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Küssel, Corona und ein Waffenlager

Bemer­kens­wert: Wäh­rend ges­tern ein Waf­fen­la­ger samt Nazi-Devo­­tio­na­­li­en auf­ge­flo­gen ist, zei­gen sich Küs­sels Kame­ra­den offen auf den Ver­an­stal­tun­gen der Coro­­na-Leu­g­­ner-Sze­­ne. Ges­tern erst­mals dabei war auch Gott­fried Küs­sel selbst. Und das Waf­fen­la­ger befand sich qua­si um die Ecke von Küs­sels (ehe­ma­li­gem) Haupt­quar­tier. SS-Dol­che, Hit­ler­dol­che, ein Nazi­helm und das Eiser­ne Kreuz: Das ist nur eine Aus­wahl der NS-Memorabilia, […]

18. Sep 2020
Corona-Demo 17.9.20 mit Gottfried Küssel (Screenshot Video Presseservice Wien)
Corona-Demo 17.9.20 mit Gottfried Küssel (Screenshot Video Presseservice Wien)

SS-Dol­che, Hit­ler­dol­che, ein Nazi­helm und das Eiser­ne Kreuz: Das ist nur eine Aus­wahl der NS-Memo­ra­bi­lia, die Poli­zis­ten am Mitt­woch in einer Woh­nung in Wien gefun­den haben. Dazu kam eine Viel­zahl an Waf­fen, deren Her­kunft jetzt über­prüft wird. Nach­barn bezeich­ne­ten die Woh­nung als wah­res Waf­fen­la­ger, der Besit­zer hat­te offen­bar auch vor einem grö­ße­ren Per­so­nen­kreis mit sei­ner Samm­lung geprahlt. (derstandard.at, 17.9.20)

Dass Waf­fen­la­ger in Öster­reich regel­mä­ßig aus­ge­ho­ben wer­den, dass deren Besit­zer viel­fach aus der rechts­extre­men Ecke kom­men, ist nichts Neu­es. Das am Mitt­woch im Zuge einer Raz­zia aus­ge­ho­be­ne Lager fällt jedoch auch dadurch auf, dass es sich unweit vom Haus befand, in dem sich in den 1990er- und 2000er-Jah­ren Gott­fried Küs­sel samt Kame­ra­den aus­ge­brei­tet hat­ten. Küs­sels Frau betrieb dort ihren Bio­la­den, Küs­sel selbst sei­nen Kel­ler­treff­punkt samt der Feri­al­ver­bin­dung mit dem klin­gen­den Namen „Reich“.

Von den vier Woh­nun­gen, die Küs­sel dort erstan­den hat­te, sind noch zwei in sei­nem Besitz geblie­ben, sei­nen Wohn­sitz muss­te er von dort unfrei­wil­lig in den Häfen ver­le­gen. Nichts weist heu­te auf den ers­ten Blick dar­auf hin, dass sich dort über Jah­re hin­weg das Zen­trum des orga­ni­sier­ten Neo­na­zis­mus in Öster­reich befun­den hat­te – mit zwei Aus­nah­men: Ein gro­ßer Thor­s­ham­mer ziert den Ein­gang einer von Küs­sels Woh­nun­gen und ein ein­ge­ritz­tes Zei­chen, das einem Haken­kreuz äußerst ähn­lich sieht, auf der Woh­nungs­tür eines dort auch noch immer ansäs­si­gen Küssel-Kameraden.

Thorshammer über dem Eingang einer Küssel-Wohnung
Thor­s­ham­mer über dem Ein­gang einer Küssel-Wohnung
angedeutetes Hakenkreuz bei Küssels Kameraden
ange­deu­te­tes Haken­kreuz bei Küs­sels Kameraden

Küs­sels Feri­al­ver­bin­dung „Reich“ wur­de zwar auf­ge­löst, hat sich jedoch unter dem Namen „Impe­ria“ neu gegrün­det, an der­sel­ben Adres­se, mit dem­sel­ben Obmann – der sich nun jedoch „Impe­ra­tor“ nennt.

Vereinsvorstand "Imperia" mit Imperator und Konsul
Ver­eins­vor­stand „Impe­ria” mit Impe­ra­tor und Konsul

Ges­tern ließ sich Küs­sel samt „Impe­ra­tor“, der inzwi­schen auch in der „Coro­na-Quer­front“ ein – durch­aus pas­sen­des – Betä­ti­gungs­feld gefun­den hat, in der Weih­burg­gas­se sehen, wo die um so ziem­lich alles besorg­te Coro­na-Rechts­front-Sze­ne vor der Ärz­te­kam­mer­zen­tra­le eine Kund­ge­bung gegen den „Medi­zin-Tota­li­ta­ris­mus“ und für den obsku­ren Medi­zi­ner Peer Eif­ler und die vor­mals am Gra­zer LKH täti­ge und inzwi­schen ent­las­se­ne Ärz­tin Kon­stan­ti­na Rösch abhielt.

Auf­nah­men vom Pres­se Ser­vice Wien zei­gen Küs­sel mit sei­nem „Impe­ra­tor“ mit­ten im Getüm­mel rund um den Ver­an­stal­ter und Red­ner Han­nes Bre­jcha. Gesich­tet wur­den eben­falls die Stra­che-Kan­di­da­tin Chris­ti­na Kohl und Chris­ti­an Zeitz vom Wie­ner Aka­de­mi­ker­bund, der u.a. 2019 als Red­ner bei der Iden­ti­tä­ren-Kund­ge­bung zum 1683-„Gedenken“ auftrat.

Schau­platz­wech­sel: Dass die Woh­nung, wo am 16.9. das Waf­fen­la­ger samt NS-Devo­tio­na­li­en aus­ge­ho­ben wur­de, sehr nah an Küs­sels (Ex-)Reich liegt, kann ein Zufall sein. Allerdings:

Geprüft wird, ob er Teil eines grö­ße­ren Netz­werks war. Der Ein­satz­ort befin­det sich nur weni­ge Meter von Wohn­or­ten amts­be­kann­ter Neo­na­zis im zwei­ten Wie­ner Bezirk ent­fernt. Außer­dem soll der Ver­däch­ti­ge in den ver­gan­ge­nen Jah­ren geschäft­li­che Bezie­hun­gen zum Bun­des­heer und zu Wie­ner Behör­den gehabt haben. (derstandard.at)

Da könn­ten also noch eini­ge unan­ge­neh­me Über­ra­schun­gen folgen.