Wochenschau KW 11/20

Öster­re­ichis­che Gefäng­nisse eignen sich offen­bar ganz gut als Ort, wo man sich unge­hin­dert diverse straf­bare Tätowierun­gen anbrin­gen lassen kann. In der let­zten Woche wur­den gle­ich zwei solch­er Fälle vor Gericht ver­han­delt. Jene drei Iden­titären, die 2016 einen Bran­dan­schlag auf ein Asyl­heim in Him­berg verübt hat­ten, kamen über­raschend glimpflich davon. Der sehr ver­störende Grund: wegen Dilettantismus.

Kla­gen­furt: SS-Runen am Unterarm
St. Pöl­ten (NÖ): SS-Runen am Hinterkopf
Himberg/Korneuburg (NÖ): Dilet­tan­tismus als Grund für Strafmilderung
Linz: Hak­enkreuz auf Vereinsschild

Kla­gen­furt: SS-Runen am Unterarm

Eine Sigrune mit­samt der Zif­fer 8 als Tätowierung am Unter­arm wur­den bei ein­er Ein­ver­nahme wegen eines straf­baren Face­book-Post­ings einem 31-jähri­gen Kärnt­ner zum Ver­häng­nis. Nach­dem er via Face­book die Konzen­tra­tionslager für Islamis­ten wieder öff­nen wollte, wurde er zur Staat­san­waltschaft gebeten, wo er auch gle­ich seine Tat­toos zur Schau stellte. Vor Gericht erfol­gte eine Art von Blit­zläuterung, denn erstens habe er das Post­ing ver­fasst, als er betrunk­en und medika­menten­ab­hängig gewe­sen sei, und zweit­ens war er nur früher Anhänger der NS-Ide­olo­gie. „Als seine Woh­nung durch­sucht wurde, fan­den die Beamten zahlre­iche Nazi-Devo­tion­alien wie Dolche oder Feuerzeuge mit Hak­enkreuz. Auf seinem Handy hat­te der Kärnt­ner Unmen­gen ein­schlägiger Fotos gespe­ichert.“ (APA via vol.at, 9.3.20)

Wegen ein­er sechs­fachen Vorstrafe erhielt der Kärnt­ner 18 Monate bed­ingt – nicht recht­skräftig. Da nützte auch wenig, dass das Tat­too, das er sich in der Haft anbrin­gen hat­te lassen, inzwis­chen mit einem anderen Motiv über­stochen ist.

St. Pöl­ten (NÖ): SS-Runen am Hinterkopf

Es kommt auch nicht täglich vor, dass ein Angeklagter mit Haube vor Gericht erscheinen muss, damit das Delikt nicht sofort sicht­bar wird. „Der 21-Jährige hat sich am Hin­terkopf SS-Runen tätowieren lassen. Darüber ste­hen die Buch­staben ACAB für ‚All cops are bas­tards‘.“ (kurier.at, 10.3.20)

Der 21-Jährige war schon zuvor wegen sein­er braunen Tat­toos vor Gericht, kam damals aber noch mit ein­er Bewährungsstrafe und der Auflage, die Tätowierun­gen ent­fer­nen zu lassen davon. Befol­gt hat­te er das nicht, im Gegen­teil: „‚In der U‑Haft in Wien habe ich mir den Schriftzug White Pow­er Aus­tria auf den Rück­en tätowieren lassen‘, erzählt er. Den Rest habe er aus ‚finanziellen Grün­den‘ nicht weg­machen lassen, manch­mal sei es dazu auch ein­fach nicht gekom­men, sagt er. Chris­t­ian Reit­er, sein Recht­san­walt, erzählt, dass sein Man­dant eine schwere Kind­heit hin­ter sich habe. Es habe Gewalt in der Fam­i­lie gegeben, bere­its als Kind sei der heute 21-Jährige in ein Heim gekom­men. Schon früh sei er mit rechter Sym­bo­l­ik in Berührung gekom­men, im Kinderz­im­mer hängte er eine Hak­enkreuz­fahne auf.“ (kurier.at)

Das nicht recht­skräftige Urteil: 14 Monate unbe­d­ingt. 

Vor Gericht nach­fol­gen wird ein Zeuge, der selb­st wegen Wieder­betä­ti­gung vor Gericht kom­men wird. „Ein Chat-Part­ner, der als Zeuge vor Gericht aus­sagen sollte, wirk­te der­art des­ori­en­tiert, dass der vor­sitzende Richter Markus Grün­berg­er ihn wed­er phonetisch noch inhaltlich ver­stand. Man darf ges­pan­nt sein, wie dieser Zeuge in weni­gen Tagen selb­st als Angeklagter in einem Schwurg­ericht­sprozess zum Ver­brechen nach dem Ver­bots­ge­setz auftreten wird.“ (meinbezirk.at, 11.3.20)

Himberg/Korneuburg (NÖ): Dilet­tan­tismus als Grund für Strafmilderung

Da war eine Menge an Delik­ten, die den drei Angeklagten aus dem Dun­stkreis der Iden­titären vorge­wor­fen wur­den: ein Bran­dan­schlag auf ein Heim für Asyl­wer­berIn­nen in Him­berg, ille­galer Waf­fen- und Dro­genbe­sitz und auch noch Wieder­betä­ti­gung. Die Urteile fie­len jedoch äußerst glimpflich aus: Zwei der Angeklagten fassten eine unbe­d­ingte Haft­strafe von drei Monat­en aus, ein­er erhielt über­haupt nur sechs Wochen bed­ingt. Die Begrün­dung: „Weil der Angriff ‚der­art dilet­tan­tisch‘ abge­laufen sei, verurteilte der Richter das Trio nicht wegen vorsät­zlich­er Brand­s­tiftung, son­dern ‚nur‘ wegen Sachbeschädi­gung.“ (kurier.at, 13.3.20) 

Auch der Besitz von ille­galen Waf­fen wurde nicht geah­n­det: „Das Verge­hen des ver­bote­nen Waf­fenbe­sitzes war zwar angeklagt, zu ein­er Verurteilung ist es deswe­gen aber nicht gekom­men. (…) Ein­er der Verdächti­gen stand zudem im Ver­dacht, gegen das Ver­bots­ge­setz ver­stoßen zu haben. Er soll Bilder mit NS-Hin­ter­grund über Inter­net-Chats ver­schickt haben, darunter auch ein Foto sein­er Brust mit einem darauf tätowierten Hak­enkreuz. Zu ein­er Anklage kam es aber in dem Fall nicht.(kurier.at)

Warum die Strafen am Lan­des­gericht Korneuburg so niedrig aus­ge­fall­en sind, war den Medi­en­bericht­en nicht zu ent­nehmen. Dass Dilet­tan­tismus strafmildernd wirkt, hin­ter­lässt jeden­falls einige Fra­gen. Da das Urteil nicht recht­skräftig ist, bleibt abzuwarten, ob die Strafen in dieser Form hal­ten werden.

Linz: Hak­enkreuz auf Vereinsschild

Es ist schon extra ver­störend, dass in der let­zten Woche aus­gerech­net das Büroschild des „Bun­des Sozialdemokratis­ch­er Frei­heit­skämpferIn­nen, Opfer des Faschis­mus und aktiv­er AntifaschistIn­nen Oberöster­re­ich“ mit einem Hak­enkreuz beschmiert wurde. Der Vor­sitzende des Bun­des erstat­tete Anzeige. „Entset­zt über diese Hak­enkreuz-Schmier­erei zeigten sich auch die SPÖ-Sprecherin für Erin­nerungskul­tur, Sabine Schatz und die Vor­sitzende der SPÖ Oberöster­re­ich Bir­git Ger­stor­fer. „‚Dieser Angriff auf die Frei­heit­skämpferIn­nen ist ein Angriff auf die gesamte Sozialdemokratie. Es ist beschä­mend, dass Schwarzblau Recht­sex­trem­is­mus in Oberöster­re­ich offen­bar noch immer nicht als Bedro­hung wahrnehmen wollen’, so Ger­stor­fer.“ (meinbezirk.at, 11.3.20)