Schon bei den „Farben“ zeigt die in Wiener Germania klar Flagge. Für sie bzw. für „echte“ Germanen kommt da nur Schwarz-Rot-Gold, die „Reichsfarben“ in Frage. Und das, obwohl „unter Patronanz der Siegermächte“ in deren „geschichtlicher Unkenntnis“ diese Farben dann für „Westdeutschlands“ Flagge verwendet wurden.

Mit der geschichtlichen Kenntnis nehmen es aber auch die Wiener Germanen nicht so genau. Als 2013 „Stoppt die Rechten” und der „Standard“ (29.1.2013) über die Fotos vom Faschingsgschnas 2008 auf der Website der Germania Wien berichteten, auf denen Uniformierte (Militär oder Polizei?), Menschen in der Kutte des Ku-Klux-Klan und einen als orthodoxen Juden Verkleideten zu erkennen waren, nahm die Germania als Reaktion alle ihre Fotos vom Netz und versuchte es mit einer Gegenerzählung.

Die Fotos stammten zwar vom Faschingsgschnas, die weißen Kutten wären aber nicht dem Klan zuzurechnen, sondern würden „Büßer“ wie in der Semana Santa in Sevilla zeigen. Dort werden zwar auch Kutten getragen, orthodoxe Juden und Uniformierte tauchen in Sevilla allerdings nicht auf. Es war eine billige Ausrede für die „verstörenden Bilder“ (Die Presse, 27.1.18), die von den Medien nicht übernommen wurde.
Auf ihrer Webseite stellen sich die Wiener Germanen mit ihren Grundsätzen und Zielen vor. Da bekennt sich die Burschenschaft abstandslos zur „deutschen Volks- und Kulturgemeinschaft” – ein zentraler ideologischer Begriff des Nationalsozialismus.
Das Bundeslied der Wiener Germania, die 1907 gegründet wurde und ein Mitgliedsbund des Österreichischen Pennäler-Ringes (ÖPR) ist, quillt über in allen Ausschmückungen vor Bekenntnissen zum Deutschtum über: „deutsche Zunge“, „deutsches Herz“, „deutsche Erde“, „deutsche Tropfen“, „deutsches Vaterland“, „deutsches Volk“ und natürlich auch das „deutsche Eichenholz“ werden da in knappen vier Strophen ausgiebig abgefeiert. Den früheren Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny veranlasste diese pralldeutsche Dichtung aus dem Jahr 1886 zu einigen sarkastischen Sätzen an die Adresse der FPÖ im Wiener Gemeinderat:
Kommt Ihnen das bekannt vor? Wird das bei Ihnen so gesungen? Dann hätte ich doch gerne, dass Sie sich ins Fernsehen stellen und das dort auch tun. Und dann werden wir sehen, wie viele Leute sich tatsächlich dem anschließen wollen. (derstandard.at, 27.1.18)
Das Bundeslied ist aber nicht die einzige Dichtung, die die Wiener Germanen anzubieten haben. „Zum Geleit“ springt die BesucherInnen der Homepage schon das etwas holprige Opus in Versform „Burschenschaft“ von Prof. Heinz Reichenfelser an. „Burschenschaft, du Hort der Treue, alt und ewig jung zugleich, Keine Feinde können schmälern deine Taten, stolz und reich.“

Der Reimeschmied dieses wuchtigen Werkes, Heinz Reichenfelser (1901–1969), kommt nicht nur aus einer Dynastie von pennalen Germanen, sondern war auch der Autor des Büchleins „Sie folgten dem Ruf des Führers. Erlebnisse eines SS-Mannes“
Die Stadt Graz weiß über Reichenfelser und seine Taten Folgendes zu berichten:
Im Juli 1938 plante er zusammen mit Hans Zisser die bis ins kleinste Detail inszenierte Feier zum Gedenken an die beim Putsch gegen Dollfuß getöteten Nationalsozialisten. Während des „Dritten Reiches” war Reichenfelser, ein Angehöriger der Waffen-SS, Professor für Gebrauchsgrafik an der Meisterschule des deutschen Handwerks in Graz. Mit Hans Stockbauer gestaltete er den noch heute im Rathaus unter anderem Namen präsentierten großformatigen Gobelin-Entwurf mit dem ursprünglichen Titel ‚Graz — Stadt der Volkserhebung, Bollwerk gegen den Südosten’, der den Kampf um das Deutschtum im Grenzland thematisiert. Nach der Befreiung durch die Alliierten wurde Reichenfelser im Lager Glasenbach interniert. Er war Mitbegründer der freiheitlichen ‚Aula’ und illustrierte Bücher des Leopold Stocker Verlages. Ab 1953 leitete er die Werbeabteilung der Brauerei Reininghaus.
Damit wird das Porträt der Germania, die sich mit dem Gedicht des ehemals illegalen Nazi schmückt, noch etwas deutlicher und einschlägiger. Wir erinnern bei dieser Gelegenheit aber auch an das, was „Stoppt die Rechten” bereits 2013 berichtet hat:
2009 luden sie sich den früheren Chef der wegen NS-Wiederbetätigung verbotenen Hochschulgruppe Aktion Neue Rechte (ANR), Bruno Haas zu einem Vortrag über die „Hochschulpolitik in den 70er Jahren“. Ende der 70er Jahre tauchte die ANR in den ‚informellen Untergrund’ ab. Bei einem ihrer Proponenten, Georg Gasser, fand die Polizei bei einer Hausdurchsuchungeine Ku-Klux-Klan-Mitgliedsurkunde. Gassers SS-Kampfgemeinschaft Prinz Eugen, die im Jahr 2002 aufgeflogen ist, haben wir hier schon mehrfach beschrieben.
Es dürfte daher auch kein Zufall sein, dass einer der wichtigsten Aktivisten der Küssel’schen Neonazi-Truppe „Alpen-Donau“ ein Mitglied der pennalen Germanen war. Angeblich wurde er nach seiner Verurteilung ausgeschlossen, aber was weiß man schon! Die Germanen sprechen über sich nicht so gerne.
➡️ Die deutsch-völkische Verbindung des Norbert Hofer: Die pennale Burschenschaft Marko Germania
➡️ Germania Ried: Fingers crossed?