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ADI-Forum: Athanarich aus bestem freiheitlichem Adel

In Kor­neu­burg fand am 7.10.2011 ein durch­aus bemer­kens­wer­ter Pro­zess wegen NS-Wie­­der­­be­­tä­­ti­­gung statt. Ein Mit­glied des Alpen-Donau-Forums, „Atha­na­rich“, muss­te sich wegen sei­ner Pos­tings ver­ant­wor­ten. Er stammt aus bes­tem FPÖ-Adel und hat eine beweg­te Bio­gra­phie hin­ter sich. „Frau Rosen­kranz” hat sich „zum Wurm gemacht, indem sie die ver­lang­te Erklä­rung abge­ge­ben hat” und „es wäre bes­ser gewe­sen, sie wäre […]

7. Okt 2011


„Frau Rosen­kranz” hat sich „zum Wurm gemacht, indem sie die ver­lang­te Erklä­rung abge­ge­ben hat” und „es wäre bes­ser gewe­sen, sie wäre gleich zum Juden­tum kon­ver­tiert” — das Welt­bild eines Antisemiten

„Harald, war­um schaust du immer so fins­ter?“, hat ihn sein Anwalt gefragt. Das war aber nicht im NS-Ver­bots­pro­zess 2011, son­dern in einem der spek­ta­ku­lärs­ten Mord­pro­zes­se der Repu­blik im Jahr 1997. Schon damals stand Harald S. vor Gericht – als Mit­an­ge­klag­ter. Das Haupt­au­gen­merk der Öffent­lich­keit war aller­dings nicht auf ihn gerich­tet, son­dern auf die Haupt­an­ge­klag­te Elfrie­de Blau­en­stei­ner, die als „Schwar­ze Wit­we“ in die öster­rei­chi­schen Gerichtsan­na­len ein­ging, weil sie meh­re­re ihrer Ehe­män­ner und Frei­er mit Gift aus der Welt schaffte.

Harald war ihr Anwalt gewe­sen, nicht im Pro­zess, son­dern schon vor­her, bei der Abwick­lung der Tes­ta­men­te der Ver­bli­che­nen etwa. Harald ging auch in die Gerichtsan­na­len ein: Er war der ers­te Anwalt der Zwei­ten Repu­blik, der wegen des Ver­dach­tes auf Mord und schwe­ren Betrug vor Gericht stand. Gewor­den sind es dann im Blau­en­stei­ner-Pro­zess für ihn sie­ben Jah­re Haft wegen Kör­per­ver­let­zung mit Todes­fol­ge und ver­such­tem Betrug. Damals konn­te ihm nicht ein­mal sein Anwalt, der auch Harald hieß, Harald Ofner näm­lich, der frü­he­re FPÖ-Jus­tiz­mi­nis­ter und FPÖ-Abge­ord­ne­te mit der hel­fen­den Fra­ge nach den Augen aus der Pat­sche hel­fen. Sei­ne fins­te­ren Augen, so der Ange­klag­te, sei­en näm­lich nicht auf psy­chi­sche Pro­ble­me, son­dern eine Augen­ver­let­zung zurückzuführen.


Elfrie­de Blau­en­stei­ner: Haralds bes­te Kli­en­tin — Bild­quel­le: Klei­ne Zei­tung — „Schwar­ze Wit­we” in Hochform

Harald S. stammt aus frei­heit­li­chem Adel. Sein Vater, ein poli­ti­scher Freund von Otto Scrin­zi, war zwi­schen 1971 und 1979 Natio­nal­rats­ab­ge­ord­ne­ter der FPÖ – am rech­ten Rand der Par­tei. Sein Sohn Harald S. war noch wei­ter rechts: Er war gemein­sam mit Bru­no Haas einer der Chefs der neo­na­zis­ti­schen Akti­on Neue Rech­te (ANR), die auch bei den Hoch­schü­ler­schafts­wah­len 1977 antre­ten woll­te, deren Kan­di­da­tur aber wegen ihrer NS-Posi­tio­nen ver­bo­ten wurde.

Das hin­der­te Harald S. und Bru­no Haas aber nicht, unge­fähr zur glei­chen Zeit in den Ring Frei­heit­li­cher Jugend (RFJ) in Nie­der­ös­ter­reich ein­zu­tre­ten. Als die Dop­pel­mit­glied­schaft der bei­den öffent­lich wur­de, kam es zum Eklat. Der Bun­des-RFJ schloss die bei­den und mit ihnen noch eini­ge ande­re nie­der­ös­ter­rei­chi­sche Funk­tio­nä­re aus.

Harald S. ver­such­te sei­ne poli­ti­sche Kar­rie­re bei der Aus­län­der-Halt-Bewe­gung und bei der Natio­nal­de­mo­kra­ti­schen Par­tei (NDP) des Nor­bert Bur­ger fort­zu­set­zen, wur­de zwei­ter Lan­des­spre­cher der NDP in Nie­der­ös­ter­reich und lern­te natür­lich jede Men­ge Kame­ra­den von Gott­fried Küs­sel bis Horst Jakob Rosen­kranz kennen.


Geschän­de­tes Mahn­mal zum Geden­ken an die Ermor­dung von drei Kur­den in der Lin­ken Bahn­gas­se in Wien — das Sym­bol der Akti­on Neue Rech­te (ANR) wur­de dabei ver­wen­det ↳ Wien: Merk­wür­di­ge Mahnmalschändung

Irgend­wann begann er dann sei­ne bür­ger­li­che Kar­rie­re als Anwalt in Wien-Wie­den, der auch kei­ne Dau­er­haf­tig­keit beschie­den war. War­um muss­te er auch Elfrie­de Blau­en­stei­ner ken­nen­ler­nen! Harald S. galt als soge­nann­ter Wald- und Wie­sen-Anwalt, einer, der jeden Job macht. Eben auch die Tes­ta­ments­ab­wick­lun­gen für Elfrie­de Blau­en­stei­ner und eini­ge ande­re noch wesent­lich unan­ge­neh­me­re Hilfs­diens­te für die „Schwar­ze Wit­we“. Da war’s dann aus mit der Anwalts­lauf­bahn. Die wei­te­ren beruf­li­chen und poli­ti­schen Kar­rie­re­schrit­te von Harald S. ver­lie­ren sich im Dun­keln bzw. in der Haft – bis er im Alpen-Donau-Forum als „Atha­na­rich“ zurückkehrt.

„Atha­na­rich“ war nicht von Beginn an im Alpen-Donau-Forum, kei­ner der engs­ten Ver­trau­ten. Im Juli 2009 stieg er ein, war ver­mut­lich schon vor­her im Thia­zi-Forum als „Atha­na­rich“ unter­wegs. Im Alpen-Nazi-Forum beschäf­tigt er sich mit den The­men, die ihn schon eini­ge Zeit beglei­ten: das NS-Ver­bots­ge­setz, die Juden usw. … Sei­ne stei­le kri­mi­nel­le Kar­rie­re ver­schweigt er.

Als das Alpen-Nazi-Forum aus­ge­ho­ben wird, ist es mit der Rol­le als Goten­kö­nig vor­bei. Vor Gericht jam­mert der mitt­ler­wei­le 54-Jäh­ri­ge über sei­ne psy­chi­sche Aus­nah­me­si­tua­ti­on als Arbeits­lo­ser. Er sei ein­sam gewe­sen, die NS-Ein­trä­ge sei­en in einer depres­si­ven Pha­se ent­stan­den, er habe nicht gewusst, dass er gegen öster­rei­chi­sches Recht ver­sto­ße, wenn er sich auf einem US-Ser­ver wie­der­be­tä­ti­ge usw..

Inter­es­sant noch die Aus­sa­gen des Ver­fas­sungs­schüt­zers vor Gericht. Rund 350 Per­so­nen haben sich dem­nach im Alpen-Nazi-Forum getum­melt – das geht deut­lich über unse­re Schät­zun­gen hin­aus. 263 Pos­tings wur­den als straf­recht­lich rele­vant ein­ge­schätzt und gegen 13 Per­so­nen aus dem Nazi-Forum wer­de ermit­telt (bzw. wur­den bereits Ver­fah­ren abge­wi­ckelt). Atha­na­rich hat 40 Bei­trä­ge ver­fasst, dar­un­ter auch einen zum Geburts­tag von Hitler.


„So muß die Holo­caust­lü­ge auf­recht erhal­ten … wer­den” — Nie geleugnet?

Den Holo­caust leug­ne er nicht, erklär­te Harald S. noch dem Gericht. Dann zogen sich die Geschwo­re­nen zur Bera­tung zurück. Das Ergeb­nis: 18 Mona­te unbe­dingt. Das Urteil ist noch nicht rechts­kräf­tig, aber ver­mut­lich muss Harald S. noch ein­mal ein­sit­zen. Elfrie­de Blau­en­stei­ner trifft er jeden­falls nicht mehr in einer Haft­an­stalt, denn die zu lebens­lan­ger Haft ver­ur­teil­te Gift­mör­de­rin ist 2003 verstorben.

Sie­he auch: Kurier: „Rechts­extre­mis­mus — ist das behan­del­bar?” Ein Ex-Anwalt bekam wegen der Ver­brei­tung natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Gedan­ken­guts 18 Mona­te Haft — nicht rechtskräftig.