Aula-Hetze: Österreich verurteilt

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Der Euro­päi­sche Gerichts­hof für Men­schen­rech­te (EGMR) kor­ri­gier­te am Mitt­woch eine der pein­lichs­ten Fehl­ent­schei­dun­gen der öster­rei­chi­schen Jus­tiz aus den letz­ten Jah­ren. Im rechts­extre­men Hetz­blatt „Aula“ waren befrei­te Häft­lin­ge aus Maut­hau­sen pau­schal als „Land­pla­ge“, „Mas­sen­mör­der“ und „Kri­mi­nel­le“ bezeich­net worden.

Doch der Rei­he nach: Der von Fred Dus­wald ver­fass­te Arti­kel mit dem Titel „Maut­hau­sen-Befrei­te als Mas­sen­mör­der“ erschien im Juli/August 2015. Dar­in wur­de behaup­tet, die Über­le­ben­den hät­ten nach ihrer Befrei­ung „das Land rau­bend und plün­dernd, mor­dend und schän­dend geplagt und schwers­te Ver­bre­chen begangen“.

Duswald als Stammautor bei "Die Aula"

Dus­wald als Stamm­au­tor bei „Die Aula”

Harald Wal­ser, damals ver­gan­gen­heits­po­li­ti­scher Spre­cher der Grü­nen, zeig­te den Autor Fred Dus­wald an. Das Ver­fah­ren wur­de ein­ge­stellt, mit einer Begrün­dung, die ihres­glei­chen sucht: Es sei – so die zustän­di­ge Staats­an­walt­schaft – „nach­voll­zieh­bar“, dass die im Mai 1945 aus dem Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger Maut­hau­sen befrei­ten Häft­lin­ge für die ober­ös­ter­rei­chi­sche Bevöl­ke­rung eine „Beläs­ti­gung“ gewe­sen sei­en („Skan­dal­be­grün­dung der Gra­zer Staats­an­walt­schaft“). Das ließ bei vie­len die soge­nann­ten „Graus­bir­nen“ auf­stei­gen und lös­te selbst bei gestan­de­nen Juris­tin­nen und Juris­ten Bestür­zung aus. Es war auch dem dama­li­gen Jus­tiz­mi­nis­ter Wolf­gang Brand­stet­ter (ÖVP) zuviel: Er kün­dig­te Schu­lun­gen zum Grund­la­gen­wis­sen der Jus­tiz­ge­schich­te für ange­hen­de Rich­ter an.

Der aus Polen stam­men­de Aba Lewit war einer der Befrei­ten. Er wur­de 1940 bei einer SS-Raz­zia in der Nähe von Kra­kau ver­haf­tet und kam im August 1943 gemein­sam mit sei­nem Vater und sei­nem Bru­der nach Maut­hau­sen. Das KZ über­leb­te er nur mit viel Glück. Dann erfuhr er vom Arti­kel. Die Grü­nen such­ten wei­te­re Über­le­ben­de, um die Berech­ti­gung zu einer Kla­ge zu erhal­ten. Das gelang, und die zivil­recht­li­che Kla­ge war auch erfolg­reich. Soweit so gut.

Aula-Artikel Febr. 2016, in dem die diffamierenden Zitate zu den KZ-Überlebenden wortwörtlich wiederholt und der ehemalige Grüne Abgeordnete Harald Walser u.a. als "Lump" beschimpft wurde.

Aula-Arti­kel Febr. 2016, in dem die dif­fa­mie­ren­den Zita­te zu den KZ-Über­le­ben­den wort­wört­lich wie­der­holt und der ehe­ma­li­ge Grü­ne Abge­ord­ne­te Harald Wal­ser u.a. als „Lump” beschimpft wurde.

Doch damit war der Fall aber nicht erle­digt. Die „Aula“ ließ nicht locker, wie­der­hol­te und ver­stärk­te die infa­men Lügen sogar in hämi­scher Wei­se. Die Kla­ge im medi­en­recht­li­chen Ver­fah­ren, das sich aus Frist­grün­den auf den Nach­fol­ge­ar­ti­kel in der „Aula“ (Febru­ar 2016) bezo­gen hat­te, wur­de jedoch abgewiesen.

Ausschnitt Aula/Februar 2016

Aus­schnitt Aula/Februar 2016

Doch auch Aba Lewit ließ nicht locker und wur­de von den Grü­nen dabei unter­stützt, beim EGMR eine Kla­ge ein­zu­brin­gen. Jetzt hat der heu­te 96-jäh­ri­ge jüdi­sche Holo­caust-Über­le­ben­de „Fall Aba Lewit gegen die Repu­blik Öster­reich“ vom EGMR Recht erhalten.

Das EMGR-Urteil war natür­lich eine Wat­sche für die Jus­tiz. Immer­hin aber darf man hof­fen, dass die Signa­le aus Straß­burg bei eini­gen Ver­ant­wort­li­chen ange­kom­men sind. Zumin­dest lässt das die Stel­lung­nah­me des der­zei­ti­gen Jus­tiz­mi­nis­ters Cle­mens Jablo­ner ver­mu­ten. Er bezeich­ne­te das Urteil als „ein wich­ti­ges Signal für die Jus­tiz, sich der Ver­ant­wor­tung für die Gräu­el­ta­ten des NS-Regimes bewusst zu wer­den und jene Men­schen zu ach­ten und zu schüt­zen, die Leid und Unrecht durch die­ses men­schen­ver­ach­ten­de Sys­tem erlit­ten haben“ (ots.at, 10.10.19). Das Jus­tiz­mi­nis­te­ri­um wer­de von sich aus bei der Gene­ral­pro­ku­ra­tur eine Erneue­rung des Ver­fah­rens anregen.

Kei­ne Hoff­nung aller­dings haben wir, dass rechts­extre­me Het­ze im öster­rei­chi­schen Blät­ter­wald ver­schwin­den wird. Die Pro­zes­se und die Bericht­erstat­tung rund um den „Aula“-Skandal haben zwar dazu geführt, dass das 1951 als „frei­heit­li­ches Aka­de­mi­ker-Mit­tei­lungs­blatt des Aka­de­mi­ker­ver­ban­des Öster­reichs“ gegrün­de­te Hetz­blatt „Aula“ von vie­len Reprä­sen­tan­ten aus dem blau­en Lager nicht mehr offi­zi­ell unter­stützt wer­den konn­te und ein­ge­stellt wer­den muss­te. Inzwi­schen hetzt aller­dings die „Neue Aula“ schon wie­der, in alter Beset­zung, initi­iert vom ehe­ma­li­gen Aula-„Schriftleiter“ Mar­tin Pfeif­fer. Am Titel­blatt der ers­ten Num­mer prangt das Kon­ter­fei des ehe­ma­li­gen Innen­mi­nis­ters Her­bert Kickl, und Pfeif­fer ist in Graz akti­ver FPÖ-Bezirkspolitiker.

Martin Pfeiffer auf der FPÖ-Website als Bezirksobmann-Stellverteter in der FPÖ St. Leonhard/Graz

Mar­tin Pfeif­fer auf der FPÖ-Web­site als Bezirks­ob­mann-Stell­ver­te­ter in der FPÖ St. Leonhard/Graz