Lesezeit: 5 Minuten

Athanarich, der Imperator und die Querfront der Querdenker

Die unap­pe­tit­li­che und het­ze­ri­sche Sze­ne­rie der Quer­­den­ker-Demo vom 5.9. haben wir schon kurz bespro­chen, die „Quer­den­ker“ eigent­lich auch schon, aber die brau­ne „Quer­front“ bei den Quer­den­kern – die ist uns bis­her durch die Maschen geschlüpft. Damit ist jetzt Schluss. Schon, wenn man den Wie­ner Quer­­den­ker-Spre­cher Bre­jcha spre­chen hört, könn­te man sich den­ken, dass die Querdenker […]

8. Sep 2020
Harald Schmidt am 29.8. als Redner bei der Coronaleugner-Demo
Harald Schmidt am 29.8. als Redner bei der Coronaleugner-Demo

Schon, wenn man den Wie­ner Quer­den­ker-Spre­cher Bre­jcha spre­chen hört, könn­te man sich den­ken, dass die Quer­den­ker mehr mit der Quer­front zu tun haben als mit dem Den­ken. „Die­se Faschis­ten schüt­zen nicht unse­re Alten, sie töten sie“, tön­te er bei der Demo am 5.9. und erhielt dafür Sze­nen­ap­plaus. Den nächs­ten hol­te er sich für den Satz: „Wir wer­den Euch zur Rechen­schaft zie­hen, ihr Ver­bre­cher!“ Gemeint war damit die Bun­des­re­gie­rung. Aber was haben sol­che rechts­extre­men Sprü­che von selbst­er­nann­ten Quer­den­kern mit „Quer­front“ zu tun?

„Quer­front“ ist ein his­to­ri­scher Begriff und bezeich­net eine Stra­te­gie der extre­men Rech­ten bzw. der Nazis, mit der unter Beru­fung auf angeb­lich gemein­sa­me natio­na­le Inter­es­sen ein Bünd­nis mit (natio­na­lis­ti­schen) Lin­ken gegen die Demo­kra­tie und gegen das „Sys­tem“ pro­pa­giert wurde.

Schon vor den Nazis ver­such­ten sich Ver­tre­ter der „Kon­ser­va­ti­ven Revo­lu­ti­on“ in einer Quer­front­pro­pa­gan­da, die neben ihrer anti­de­mo­kra­ti­schen und natio­na­lis­ti­schen Grund­po­si­tio­nen nur eini­ge Umdeu­tun­gen von Begrif­fen der Arbei­ter­be­we­gung im Reper­toire hat­te, zumeist ver­mischt mit anti­se­mi­ti­schen und ras­sis­ti­schen Posi­tio­nen. So wie dann spä­ter bei den Nazis war die Querfront(-strategie) immer eine klar rechts­extrem fixier­te ideo­lo­gi­sche Posi­ti­on, in deren Zen­trum durch­gän­gig ein vor­geb­lich gemein­sa­mes völ­ki­sches, natio­na­les Inter­es­se und der – lager­über­grei­fen­de – Kampf gegen das „Sys­tem“ stan­den. Rechts­extre­men und (Neo-)Nazis ging es dabei immer um das Her­aus­bre­chen von Grup­pen und Per­so­nen bzw. die Schwä­chung der demo­kra­ti­schen Linken.

In einer Quer­front-Stra­te­gie übte sich erfolg­los die von dem Neo­na­zi Micha­el Küh­nen gegrün­de­te Akti­ons­front Natio­na­ler Sozia­lis­ten (mit Gott­fried Küs­sel), spä­ter dann Grup­pen der Auto­no­men Natio­na­lis­ten, die über die Glo­ba­li­sie­rungs­be­we­gung den Ein­stieg ver­such­ten. Vor knapp einem Jahr­zehnt grün­de­te der rechts­extre­me Bur­schen­schaf­ter und Publi­zist Micha­el Vogt den Inter­net-Sen­der „Quer-Denken.TV“ als Organ der „Wahr­heits­be­we­gung“ – ganz offen­sicht­lich eine Refe­renz für die „Quer­den­ken“- Initiativen.

In den Corona-„Querdenkern“ von heu­te steckt ohne­hin schon genü­gend rechts­extre­me „Querfront“-Strategie; in Wien kommt aber noch die „Coro­na-Quer­front“ extra dazu. Sie nennt sich auch tat­säch­lich so! Die „Coro­na-Quer­front“ ist nicht nur auf Face­book, Tele­gram und You­Tube prä­sent, son­dern war bei der „Querdenken“-Demo am 29.8. gleich mit zwei Red­nern prä­sent. Und mit was für welchen!

Website Corona-Querfront
Web­site Coro­na-Quer­front (Ver­eins­ob­mann Harald Schmidt)

Diet­mar Mühl­böck hat den einen Quer­front­ler, Mag. Lucas Tuma, schon im Früh­jahr auf einer Coro­na-Demo ent­deckt und ihn als Küs­sel-Inti­mus bezeich­net. Wie kommt er dar­auf? Nun, Lucas Tuma war in der Wie­ner aka­de­mi­schen Feri­al­ver­bin­dung, die sich nicht zufäl­lig „Reich“ nann­te, der Vor­sit­zen­de. 2011 erfolg­te die Auf­lö­sung die­ser stramm rech­ten Trup­pe, die in Küs­sels Kel­ler loziert war (Gott­fried Küs­sel war der Schrift­füh­rer und Kas­sier). Der Ver­bin­dung „Reich“ folg­te die fast eben­so strah­len­de Feri­al­ver­bin­dung „Impe­ria“, der zwar das schmü­cken­de „aka­de­misch“ fehlt, nicht aber die Loka­li­tät in Küs­sels Wohn­haus. Die „Impe­ria“ hat auch nicht mehr einen Vor­sit­zen­den Lucas Tuma, son­dern einen Impe­ra­tor – und der heißt auch Lucas Tuma.

Lucas Tuma am 29.8. als Redner bei der Coronaleugner-Demo
Lucas Tuma am 29.8. als Red­ner bei der Coronaleugner-Demo

Bei der „Querdenken“-Demo wur­de Tuma aber nicht als Impe­ra­tor vor­ge­stellt, auch nicht als Küs­sels Inti­mus oder als Beglei­ter von THC-Kan­di­da­tin Kohl, als den ihn schon wie­der Diet­mar Mühl­böck ent­deckt hat, son­dern ein­fach als Magis­ter Tuma. Und der soll­te, so die Ankün­di­gung, über die Hin­ter­grün­de des­sen, was man der „lie­ben auf­ge­brach­ten Men­ge“ (Tuma) antun will, auf­klä­ren. Das war dann aber nicht so, denn Tuma, der das Wirt­schafts­sys­tem vor dem Zusam­men­bruch sieht, ver­lor sich in Erör­te­run­gen über den bei Rechts­extre­men sehr belieb­ten Zins und die Banken.

Da war der zwei­te Red­ner der „Coro­na-Quer­front“ schon ein ande­res Kali­ber. Die Nähe zu Küs­sel ist bei ihm anders ein­ge­schrie­ben, denn vor zehn Jah­ren werk­te er noch als „Atha­na­rich“ in Küs­sels Alpen-Donau-Forum „ali­n­fo­do“, wo er sei­ne Ein­trä­ge immer mit einem mar­ki­gen Hit­ler-Spruch been­de­te. 2015 wid­me­te ihm die neo­na­zis­ti­sche Akti­ons­ge­mein­schaft für Poli­tik eine lan­ge Son­der­num­mer „AfP-Infor­ma­ti­on“, weil er – da schon wie­der unter sei­nem Klar­na­men – als Dr. Harald Schmidt gegen das Ver­bots­ge­setz klag­te. Bei der Demo am 29.8. wur­de er aller­dings weder als Goten­kö­nig noch als Klä­ger gegen das Ver­bots­ge­setz, son­dern als Wirt­schafts­ju­rist prä­sen­tiert, der sich aber kaum mit der Wirt­schaft und der Juris­te­rei auf­hielt und gleich in die Vol­len ging.

Harald Schmidt am 29.8. als Redner bei der Coronaleugner-Demo
Harald Schmidt am 29.8. als Red­ner bei der Coronaleugner-Demo

„Am Abend einer poli­ti­schen Zei­ten­wen­de“, so Schmidt, befän­den wir uns. Und klar sei, dass die Regie­rung aus­ge­wech­selt wer­den müs­se. Durch wen, woll­te Schmidt noch nicht ver­ra­ten, aber wir haben da so eine Ahnung, denn in der Fol­ge klag­te Schmidt das „gesam­te ver­kom­me­ne Sys­tem“ an, das zusam­men mit der „Lügen­pres­se“ die FPÖ-ÖVP-Koali­ti­on zu Fall gebracht habe. Natür­lich stüt­ze auch der Ver­fas­sungs­ge­richts­hof die „Sys­tem­par­tei­en“ ÖVP und SPÖ – wie im Übri­gen so ziem­lich alles in Öster­reich seit Jahr­zehn­ten durch die­se bei­den „Sys­tem­par­tei­en“ bestimmt und beherrscht sei.

Presseaussendung der Corona-"Querdenker": "Rückfragen zur PK Dr. Schmidt"; Rutter als Pressesprecher
Pres­se­aus­sendung der Corona-„Querdenker”: „Rück­fra­gen zur PK Dr. Schmidt”; Rut­ter als Pressesprecher

Die Betrach­tun­gen zu Coro­na gin­gen bei den bei­den Quer­front­lern ange­sichts der Sys­tem­fra­ge ziem­lich unter, dafür ist sonst alles klar über „Quer­den­ken“ und sei­ne „Quer­front“. Nur der Küs­sel hat noch gefehlt!

Verwandte Beiträge