So richtig in die Schlagzeilen geriet die Pension Enzian im letzten Jahr durch die Goldbarren, die die Wiener FPÖ dort deponiert hatte – für Krisenzeiten, wie es hieß. Auch das Haus selbst sollte als möglicher Zufluchtsort für Strache und Gefolgschaft dienen – im Falle eines Tag X.
Strache selbst hatte sich für den Ankauf – und mögliche weitere – starkgemacht. Mit, wie ein Sitzungsteilnehmer gehört haben will, einer etwas eigenartigen Argumentationslinie: Eine solche Pension könnte dem inneren Führungskreis im Fall einer Krise als Zufluchtsort dienen. Tatsächlich hatte er in den Jahren der Finanzkrise ab 2008 in größeren und kleineren Kreisen immer wieder vom Tag X gesprochen, wenn in Europa bürgerkriegsähnliche Unruhen ausbrechen könnten. (diepresse.com, 15.6.13)
Offiziell klang das anders: „Sinn des Instituts und der Pension in St. Jakob sei es, einen Seminarbetrieb für die Partei aufzubauen, erklärt Jenewein. ‘Bisher müssen wir uns immer irgendwo einmieten, daher kam die Idee, ein Seminarzentrum anzuschaffen.’“ (diepresse.com) Den Seminarbetrieb gab es tatsächlich, wie aus Berichten auf diversen FPÖ-Seiten zu entnehmen ist.
Die Razzia im vergangenen August durch die Korruptionsstaatsanwaltschaft scheint in der beschaulichen Partei-Pension einiges durcheinander gewirbelt zu haben. Ankündigungen von parteiinternen Schulungen sind seither zumindest auf Websites nicht mehr zu finden. Auch die Möglichkeit, dort privat zu buchen, scheint es nicht mehr zu geben. Die Website wird auf eine Spamseite umgeleitet, der Facebook-Account ist nicht mehr auffindbar und auch über diverse Unterkunftsportale kann die Pension Enzian nicht mehr gebucht werden. Fragt sich: Was ist da passiert? Stößt die Wiener FPÖ ihre Immobilie ab, oder benötigt sie die Pension – jetzt im Krisenfall – für andere Zwecke?
Eigentümer des Hauses ist der Verein „Freiheitliches Bildungsinstitut St. Jakob in Osttirol“, dem der ehemalige Zweite Präsident des Wiener Landtags Johann Herzog vorsteht. Herzog wurde auch bekannt als Altvorderer beim „Verein zur Pflege des Grabes Walter Nowotny“, der jährlich am Zentralfriedhof ein Gedenken für den NS-Fliegeroffizier Walter Nowotny abhält.
Herzogs Vize im Verein ist mit Maximilian Krauss, ein ehemaliger Mitarbeiter von Johann Gudenus. Krauss sollte 2014 zum nichtamtsführenden Vizepräsidenten des Wiener Stadtschulrats gemacht werden, ein Posten ohne Arbeit, dafür mit einem beachtlichen Salär von über 4.000 Euro. Da sich Michael Häupl weigerte, den bis dorthin nur durch markige Sprüche und Rassismen aufgefallenen blauen Jungmann als Stadtschulratsvize zu ernennen, die FPÖ mit einer Klage beim VfGH abgeblitzt war, kam der damalige Jurist der Wiener FPÖ Bernd Saurer zum Zug. Den Stadtschulrat gibt es nicht mehr, dafür wurde Saurer in den Bundesrat gelobt. Er ist Kassier des freiheitlichen Bildungsvereins. Saurer spielt auch bei dem ins Visier der WKStA FPÖ-nahen Verein „Institut für Sicherheitspolitik (ISP)“ eine Rolle.
In den dem STANDARD zugespielten Unterlagen findet sich auch eine Honorarnote von Bernd Saurer. Er ist FPÖ-Bundesrat und hat dem ISP 7.000 Euro für die Erstellung eines Konzeptes zum Thema ‚Finanzmarktstabilität und Sicherheit in Europa’ verrechnet. Einige Monate später – nach Bekanntwerden von Heinz-Christian Straches denkwürdigem Abend auf Ibiza – wurde der Auftrag aber storniert, erzählt Saurer. Die Schwerpunktsetzung des Vereins hätte sich geändert. Er überwies das Geld zurück. Das bestätigte auch Tschank. (derstandard.at, 10.3.20)
Maximilian Krauss erhielt nach einem sehr kurzen Intermezzo im Nationalrat (9.11.–18.12.17) im Jänner 2018 den äußerst lukrativen Job eines nichtamtsführenden Stadtrats in Wien. Er beerbte damit Johann Gudenus, der in den Nationalrat wechselte und dort als Klubobmann werkte, bis er über Ibiza stolperte.
Schriftführer im FPÖ-Bildungsverein ist der Klubdirektor des freiheitlichen Rathausklubs in Wien, Georg Heinreichsberger. Alle vier Vereinsvorstände wurden am 21.5.2019 in ihre Funktionen bestellt. Warum das just vier Tage nach Auffliegen des Ibiza-Skandals geschah, beantwortete die Partei nicht.
Warum hielten hochrangige Politiker der Wiener FPÖ ausgerechnet inmitten eines riesigen politischen Skandals, der ihren Chef den Job als Vizekanzler gekostet hatte, eine Generalversammlung ab, um den Vorstand des Vereins neu zu besetzen? Und wer saß zwischen Juni 2016 und Mai 2019 im Vorstand? Im Vereinsregister fehlen für diesen Zeitraum alle Angaben zu den Funktionsinhabern. Versuche des STANDARD, eine Stellungnahme von maßgeblichen FPÖ-Politikern einzuholen, blieben erfolglos. (derstandard.at, 17.8.19)