Delik­ten kam noch Wie­der­be­tä­ti­gung hin­zu. 

Der gestän­di­ge Deut­sche hat­te am 8. April 2019 in alko­ho­li­sier­ten Zustand in Göt­zis unter ande­rem mehr­fach den Hit­ler­gruß gezeigt und „Sieg Heil!“ geru­fen. Zudem behaup­te­te er, er sei der neue Hit­ler und ver­tei­di­ge als Deut­scher die Ras­se und kri­ti­sier­te die öster­rei­chi­sche Asyl­po­li­tik, die es unter Hit­ler nicht gege­ben hät­te. (Neue Vor­arl­ber­ger Tages­zei­tung, 2.2.21, S. 21)

Im End­ergeb­nis erhielt der Deut­sche „zehn Mona­te Gefäng­nis für die Aggres­si­ons­de­lik­te, vier Mona­te als Straf­rest aus einer Vor­stra­fe, vier Mona­te für die Wie­der­be­tä­ti­gung: Die Rich­ter waren der Ansicht, dass ins­ge­samt 18 Mona­te Haft für die an einem Abend began­ge­nen Delik­te ange­mes­sen waren.“ (NVT)

Pielachtal-St.Pölten/NÖ: Frei­spruch, weil im Aus­land gepostet

Es hat sich ver­mut­lich bereits her­um­ge­spro­chen, dass im Aus­land nach dem Ver­bots­ge­setz began­ge­ne Delik­te hier­zu­lan­de nicht bestraft wer­den. Es ver­wun­dert daher nicht, wenn Ange­klag­te beim Pos­ten und Ver­schi­cken von ein­schlä­gi­gen Nach­rich­ten auf das Argu­ment, es im Aus­land getan zu haben, ger­ne zurück­grei­fen und damit auch durch­kom­men. 

Dabei hat der 39-Jäh­ri­ge bereits eini­ges am Buckel: „[N]eun Vor­ver­ur­tei­lun­gen, dar­un­ter schwe­re Kör­per­ver­let­zung, schwe­re Sach­be­schä­di­gung und schon drei Ver­stö­ße gegen das Ver­bots­ge­setz. Einen Teil sei­ner Stra­fen hat er in Haft ver­büßt“, berich­ten die Nie­der­ös­ter­rei­chi­schen Nach­rich­ten.

Auf­ge­fal­len war der Mann, weil er ein Nazi-Kon­zert besucht hat­te, dann kam hin­zu, dass „er ein Fai­ble für Kör­per­schmuck mit Moti­ven hat, die den Natio­nal­so­zia­lis­mus glo­ri­fi­zie­ren“ und „dass die Poli­zei bei ihm 150 Musik-CDs mit rechts­ra­di­ka­len Lied­tex­ten wie ‚Deut­sches Land hal­te durch!’ oder ‚Unser Füh­rer sprach‘ sicher­ge­stellt hat.“ (noen.at). Vor Gericht stand er jedoch letzt­lich nur wegen zwei­er via Whats­App ver­schick­ter NS-Moti­ve, und die habe er, so der Ange­klag­te, bei zwei mit der Gat­tin absol­vier­ten Deutsch­land­vi­si­ten digi­tal ver­teilt. Zuerst hat­te sich nach sei­ner Anga­be eine frem­de Per­son sei­nes Han­dys bemäch­tigt und die Nach­rich­ten gesen­det, dann war er es doch selbst, aber eben nicht in Öster­reich und über­haupt habe er sich „geän­dert“. Das Ergeb­nis war ein Frei­spruch; was bleibt, ist Hand­lungs­be­darf für den Gesetz­ge­ber, um dem angeb­li­chen oder ver­meint­li­chen Delik­te­tou­ris­mus ein Ende zu setzen.

Bur­gen­land: Hoch­ak­ti­ve blaue Murmeltiere

Der Zer­fall der FPÖ Bur­gen­land geht nach den Tur­bu­len­zen der ver­gan­ge­nen Mona­te hur­tig wei­ter. „Nach dem Aus­schluss von Clau­dia Schwei­ger-Boll­mann und dem Rück­tritt vom Mat­ters­bur­ger Stadt-Obmann Sigi Stei­ner tritt Senio­ren-Chef Paul Strobl zurück, der Mat­ters­bur­ger FPÖ-Bezirks­ob­mann Chris­ti­an Spul­ler wur­de aus­ge­schlos­sen.“ (bvz.at, 25.1.21). Nun habe ein Par­tei­mit­glied aus dem Bezirk Eisen­stadt-Umge­bung den Antrag auf Aus­schluss des ehe­ma­li­gen bur­gen­län­di­schen Par­tei­chefs Johann Tschürtz gestellt, weil der ange­kün­digt hat­te, in Mat­ters­burg bei den kom­men­den Gemein­de­rats­wah­len als blau­er Bür­ger­meis­ter­kan­di­dat ins Ren­nen gehen zu wol­len. „Johann Tschürtz sag­te zu dem neu­en Antrag auf Par­tei­aus­schluss, er war­ne bereits seit län­ge­rem vor „gewis­sen Herr­schaf­ten“ in der Par­tei und er füh­le sich gewis­ser­ma­ßen erin­nert an ‚täg­lich grüßt das Mur­mel­tier‘.“ (burgenland.orf.at, 1.2.21)

Eines steht fest: Die Spe­zi­es der blau­en Mur­mel­tie­re wird im Bur­gen­land auch in nähe­rer Zukunft hoch­ak­tiv bleiben.