Im „Standard“ darf der Generalsekretär der FPÖ ganz genau erklären, was da beim Neujahrstreffen der FPÖ passiert ist. Der Mann, „der erst mit dem FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gesprochen hatte und – nachdem sich dieser abgewendet hatte – den rechten Arm gehoben hat“, habe damit dem Innenminister zugewinkt und dabei gerufen „Herbert do bin i“. Von einem Winken mit dem Arm ist zwar nichts zu bemerken, aber der Innenminister reagiert tatsächlich und nähert sich dem Mann, der entweder „Herbert“ oder „Servas“ oder sonstwas sagt, jedenfalls seinem durchgestreckten Arm keine entsprechende einschlägige Grußformel hinzufügt.
Uns interessiert ja ohnehin mehr, was der Harald in streng pädagogischem Ton noch verlautbart hat: „Ich fordere alle Verantwortungsträger in Politik und Medien dazu auf, bei solchen Vorwürfen mit hoher Sensibilität umzugehen.“ (OTS Vilimsky 26.1.19)
Da hat er zweifellos Recht, der Harald! Uns fallen gleich einmal die heftigen Beschuldigungen von Strache & Co gegen den ORF-Redakteur Ed Moschitz ein, dem sie vorgeworfen haben, junge Neonazis bei einer FPÖ-Kundgebung im März 2010 in Wiener Neustadt zu einem „Sieg Heil“ oder auch „Heil Hitler“-Ruf angestiftet zu haben. Über sieben Jahre blieb die FPÖ bei ihren vollkommen aus der Luft gezauberten Vorwürfen, bis das Oberlandesgericht Wien dem ein Ende setzte. Sehr hohe Sensibilität gab’s da bei den Blauen!
Vilimsky hat aber noch nicht genug gemahnt: „Bislang hat sich jeder Vorwurf in unsere Richtung stets in Schall und Rauch aufgelöst, Entschuldigungen sind allerdings ausgeblieben.“
Da hat der Harald nicht mehr Recht! Zunächst aber bewundern wir die Kühnheit, mit der Vilimsky die FPÖ wieder einmal als Opfer inszeniert und auch noch um Mitleid heischt („Entschuldigungen …“ – schluchz!- „… ausgeblieben“).
Dann entschuldigen wir uns eben jetzt beim Harald, dass wir nicht alle hitlergrüßenden Blauen hier anführen, sondern eh nur die, die bei öffentlichen Veranstaltungen aufgefallen sind – und teilweise auch verurteilt wurden.
Wir listen hier nicht jene Blauen und Ex-Blauen auf, die auf einer Burschenschafterbude, mit anderen Kameraden, im Keller oder sonstwo den Hitlergruß oder auch die Kühnen-Variante gezeigt, sich dabei ablichten haben lassen, und das Foto dann kreisen haben lassen oder etwas zu vertraulich auf Facebook gestellt haben. Das würde unsere Kapazitäten nämlich ziemlich überfordern.
Blaue Hitlergrüße (2008–2018)
- Linz, 29.8.2008: Auf dem Linzer Hauptplatz wird nach einer Wahlkundgebung der FPÖ mit HC Strache von mehreren Personen der Hitlergruß gezeigt. Die Szene wurde gefilmt, die Verdächtigen (zwischen 18 und 24 Jahre alt) ausgeforscht. Ein Jahr später mussten sie sich wegen Wiederbetätigung vor einem Geschworenengericht in Linz verantworten. Zwei von ihnen wurden freigesprochen, der dritte – ein Mitglied des RFJ- wurde zu 6 Monaten bedingt verurteilt. Er nahm das Urteil sofort an. (Kurier, 29.9.09) ⇒Video auf YouTube
- Wien, 26.9.2008: Abschlusskundgebung der FPÖ: „Bei der gestrigen Abschlusskundgebung der Freiheitlichen ist es zu Ausschreitungen gekommen, bei denen sechs Polizisten leicht verletzt wurden, vier Randalierer wurden vorübergehend festgenommen. Ein Sympathisant der Freiheitlichen, der den rechten Arm zum so genannten Hitlergruß erhoben hatte, wurde angezeigt.“ (Ö1 Mittagsjournal, 27.09.08)
- Spittal /Drau, Februar 2009: „Stramme Hitlergrüßeerwarteten H.C. Strache und seinen blauen Kärntner Frontmann Mario Canori in Spittal. Was die beiden zu sagen hatten, ging unter in einem ohrenbetäubenden Pfeifkonzert der Grünalternativen Jugend und der Antifaschistischen Aktion. Die Demonstranten werfen der Polizei nun „Unfähigkeit” vor, da man ihre Personalien aufgenommen, Hitlergrüßeaber ignoriert hätte.“ (Neue Kärntner Tageszeitung, 14.2.2009)
- Faistenau, Februar 2009: Als HC Strache im Festsaal der „Alten Post“ eintrifft, passiert es vor laufender Kamera: „Heil Hiltler”, ruft ein Jugendlicher bei einer Wahlkampf-Veranstaltung der FPÖ in Faistenau in Salzburg, an der auch Parteichef Heinz-Christian Strache teilgenommen hat. Entsprechende Bilder wurden am Dienstag in der ORF-Sendung Report ausgestrahlt“, berichtet derstandard.at am 19.2.09. Und das, obwohl der Salzburger FPÖ-Sprecher versicherte, dass man „höllisch“ aufgepasst habe: „Es seien viele Jugendliche anwesend gewesen und nur einer habe entsprechende Äußerungen getätigt.“
- Linz, 18.5.2009: Bundesparteitag der FPÖ. Auf der Homepage der FPÖ war diese Woche ein Bild vom FPÖ-Parteitag zu sehen, der Mitte Mai in Linz stattgefunden hatte. Auf dem Foto sieht man Musiker, die offensichtlich die Hand zum Kühnengruß erheben, der in rechtsextremen Kreisen als abgewandelter Hitlergruß Fotos, die Strache mit dem Drei-Finger-Gruß zeigten, hatten den FPÖ-Chef Anfang 2007 in Bedrängnis gebracht. Laut FPÖ habe es sich um eine Parodie gehandelt. FPÖ-General Kickl sagte den SN, die Musiker hätten Gstanzln gesungen. Und der Schlussgag habe gelautet: „Jetzt trink ma sechs Bier.” (Salzburger Nachrichten, 28.5.09)
Der APA gab Kickl eine andere Version zum Besten: „FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl erklärte gegenüber der APA am Mittwoch, diese hätten ein Lied mit den Worten beendet: ‚Grüß Gott Lutz Weinzinger (Oberösterreichs Landesparteichef, Anm.). Wir flehen zu Dir, stehen da wie der Strache. Geh zahl uns sechs Bier.’ ” (derstandard.at, 27.5.09) - Graz, 22.5.2009: Abschlusskundgebung der FPÖ zum EU-Wahlkampf. Laut „Falter“ (27.5.2009) streckten einige FPÖ-Sympathisanten die Fäuste nach oben, „ein paar aber erhoben mehrere Male die rechte Hand zum Hitlergruß”, was auch aus Foto- und Videomaterial ersichtlich sei. Der steirische FPÖ-Obmann Gerhard Kurzmann erklärte dazu, das Heben des rechten Arms sei „blödsinnig gewesen“. Das habe keinen Platz in der Partei. Die Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen wegen Wiederbetätigung ein, die Verfahren wurden aber im August 2009 eingestellt. ⇒Video auf YouTube
- Wien, 18.6.2010: Anti-Islam-Demo. Ein Teilnehmer (34), der „sich keine fünf Meter vom Redner HC Strache entfernt und im Blickfeld des FPÖ-Chefs befand, wurde“ (oe24.at, 4.7.12) von einer Tageszeitung beim Hitlergruß fotografiert. Anfang Juli 2012 wurde der FPÖ-Sympathisant zu 18 Monaten Haft verurteilt, wie „Österreich“ berichtete.
- Wien, 27.9.2013: Wahlkampfabschluss der FPÖ am Stephansplatz. Wir haben dazu einzig folgende Presseaussendung von VSStÖ, SJ und AKS vom 28.9.2013 gefunden: „Beim gestrigen Wahlkampfabschluss der FPÖ am Stephansplatz gab es Hitlergrüße von einigen Strache-Anhänger_innen. Ein Mann wurde von der Polizei in Gewahrsam genommen nachdem dieser unter Zeug_innen und im Beisein der Polizei und des Verfassungsschutzes wiederholt Gesten machte, die als Hitlergruß interpretiert werden mussten.“
- Linz, August 2015: Wahlkampfveranstaltung der FPÖ. „Heute“ berichtet in der Ausgabe vom 22. 2.2017 von einem Urteil von 8 Monaten bedingt: „Der Mann aus dem Bezirk Rohrbach soll bei einer FPÖ-Wahlveranstaltung im August 2015 den Hitlergrußgezeigt haben“. (ooe.orf.at, 20.2.17)
- Wien, 4.9.2015: Kundgebung der FPÖ am Viktor-Adler-Markt. Wie ein Video der BlueFish Productions „An der Front der FPÖ“ zeigt, kam es dabei auch zu Hitlergrüßen.
- Linz, 25.9.2015: Lichtermeer für Menschlichkeit. Am Rand dieser Großveranstaltung in Linz haben FPÖ-Anhänger versucht, mit Haimbuchner-Plakaten, die hochgehalten wurden, zu provozieren: „Plötzlich hat einer die Hand zum Hitlergruß erhoben.“ (Kurier, 27.9.15) Der Hitlergrüßer wurde ausgeforscht, stand im Oktober 2016 vor einem Linzer Geschworenengericht und wurde zu einem Jahr bedingt verurteilt. (APA, 20.10.16)
- Wien, 8.10.2015: Wahlkampffinale der FPÖ am Stephansplatz. Bei der Abschlussveranstaltung zur Wiener Gemeinderatswahl kam es – so der Blog „Rechtsdrall“ – zu Hitlergrüßen und neonazistischen Sprechchören: „Wien, Wien, eisern Wien!“, „Antifa ist homosexuell, homosexuell, homosexuell!“, „HC! HC! HC!“, „Zecke, verrecke!“, „Antifa: Hurensöhne!“ und „Hier, marschiert, der nationale Widerstand!“ wurde nebst provozierenden Posen und mehrfachen Hitlergrüßen von teilweise Vermummten gegröhlt. Die Polizei filmte und die Security sah nur zu.“ Über strafrechtliche Ermittlungen, gar Konsequenzen ist uns nichts bekannt. ⇒Bericht auf SdR
- Wien,18.4.2016: Anti-Asyldemo der FPÖ in Wien Floridsdorf. „Bis zur Rede von HC Strache ging alles glatt. Dann, direkt nach dem offiziellen Ende der Demo, gingen 20 Glatzköpfe aus dem FPÖ-Block zum Angriff über: Sie beschimpften die Linken und versuchten, die Polizeisperren zwischen den Demonstrationen mit Gewalt zu überwinden. Mitten im FPÖ-Block soll, so eine Zeugin auf twitter, auch demonstrativ der Hitlergrußgezeigt worden sein.“ (oe24.at, 19.4.16)
- Wien, 20.5.2016: FPÖ-Abschlusskundgebung zur Bundespräsidentenwahl, Viktor-Adler–Markt. Es kam dabei mehrmals zu Hitler-Grüßen durch Teilnehmer. ⇒Bericht auf SdR
Im Oktober 2016 wurde ein 49-Jähriger deshalb zu einer Haftstrafe von 18 Monaten bedingt verurteilt. (Wiener Zeitung, 25.10.16)
Möglicherweise haben wir einige Hitlergrüße übersehen. Ganz sicher sogar. Aber es reicht ohnehin.