„Frau Rosenkranz” hat sich „zum Wurm gemacht, indem sie die verlangte Erklärung abgegeben hat” und „es wäre besser gewesen, sie wäre gleich zum Judentum konvertiert” — das Weltbild eines Antisemiten
„Harald, warum schaust du immer so finster?“, hat ihn sein Anwalt gefragt. Das war aber nicht im NS-Verbotsprozess 2011, sondern in einem der spektakulärsten Mordprozesse der Republik im Jahr 1997. Schon damals stand Harald S. vor Gericht – als Mitangeklagter. Das Hauptaugenmerk der Öffentlichkeit war allerdings nicht auf ihn gerichtet, sondern auf die Hauptangeklagte Elfriede Blauensteiner, die als „Schwarze Witwe“ in die österreichischen Gerichtsannalen einging, weil sie mehrere ihrer Ehemänner und Freier mit Gift aus der Welt schaffte.
Harald war ihr Anwalt gewesen, nicht im Prozess, sondern schon vorher, bei der Abwicklung der Testamente der Verblichenen etwa. Harald ging auch in die Gerichtsannalen ein: Er war der erste Anwalt der Zweiten Republik, der wegen des Verdachtes auf Mord und schweren Betrug vor Gericht stand. Geworden sind es dann im Blauensteiner-Prozess für ihn sieben Jahre Haft wegen Körperverletzung mit Todesfolge und versuchtem Betrug. Damals konnte ihm nicht einmal sein Anwalt, der auch Harald hieß, Harald Ofner nämlich, der frühere FPÖ-Justizminister und FPÖ-Abgeordnete mit der helfenden Frage nach den Augen aus der Patsche helfen. Seine finsteren Augen, so der Angeklagte, seien nämlich nicht auf psychische Probleme, sondern eine Augenverletzung zurückzuführen.
Elfriede Blauensteiner: Haralds beste Klientin — Bildquelle: Kleine Zeitung — „Schwarze Witwe” in Hochform
Harald S. stammt aus freiheitlichem Adel. Sein Vater, ein politischer Freund von Otto Scrinzi, war zwischen 1971 und 1979 Nationalratsabgeordneter der FPÖ – am rechten Rand der Partei. Sein Sohn Harald S. war noch weiter rechts: Er war gemeinsam mit Bruno Haas einer der Chefs der neonazistischen Aktion Neue Rechte (ANR), die auch bei den Hochschülerschaftswahlen 1977 antreten wollte, deren Kandidatur aber wegen ihrer NS-Positionen verboten wurde.
Das hinderte Harald S. und Bruno Haas aber nicht, ungefähr zur gleichen Zeit in den Ring Freiheitlicher Jugend (RFJ) in Niederösterreich einzutreten. Als die Doppelmitgliedschaft der beiden öffentlich wurde, kam es zum Eklat. Der Bundes-RFJ schloss die beiden und mit ihnen noch einige andere niederösterreichische Funktionäre aus.
Harald S. versuchte seine politische Karriere bei der Ausländer-Halt-Bewegung und bei der Nationaldemokratischen Partei (NDP) des Norbert Burger fortzusetzen, wurde zweiter Landessprecher der NDP in Niederösterreich und lernte natürlich jede Menge Kameraden von Gottfried Küssel bis Horst Jakob Rosenkranz kennen.
Geschändetes Mahnmal zum Gedenken an die Ermordung von drei Kurden in der Linken Bahngasse in Wien — das Symbol der Aktion Neue Rechte (ANR) wurde dabei verwendet ↳ Wien: Merkwürdige Mahnmalschändung
Irgendwann begann er dann seine bürgerliche Karriere als Anwalt in Wien-Wieden, der auch keine Dauerhaftigkeit beschieden war. Warum musste er auch Elfriede Blauensteiner kennenlernen! Harald S. galt als sogenannter Wald- und Wiesen-Anwalt, einer, der jeden Job macht. Eben auch die Testamentsabwicklungen für Elfriede Blauensteiner und einige andere noch wesentlich unangenehmere Hilfsdienste für die „Schwarze Witwe“. Da war’s dann aus mit der Anwaltslaufbahn. Die weiteren beruflichen und politischen Karriereschritte von Harald S. verlieren sich im Dunkeln bzw. in der Haft – bis er im Alpen-Donau-Forum als „Athanarich“ zurückkehrt.
„Athanarich“ war nicht von Beginn an im Alpen-Donau-Forum, keiner der engsten Vertrauten. Im Juli 2009 stieg er ein, war vermutlich schon vorher im Thiazi-Forum als „Athanarich“ unterwegs. Im Alpen-Nazi-Forum beschäftigt er sich mit den Themen, die ihn schon einige Zeit begleiten: das NS-Verbotsgesetz, die Juden usw. … Seine steile kriminelle Karriere verschweigt er.
Als das Alpen-Nazi-Forum ausgehoben wird, ist es mit der Rolle als Gotenkönig vorbei. Vor Gericht jammert der mittlerweile 54-Jährige über seine psychische Ausnahmesituation als Arbeitsloser. Er sei einsam gewesen, die NS-Einträge seien in einer depressiven Phase entstanden, er habe nicht gewusst, dass er gegen österreichisches Recht verstoße, wenn er sich auf einem US-Server wiederbetätige usw..
Interessant noch die Aussagen des Verfassungsschützers vor Gericht. Rund 350 Personen haben sich demnach im Alpen-Nazi-Forum getummelt – das geht deutlich über unsere Schätzungen hinaus. 263 Postings wurden als strafrechtlich relevant eingeschätzt und gegen 13 Personen aus dem Nazi-Forum werde ermittelt (bzw. wurden bereits Verfahren abgewickelt). Athanarich hat 40 Beiträge verfasst, darunter auch einen zum Geburtstag von Hitler.
„So muß die Holocaustlüge aufrecht erhalten … werden” — Nie geleugnet?
Den Holocaust leugne er nicht, erklärte Harald S. noch dem Gericht. Dann zogen sich die Geschworenen zur Beratung zurück. Das Ergebnis: 18 Monate unbedingt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, aber vermutlich muss Harald S. noch einmal einsitzen. Elfriede Blauensteiner trifft er jedenfalls nicht mehr in einer Haftanstalt, denn die zu lebenslanger Haft verurteilte Giftmörderin ist 2003 verstorben.