Der Chef der Grünen, Werner Kogler, hat mehrmals den deutschen Soziologien Max Weber (1864 ‑1920) mit dessen Unterscheidung von Gesinnungs- und Verantwortungsethik zitiert und interpretiert. Das wäre eigentlich nicht besonders aufregend, aber den Redakteur Alexander Purger von den „Salzburger Nachrichten“ hat es sehr berauscht. Weil er Max Weber für einen gestandenen Burschenschafter hält. Das ist aber nur die halbe Wahrheit – eigentlich gar keine.
Alexander Purger ist einer, der schon am Geruch der Haarspitzen erkennen kann, ob jemand ein Linker war oder gar noch ist. Drum hat es ihn natürlich besonders gefreut, als er Werner Kogler auf frischer Tat ertappen konnte, weil der Max Weber zitiert:
„Zu den erstaunlichsten Ereignissen der türkis-grünen Regierungswerdung zählt der Umstand, dass Werner Kogler bei jeder zweiten Gelegenheit einen schlagenden Burschenschafter zitiert, nämlich den Soziologen Max Weber“, schreibt er in den „Salzburger Nachrichten“ vom 16. November 2019 ausgerechnet in der Rubrik „Hintergrund“.
Purger kann sich gar nicht mehr einkriegen, so begeistert ist er über seine Entdeckung vom „besonders eifrig fechtenden“ Burschenschafter Weber – und er zieht auch gleich seine Schlussfolgerung: „Würde ein FPÖ-Parteichef so jemanden zitieren, würde man sagen: typisch! Bei einem grünen Parteichef sagt man nichts.“ Womit mag das wohl zusammenhängen?
Schließlich kann auch einer, der Burschenschafter ist, zur Abwechslung mal was Richtiges sagen. Wie heißt es schon im Sprichwort: „Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn!“ Was aber, wenn der Max Weber gar nicht völlig blind gewesen ist?
Max Weber war zwar unbestreitbar Burschenschafter der Allemannia Heidelberg, ist aber – jetzt kommt ein schwerer Moment für Alexander Purger – aus dieser ausgetreten. Und zwar mit Karacho! Weber hat seinen Austritt Ende 1918 schriftlich erklärt. Andere bekannte Menschen, die auch mal Burschenschafter waren, haben ihrer Verbindung – zumeist wegen des dort grassierenden Antisemitismus – ohne große Erklärung den Rücken gekehrt. Die werden nichtsdestotrotz oder gerade deswegen von verschiedenen Burschenschaften noch immer als Burschenschafter in Geiselhaft gehalten. Wie der Burschenschafter Wolf-Diedrich Reinbach in seinem Opus „Max Weber und die Burschenschaft Allemannia Heidelberg“ ausführlich erläutert, fand Webers Austritt vermutlich am 17.11.1918 statt, also wenige Tage nach Kriegsende, statt.
Nachdem Weber dann noch einmal öffentlich mit dem Spruch „Ein Hundsfott, wer jetzt Farben trägt“ nachgesetzt hatte, war die Empörung über Weber bei den Heidelberger Burschenschaften ziemlich groß. Weber, damals einer der Protagonisten der (liberalen) Deutschen Demokratischen Partei (DDP), war in erster Linie ein glühender Nationalist, durchaus mit xenophoben Zügen, aber er ist aus seiner Burschenschaft ausgetreten, weil er die „geistige Inzucht“ und die „alte Feuchtfröhlichkeit“ der Korporationen nicht mehr für angemessen hielt.

Max Webers Austritt aus der Burschenschaft: „Insbesondere glaube ich nicht, daß die im Laufe der Jahre immer enger gezogene geistige Inzucht, wie sie die Beschränkung des persönlichen Verkehrs mit sich bringt, schwinden wird.”
Die Allemannia Heidelberg, Webers ehemalige Burschenschaft, wurde übrigens 1976 aus dem Dachverband Deutsche Burschenschaft ausgeschlossen, weil sie einen Wehrdienstverweigerer als Mitglied aufgenommen hatte.