Der Entwurf für den neuen Paragrafen 246a im Strafgesetzbuch (‚Staatsfeindliche Bewegungen‘) ist für den Justizsprecher der Grünen, Albert Steinhauser, in dieser Form nicht akzeptabel. Auch der Präsident der Rechtsanwaltskammer, Rupert Wolff, für den das gesamte Überwachungspaket der Bundesregierung, im besonderen aber auch der „Reichsbürger“-Paragraf „sehr besorgniserregend“ ist (Die Presse, 6.3.2017).
Während die Bundesregierung an äußerst problematischen Einschränkungen der Grundrechte bastelt, haben Justiz und Exekutive die Schockstarre der ersten Begegnungen mit Reichsideologen von Freemen über Staatenbund bis OPPT überwunden und die Auseinandersetzung aufgenommen.
Mitte Februar gab die Staatsanwaltschaft Graz bekannt, dass sie Ermittlungen gegen mehr als 90 Personen, vorwiegend nach dem (alten) Paragrafen 246 StGB (‚Staatsfeindliche Verbindungen‘) eingeleitet habe. 82 von ihnen sind dem ‚Staatenbund‘ zuzuordnen, darunter auch dessen Präsidentin Monika Unger.
In anderen Bundesländern geht man andere Wege. In Krems müssen sich Mitte März acht Personen vor Gericht wegen schwerer Nötigung, Amtsanmaßung und beharrlicher Verfolgung verantworten. Sie werden der Gruppe um den International Common Law Court of Justice Vienna (ICCJV), einem Phantasie-Gerichtshof, zugerechnet. Die Personen um den ICCJV waren im Juni 2014 an der geplanten Gerichtsverhandlung in Hollenbach (NÖ) beteiligt. Anfang 2015 haben sie mit ihrer „öffentlichen Bekanntmachung“, wonach ihnen in allen Landesgerichten Österreichs jeweils „2–3 Räume voll möbliert in Standardausführung ohne jegliche Kosten“ zur Verfügung zu stellen seien, verstärkte Sicherheitsvorkehrungen an den Gerichten bewirkt.
In Oberösterreich musste sich vor einer Woche ein Kleinlandwirt aus Ternberg aus einer nicht näher bezeichneten Gruppe wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt vor dem Landesgericht Steyr verantworten. Er hatte im Oktober des Vorjahres bei seiner Festnahme so heftig Widerstand geleistet, dass „sich einer der Beamten einen Muskelfaserriss im linken Oberschenkel zuzog“ (OÖN, 28.2.2017). Das Urteil zwölf Monate Haft, davon vier unbedingt, ist noch nicht rechtskräftig.
Wegen betrügerischer Krida ist beim Landesgericht Wels der Guru aller Freemen in Österreich angeklagt. Freeman Joe lebt seit einiger Zeit auf Schloss Walchen (Bezirk Vöcklabruck), zusammen mit einem Dutzend Getreuer und der Schlossbesitzerin, Tochter eines früheren FPÖ-Abgeordneten, wo er die Exklave „Erlösterreich“ verkündete. Gegen ihn und die Schlossbesitzerin „Wuki das Wunderkind“ ist laut „Salzburger Nachrichten“ vom 1.3.2017 im Vorjahr der Privatkonkurs eröffnet worden. Weil Freeman Joe „Bestandteile seines Vermögens verheimlicht“ und an der Konkursmasse vorbeigeschummelt haben soll, gibt es jetzt das Verfahren wegen betrügerischer Krida. „Erlösterreich“ auf Schloss Walchen könnte sich demnächst unabhängig davon in Luft auflösen. Zwar konnte eine Zwangsversteigerung im Vorjahr gerade noch abgewendet werden, aber das Schloss wird wegen der 300.000 Euro Schulden, die „Wuki“ mit oder ohne Erlkönig angehäuft haben soll, wohl veräußert werden.
Gegen andere Reichsideologen ist die Justiz mit Anklagen wegen (versuchter) Erpressung und ähnlichen Delikten durchaus erfolgreich vorgegangen. Die Versuche der Reichsideologen, Justiz und Exekutive durch absurde Forderungen in Millionenhöhe beim US-Schuldenregister UCC einzuschüchtern, verfangen immer weniger.
Nicht nur der Verfassungsschutz hat die diversen Bewegungen lange sträflich unterschätzt. Bezeichnenderweise wurden die „Reichsideologen“ oder „Staatsverweigerer“, wie sie von offizieller Seite zumeist genannt werden, trotz ihrer deutlich rechtsextremen Positionen bislang nicht im Verfassungsschutzbericht erwähnt, sondern werden von der „Bundesstelle für Sektenfragen“ (!), die zum Familienministerium ressortiert, „betreut“.
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