In der Nummer 15 der Zeitschrift „N.S. Heute“, in der sich Küssel über Strache und die „schlappe“ FPÖ verbreitet hat, wurde auch noch eine Fortsetzung angekündigt. Die gab’s tatsächlich in der Nummer 16, wo sich die Macher der braunen Postille in einer langen Einleitung zum zweiten Teil des Interviews eine üppige Verschwörungsgeschichte einfallen ließen, um sich ihren verdienten Platz in der Geschichte zu sichern.
Nachdem sie sich etwas verschämt zu der Berichterstattung österreichischer Medien über Küssels Anmerkungen zu Strache im ersten Teil ihres Interviews gesonnt haben („ … brachte unsere kleine Zeitschrift die österreichische Alpenrepublik in Aufruhr — zumindest für einige Stunden“), sinnierten sie dann ernsthaft darüber, ob nicht die Berichterstattung über das Küssel-Interview ganz bewusst als „Vorläufer“ zu dem faktisch zeitgleich veröffentlichten „Ibiza“-Video zu Strache und Gudenus eingesetzt worden sei.
Das – so die Neonazis von „N.S. Heute“ – war zwar „ zum jetzigen Zeitpunkt reine Spekulation“, aber es musste ja trotzdem raus aus den Gedärmen! Schließlich ist dem Gottfried mit dem „Ibiza“-Video der Sparring-Partner H.C. abhanden gekommen:
„Der hat nie unsere Blutgruppe gehabt, aber im stillen Kämmerlein hat er den großen Nationalsozialisten gespielt. Da gab es einige lustige Auftritte, über die will ich jetzt nicht reden, vielleicht brauchen wir das nochmal“, höhnte Gottfried in der Nummer 15 noch über den H.C., und dann taucht der nach dem Ibiza-Video einfach ab. Nicht lustig! In der Fortsetzung seines Interviews schwurbelt Küssel daher ganz allgemein über Alpha‑, Beta- und Gammatierchen, wobei er dann schon so gnädig ist, den „Beta- und Gammatierchen“ ihre Defizite nicht vorzuhalten: „… denn dafür können sie nichts, das hat die Biologie so vorgeschrieben.“ Er hat auch einen Trost für uns alle, die wir keine Alphas sind, parat: „Wären wir alle ‚Alpha-Tierchen‘, würden wir uns permanent die Schädel einschlagen.“
So einfach ist es manchmal, einen echten Nazi zu erkennen, wobei: Der Gottfried verstellt sich ja kaum! Ziemlich lustig ist die Episode, wo er zugibt, dass er sich mit „sicherlich 10 — 12 Leute, die mitmachen wollten“ getroffen und über die Notwendigkeit einer „Informationsseite“ mit angeschlossenem Forum, die „Alpen-Donau“ heißen sollte, unterhalten hat. In einem Bierlokal übrigens, das ist dem Gottfried wichtig zu erwähnen.
Und noch etwas ist ihm wichtig: „Diese Informationsseite sollte keine bestimmte weltanschauliche Grundlage haben, sondern sie sollte eine substantiell systemkritische Seite sein, moderiert und getragen von Leuten, die wissen, wovon sie sprechen.“
Spätestens an dieser Stellte müsste der Gottfried einen roten Kopf bekommen und der Interviewer losgeprustet haben, aber „N.S. Heute“ verzeichnet keine Gemütsregung. Stattdessen berichtet der Gottfried bis ins kleinste Detail weiter, dass die Sache mit „Alpen-Donau“ nach seiner Blitzidee eigentlich wieder eingeschlafen sei (so wie das Interview übrigens), bis dann ein halbes Jahr später tatsächlich eine Seite mit Forum erscheint, die „so ähnlich“ heißt, wie er das prophezeit hat. Eigentlich heißt die Seite genau so, wie der Gottfried das in seinem Geistesblitz fixiert hatte. Und sie funktionierte auch so, mit geheimem Forum nur für echte Nazis hintendran. Nur der Gottfried kann da gar nichts dafür und ist trotzdem wieder einmal wegen Wiederbetätigung verurteilt worden! Opfer! Opfer! Opfer!
Was gibt der Gottfried sonst noch von sich im zweiten Teil des Interviews? Nicht wirklich etwas – außer, dass er der Meinung ist, dass man für den „Fall eines Systemwechsels“ so etwas wie eine Schattenregierung brauchen würde, „verantwortliche Köpfe, die Charakter besitzen …“.
Wer möchte dem Gottfried da widersprechen? Wir erinnern uns ja noch an die Zeiten, als dort, wo nicht nur der Gottfried, sondern auch die Ferialverbindung „Das Reich“, die jetzt anders heißt, ihre Zelte aufgeschlagen hat, ganz laut im Innenhof schon die Gauleitungsposten für die „verantwortlichen Köpfe, die Charakter besitzen“, besprochen wurden. Dem Gottfried schwebt aber jetzt ganz was anderes vor.
Auf die Nona-Frage, ob denn der Gottfried eh keine Anzeichen sehe, dass der Strache eine Schattenregierung aufbaue, antwortet der: „Der braucht doch keine Schattenregierung, der sitzt in einer Nicht-Schattenregierung. Der einzige in der ganzen FPÖ, der politisch denkt, ist der Kickl.“ Ein dickes Lob also vom Küssel für den Kickl. Aber es kommt noch besser für den Kickl: „Der Kickl (…) sitzt als Innenminister an der übelsten Stelle und schafft es, die Dinge, die er machen will, auch umzusetzen. Er macht jedenfalls das, was ihm möglich ist.“
Der Neonazi Küssel lobt einen Innenminister, in dem Fall schon den Ex. Dass wir das noch erleben durften!
P.S.: War das Interview für Küssel ein Nach-dem-Häfen-Gespräch, wurde es für den Befrager aus dem „Altreich“, Sascha Krolzig, zum Vor-dem-Häfen-Interview, denn der fasste jüngst gleich mehrfach unbedingte Haftstrafen aus. Zwar noch nicht rechtskräftig, aber es schaut für den Neonazi Krolzig dunkel aus. Sein braunes Propagandablatt „N.S. Heute“ musste er zwischenzeitlich ebenfalls einstellen, wie wir über den verbliebenen Rest seiner Website mit Datum 5. November erfahren dürfen: „Dem N.S. Heute-Schriftleiter Sascha Krolzig trudelte heute (wieder mal) eine Anklageschrift ins Haus. Darin werden zig verschiedene Volksverhetzungs- und Propagandadelikte wegen Artikeln in älteren Ausgaben der N.S. Heute angeklagt – ein Vorwurf verrückter als der andere! Aus Sicherheitsgründen mussten wir unseren Netzladen und unsere Internetseite nun erstmal dichtmachen.“