Rocker Rolf raunt (Teil 1)

„Rock­er Rolf“ röhrt nicht vor dem Richter, er raunt eher. Im großen Schwurg­erichtssaal des Lan­des­gerichts für Straf­sachen Wien, wo er sich am Don­ner­stag, 18. August 2016, gemein­sam mit sein­er Frau „Doro“ und der Lie­der­ma­cherin ‚Isi‘ wegen Wieder­betä­ti­gung ver­ant­worten musste, ver­lieren sich seine Antworten auf die Fra­gen des Richters in der schlecht­en Akustik des Saales. Einzig der Richter scheint ihn zu ver­ste­hen: „Meinens das jet­zt wirk­lich ernst?

Vor zwei Jahren klang ‚Rock­er Rolf‘ noch anders: „Man kann ein Sänger in ket­ten leg­en… doch niemals ein Lied…“, tönte er damals auf Face­book, nach­dem er im Dezem­ber 2014 eine Vor­ladung des Ver­fas­sungss­chutzes erhal­ten und auf Face­book fak­sim­i­liert wiedergegeben hat­te. Vor Gericht wollte er eher den Liedern Ket­ten anle­gen als dem Sänger.


Rolfs Kom­men­tar auf FB zum Schrieb vom BVT

Als die Polizeiein­heit WEGA im Juli 2014 das ein­schlägig bestens bekan­nte „Fritz Stüber Heim“ in der Wiener Kopp­straße stürmte, fand sie dort neben „Rock­er Rolf“ und „Isi“ auch zahlre­iche Texte von Neon­azi-Liedern. „Wider­lich, schreck­lich, men­schen­ver­ach­t­end“ bew­ertete der Vertei­di­ger von „Rock­er Rolf“ und sein­er Frau Doro das vorge­fun­dene Liedgut, das dann auch in ein­er Haus­durch­suchung Ergänzung fand. Rolf, der Rock­er, sah das anders: „Humoris­tisch“ seien einige der Texte zu ver­ste­hen, andere aus sein­er Samm­lung wollte er gar nicht gekan­nt haben. Da fragte der Richter wieder: “Meinens das jet­zt wirk­lich ernst?

Im Haus des Neon­azi-Bar­den wur­den dann bei der oblig­at­en Haus­durch­suchung noch andere NS-Devo­tion­alien gefun­den. Etwa eine große Hak­enkreuz­fahne, die im Keller­raum aufges­pan­nt war, ein Hak­enkreuzwim­pel und eine Hitler-Büste. Auf die Frage des Richters, warum „Rock­er Rolf“, der doch jede Nähe zu NS-Gedankengut zuvor ener­gisch flüsternd abgestrit­ten hat­te, sich in sein­er Woh­nung mit Nazi-Schrott eingedeckt habe, antwortete der Angeklagte orig­inell: Es han­dle sich dabei um eine Wer­tan­lage. Worauf der Richter die Frage „Meinens das jet­zt wirk­lich ernst?“ neuer­lich wieder­holen musste.


… vor Fahne mit Schwarz­er Sonne. Oder doch bloße Esoterik?

Nicht zum let­zten Mal, denn der Angeklagte ver­suchte auch noch die NS-Sym­bole „Schwarze Sonne“ und Odal­rune, die auf sein­er Haut gefun­den wur­den, zu desen­si­bil­isieren. Es han­dle sich um eso­ter­ische Sym­bole, von deren Nazi-Kon­text er erst durch die Anklage erfahren habe. Dass er sein Face­book-Kon­to aus­gerech­net mit ein­er Auf­nahme der SS-Burg „Wewels­burg“ schmückt, wo die „Schwarze Sonne“ im ‚Ober­grup­pen­führersaal‘ am Boden ein­ge­lassen war, davon weiß der ahnungslose „Rock­er Rolf“ ver­mut­lich eben­so wenig wie von der Bedeu­tung der „Nation­alpoli­tis­chen Erziehungsanstalt“ (Nap­o­la), die er als seine Schule angibt. Der Hin­weis auf die Nap­o­la als Schule, die er besucht haben will, ist übri­gens sehr beliebt unter Neon­azis, aber ein solch­er will ja der schlaue Rolf auf keinen Fall sein.


Nap­o­la-Absol­vent Rock­er Rolf

„Lok­ishorden“ ist ein­er der Namen, unter denen Rolf auftritt. „Loki“ ist der ver­schla­gen­ste und listig­ste unter den ger­man­is­chen Göt­tern. Da die Beze­ich­nung „Lokis Hor­den“ aber schon an eine recht­sex­treme Sangestruppe vergeben war, nan­nte sich Ralf „lok­ishorden“ und wurde unter diesem Namen in der ein­schlägi­gen braunen Szene auch gehan­delt. 2013 schaffte er es sog­ar zu einem gemein­samen Auftritt mit seinem Neon­azi-Sänger-Idol Michael Regen­er alias „Lunikoff“, der früher für die als krim­inelle Vere­ini­gung ver­botene Neon­azi-Band „Landser“ geträllert hat.


aus dem Ver­fas­sungss­chutzbericht 2013 des Lan­des Niedersachsen

Bei diesem Konz­ert am 10.10.2013 im Ems­land war für die berich­t­en­den Medi­en auf­fäl­lig, dass sich beson­ders viele Neon­azis aus dem „Blood & Honour“-Umfeld einge­fun­den hat­ten. Wenige Tage später durfte „Rock­er Rolf“ beim Kreisver­band Hamm der Neon­azi-Partei „Die Rechte“ konz­ertieren „und für aus­ge­lassene Stim­mung im Pub­likum“ sor­gen.

In der unmit­tel­baren Umge­bung von Rock­er Rolf, Doro und Isi in Wien und Umge­bung bewe­gen sich eben­falls auf­fäl­lig viele Typen, die der „Blood & Honour“-Szene zugerech­net wer­den müssen. Der Fre­und von „Isi“ etwa, der aktuell ger­ade in der Jus­ti­zanstalt Eisen­stadt ver­wahrt wird und vor zwei Jahren bei einem „Blood & Honour“-Konzert in Slowe­nien mit dem Leiberl „Wien 28“ zuge­gen war. Oder Alexan­der – und Gre­gor, ein ganz schw­eres Kaliber.


… mit Wien 28 Leiberl. – Bildquelle: Antifa Recherche Wien

Nur ganz am Rand und beiläu­fig ist von den „Blood & Honour“-Kontakten der Angeklagten die Rede. Aber vielle­icht kommt da noch was – die Ver­hand­lung wurde jeden­falls zur Ein­ver­nahme von Zeu­gen auf den 3. Novem­ber vertagt.

➡️ Teil 2: Ein ganz nor­maler Abend im Stüber-Heim
➡️ Teil 3: Neon­azi-Prozess: Mit Bewährungsstrafen davon gekommen