Best of mausgerutscht (Teil 3): … und es trifft immer die FPÖ

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Die bes­ten Geschich­ten, heißt es, lie­fert immer das Leben – jeden­falls könn­ten alle unse­re „mausgerutscht“-Storys durch­aus ver­gnü­gungs­steu­er­pflich­tig sein. Dies­mal: Wie ein „88“ in eine Pres­se­aus­sendung eines Natio­nal­rats­ab­ge­ord­ne­ten geriet, ein gar nicht kosche­res Lieb­lings­zi­tat einer Gemein­de­rats­kan­di­da­tin, das Like eines Minis­ter-Mit­ar­bei­ters für ein deut­sches Neo­na­zi-Gast­haus und ein Ersatz­ge­mein­de­rat, dem ein spur­los ver­schwun­de­ner Hel­mut ein brau­nes Ei auf Face­book gelegt haben soll. Das Ver­bin­den­de: Es traf immer die FPÖ.

Legen­där gewor­den ist die berühm­te „88“, die 2014 mit­ten in einer Pres­se­aus­sendung des blau­en Natio­nal­rats­ab­ge­ord­ne­ten Ger­hard Deimek auf­tauch­te. Deimek distan­zier­te sich, mut­maß­te über den mög­li­chen Täter aus dem frei­heit­li­chen Par­la­ments­klub: Ich habe einen Namen gehört, schon bevor das Gan­ze auf­ge­kocht ist. (…) Wir haben ein Pro­blem in der Pres­se­stel­le. Dort müss­te man was machen. So etwas darf nicht hin­aus!“ Deimek erhielt prompt von Her­bert Kickl eine Abfuhr:

Die Vor­wür­fe sei­en „ein Schmarrn“. Kurz dar­auf ruft Kickl den STANDARD noch­mals zurück: „Das ist alles längst geklärt. Die klei­ne Toch­ter des Pres­se­re­fe­ren­ten hat zwei­mal drauf­ge­drückt.“ Deimek kennt die­se Ver­si­on und bezeich­net sie als „Wuch­tel, die ich nicht glau­be“. Dazu Kickl: „Mir ist das ziem­lich wurscht, was der Herr Deimek glaubt.“ (derstandard.at, 5.12.14)

"88" in der Presseaussendung von Gerhard Deimek

„88” in der Pres­se­aus­sendung von Ger­hard Deimek

Wir fas­sen zusam­men: Da ist also ein frei­heit­li­cher Nach­wuchs auf der Tas­ta­tur dop­pelt maus­ge­rutscht und hat unglück­li­cher­wei­se just eine Zah­len­kom­bi­na­ti­on getrof­fen, die in brau­nen Krei­sen wohl­ge­fäl­lig auf­ge­nom­men wor­den sein könn­te. Das noch dazu in einer Aus­sendung, die vor den damals dis­ku­tier­ten Sank­tio­nen durch die EU gegen Isra­el warn­te. Ein Schelm, wer dabei Böses denkt!

Böse erwischt hat es 2017 auch die dama­li­ge Spit­zen­kan­di­da­tin der FPÖ Kobers­dorf, Kath­rin E.: Da war über einen län­ge­ren Zeit­raum in der Rubrik „Lieb­lings­zi­ta­te“ ihres Face­book-Pro­fils „ein Volk ein Reich ein Füh­rer“ zu lesen.

Kathrin E.: "ein Volk ein Reich ein Führer"

Kath­rin E.: „ein Volk ein Reich ein Führer”

Knapp vor der Gemein­de­rats­wahl wur­de der bemer­kens­wer­te Ein­trag über den „Stan­dard“ öffent­lich gemacht, die Kan­di­da­tin ver­stän­digt, die den Ein­trag flugs in „Mei­ne Fami­lie die Lie­be mei­nes Lebens“ änder­te. Nach ihrer ers­ten Anga­be, sei der NS-Slo­gan auf einen Hack ihres FB-Pro­fils zurück zu füh­ren gewe­sen, im März 2019 hör­te das Gericht jedoch eine modi­fi­zier­te Ver­si­on. „Mit ihrem Han­dy sei sie leicht­fer­tig umge­gan­gen, habe es ohne Pass­wort-Schutz ande­ren über­las­sen.“ (bvz.at, 20.3.19) Mer­ke: Über­las­se Dein Han­dy nie Per­so­nen, die NS-Slo­gans bei ande­ren plat­zie­ren, denn das kann böse aus­ge­hen: Die ehe­ma­li­ge FPÖ-Kan­di­da­tin ern­te­te vor Gericht einen ein­stim­mi­gen Schuld­spruch und ein Jahr beding­ter Freiheitsstrafe.

Es gibt jede Men­ge Aller­welts­gast­häu­ser mit Aller­welts­na­men und auch beson­de­re Gast­häu­ser mit Aller­welts­na­men. Eines aus der zwei­ten Grup­pe ist das Lokal „Gol­de­ner Löwe“ in Klos­ter Veßra/Thüringen, das Arndt Prax­ma­rer, enger Mit­ar­bei­ter von Nor­bert Hofer, auf Face­book als Fan gelikt hatte.

Just die­ser „Gol­de­ner Löwe“ gehört der brau­nen Sze­ne­grö­ße Tom­my Frenck, der es zum glei­cher­ma­ßen belieb­ten wie bekann­ten Treff­punkt für Neo­na­zis aus­ge­baut hat. Damit die brau­ne Gesin­nungs­ge­mein­schaft auch wirk­lich zum rich­ti­gen „Gol­de­nen Löwen“ hin­pil­gert, gibt’s ein ent­spre­chen­des lukul­li­sches Ange­bot, wie etwa all­jähr­lich an des Füh­rers Geburts­tag ein Schnit­zerl um 8,88 Euro – eigent­lich ziem­lich unver­wech­sel­bar, möch­te man meinen.

Arndt Praxmarer likt das Neonazi-Gasthaus "Goldener Löwe" (Screenshot FPÖ-Fails)

Arndt Prax­ma­rer likt das Neo­na­zi-Gast­haus „Gol­de­ner Löwe” (Screen­shot FPÖ-Fails)

Auf Nach­fra­ge des „Stan­dard“ im Infra­struk­tur­mi­nis­te­ri­um, wo Prax­ma­rer im Kabi­nett von Nor­bert Hofer beschäf­tigt war, wie es zu die­sem Like gekom­men ist, gab man sich höf­lich-ahnungs­los: „‚Vie­len Dank für die Info zum Restau­rant Gol­de­ner Löwe‘ die uns allen – und auch Herrn Prax­ma­rer – nicht bekannt war.’ Prax­ma­rer kann sich laut eige­nen Anga­ben ‚nicht erin­nern, wie es zum ‚Gefällt mir’ gekom­men ist’. ‚Er hat die­ses Gast­haus nie besucht’, heißt es in einer Stel­lung­nah­me auf die Fra­ge, war­um Prax­ma­rer ein Gast­haus im deut­schen Bun­des­land Thü­rin­gen gefällt.“

Da scheint sich Prax­ma­rers Maus also selbst­stän­dig gemacht zu haben. Sie hat die Face­book-Sei­te des Nazi-Gast­hofs auf­ge­ru­fen und einen Klick aufs „Gefällt mir“ hin­ter­las­sen. Klar, dass Herr Prax­ma­rer davon nichts weiß. Aber immer­hin kennt er spä­tes­tens seit dem 20. April 2018, als sein Klick publik wur­de, den „Gol­de­nen Löwen“ in Klos­ter Veß­ra und weiß, dass es bes­ser ist, dort nicht anzu­strei­fen – zumin­dest dann, wenn man gera­de im Kabi­nett eines Minis­ters tätig ist.

Ein beson­de­res Schman­kerl gibt’s zum Abschluss unse­rer Serie, und das geht so: An einem hei­ßen August­tag im Jahr 2015 plät­scher­te ein FPÖ-Ersatz­ge­mein­de­rat aus Schär­ding mit eini­gen Freun­den in einem Bier­gar­ten. Die Tsche­cher­an­ten­run­de fand ein aus Bay­ern stam­men­der Herr, namens Hel­mut, offen­bar so attrak­tiv, dass er sich zu ihr gesell­te. Wie es so läuft, wenn man viel trinkt, muss­te der Ersatz­ge­mein­de­rat irgend­wann die Bier­gar­ten-Toi­let­te auf­su­chen. Sein Han­dy hat­te er nicht mit­ge­nom­men, was ihm ratz­fatz zum Ver­häng­nis wur­de. Kaum aus dem WC her­aus, das Han­dy wie­der vor sich, rief sei­ne Schwes­ter an und warn­te ihn, denn sie erblick­te auf dem brü­der­li­chen Face­book-Account eine Ver­miss­ten­an­zei­ge der beson­de­ren Art, näm­lich ein Bild von Adolf Hit­ler mit dem Text: „Ver­misst seit 1945 – Adolf bit­te mel­de dich, Deutsch­land braucht dich. Das deut­sche Volk“ Da anstän­di­ge Inn­viert­ler so etwas nie, nie­mals nicht pos­ten wür­den, war der Übel­tä­ter schnell iden­ti­fi­ziert. Da hat­te sich doch der Hel­mut aus Bay­ern wäh­rend der Not­durft­pau­se des Ersatz­ge­mein­de­rats des­sen Han­dy geschnappt und flugs die Ver­miss­ten­an­zei­ge ins Face­book gestellt.

So ein­mal die Kurz­ver­si­on des Ersatz­ge­mein­de­rats, der für sei­ne Adolf-Ver­miss­ten­mel­dung vor Gericht antan­zen muss­te. Und das lief dort nicht so rund, weil die Trink­freun­de des Ersatz­ge­mein­de­rats schon eine Anzei­ge wegen fal­scher Zeu­gen­aus­sa­ge ein­ge­fan­gen hat­ten. Der mit dem Vor­fall betrau­te Poli­zist gab näm­lich an, das Pos­ting habe sich schon vor dem feucht­fröh­li­chen Bier­gar­ten­ge­la­ge auf des Ersatz­ge­mein­de­s­rats Face­book-Pro­fil befun­den, und dann war dann auch noch die­ser omi­nö­se Hel­mut, der sich unglück­li­cher­wei­se spur­los in der Luft auf­ge­löst hatte.

Die gan­ze Geschich­te mit Details, die sich wie aus einem Bau­ern­ka­ba­rett lesen, ist hier zu fin­den: Ried im I./Schärding (OÖ): Hel­mut, der Hund, ein Han­dy mit Hit­ler und die FPÖ

Best of maus­ge­rutscht (Teil 1): AfD-Ausrutscher
Best of maus­ge­rutscht (Teil 2): Mys­te­riö­ses auf FPÖ-Computern