Krems: „Frontwehr“ vor Gericht

Der Angeklagte war unter dem Nick­name „Fron­twehr“ reg­istri­ert auf Thi­azi, dem größten Inter­net-Forum für Neon­azis im deutschsprachi­gen Raum. Bis zum Juni 2012 gab’s das Forum , dann war Schluss und der deutsche Ver­fas­sungss­chutz im Besitz von sehr vie­len User-Dat­en. „Fron­twehr“ war nicht nur auf den öffentlichen Seit­en von Thi­azi unter­wegs, son­dern auch im Nation­al­sozial­is­ten-Pri­vat­fo­rum, der geheimen Abteilung für offen beken­nende Nation­al­sozial­is­ten. Darum stand „Fron­twehr“ jet­zt vor Gericht.


Nicht von den Göt­tern gemeuchelt, son­dern durch Haus­durch­suchun­gen: Thiazi
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Rund 50 Prozesse gegen öster­re­ichis­che UserIn­nen des Thi­azi-Forums sind noch ausständig, berichtete die „Tirol­er Tageszeitung“ im Novem­ber 2015. Nach unser­er Ein­schätzung kön­nten es noch deut­lich mehr sein, denn auf Thi­azi waren im Lauf der Jahre Hun­derte Recht­sex­treme aus Öster­re­ich aktiv. Freilich betrieben nicht alle NS-Wieder­betä­ti­gung. Die aller­meis­ten im Nation­al­sozial­is­ten-Pri­vat­fo­rum (NSPF) aber sich­er. Dort herrschte ein stren­geres Regime als in den öffentlichen Foren. Im NSPF gab‘s immer wieder mal Säu­berungswellen. Wer sich zu wenig an der Debat­te beteiligte – zack raus! Wer zu viel gegen die Admin­is­tra­toren auf­begehrte – eben­so! Ein­er der bei­den Admins war übri­gens auch Öster­re­ich­er: “Mjöl­nir“ alias Chris­t­ian W. aus der Gegend um Wiener Neustadt, der schon 2011 deswe­gen zwanzig Monate (davon 5 unbe­d­ingt) aus­fasste. Aber das ist eine andere, alte Geschichte!


Wann ste­hen die vor Gericht?
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„Fron­twehr“ trat Anfang Juni 2009 in das NSPF ein bzw. wurde dort aufgenom­men. Zu Beginn noch etwas schüchtern, beherrschte er schon nach weni­gen Wochen das ein­schlägige Vok­ab­u­lar. Die Ein­tritts-Frage beant­wortete er schon wie ein alter Nazi: „Nein, Ich glaube nicht an den Holo­caust“ (1.6.2009).


Wann ste­hen die vor Gericht?
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Ein Monat später eröffnete er bere­its einen Diskus­sions-Thread mit der unfass­bar zynis­chen Frage: „Heil Hitler! Ich frage Mich seit län­gerem: Wie hat die Endlö­sung auszuse­hen? Der erste Ver­such ein­er huma­nen Resozialiserung der Juden in den Konzen­tra­tionslagern ist gescheit­ert“ (Fehler im Orig­i­nal). Im September2009 spulte er die Gruß­formeln schon ganz rou­tiniert herunter: „Heil Hitler, Kam­er­aden!.….. Mit Deutschem Gruße, Fron­twehr“ (21.9.2009).

Auch das Ver­bots­ge­setz, wegen dem „Fron­twehr“ jet­zt vor Gericht stand, war ihm schon damals nicht unbekan­nt. Er schlug eine Gesprächs­führung zum Holo­caust vor:

„Weise darauf hin, daß das Strafge­setz bes­timmt, daß es den Holocau$t gegeben hat und umschreibe, daß Du eine revi­sion­is­tis­che Ansicht besitzt. Ver­suche mit dein­er Dis­tanzierung von eine Holocau$tdiskussion gle­ichzeit­ig Dein Gegenüber zum Nach­denken über die Absur­dität des Ver­botes zu bewegen.
Bei einem Vier­au­genge­spräch hinge­gen sehe ich keine Gefahr ein­er Anzeige. Ich selb­st bin schon, zugun­sten meines Rede­flusses das Risiko des 3g einge­gan­gen, auch vor mehreren Leuten. Wichtig ist, daß die Leute, vor denen Du den Holocau$t „leugnest”, Dich schon ken­nen, bevor Du Deinen poli­tis­chen Stand­punkt preis­gib­st. Aus Sym­pa­thie zu Dir und Deinem Charak­ter wird Dir in 99% der Fälle eine Anzeige erspart bleiben“
(Fehler im Original) .


Wann ste­ht der vor Gericht?
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Hätte vielle­icht bei „Fron­twehr“ auch funk­tion­iert, wenn nicht das Thi­azi-Forum 2012 aufge­flo­gen wäre. Das NSPF war schon 2010 tot, nach­dem die deutsche Antifa die Inhalte kom­plett online gestellt und etliche Schreiber ent­tarnt hatte.

„Fron­twehr“ war damals 18 Jahre jung. Sein Vertei­di­ger machte im Prozess deshalb auch das jugendliche Alter gel­tend, betonte, dass der Angeklagte „seine dama­li­gen völ­lig inakzept­ablen Aus­sagen zutief­st“ bereue und „wirk­lich geläutert“ sei. Sog­ar der Hin­weis auf die „ange­se­hene bürg­er­liche Fam­i­lie“, aus der er stamme, durfte nicht fehlen.

Die Diver­sion, die er dem Gericht vorschlug, wurde vom Gericht am Ende des Beweisver­fahrens abgelehnt. Zu Recht, wie wir meinen, denn auch wenn man das jugendliche Alter berück­sichtigt: was „Fron­twehr“ auf Thi­azi und im NSPF geliefert hat, war sehr heftig. Auch was der Staat­san­walt son­st noch vortrug, war nicht unbe­d­ingt geeignet, um Geschworene und Gericht vom Angeklagten zu überzeu­gen. Der musste nach Befra­gung näm­lich zugeben, dass er nicht „bloß“ im Inter­net Neon­azi war, son­dern auch Kon­tak­te zu Leuten aus der ein­schlägi­gen Szene im Wiener Raum hat­te. Außer­dem war da noch der merk­würdi­ge Auftritt bei der polizeilichen Ein­ver­nahme im Jahr 2015, bei der er mit gefärbten Haaren, bun­ten Kon­tak­tlin­sen, einem durch Lack verdeck­ten ein­schlägi­gen Tat­too und Superkle­ber an den Fin­gerkup­pen erschienen ist. Das Thi­azi-Forum wollte er nicht ein­mal ken­nen. Half alles nichts – die Beweise waren ein­deutig. Die Geschwore­nen sprachen ihn der Wieder­betä­ti­gung für schuldig, vom Vor­wurf, auch Ver­het­zung betrieben zu haben, sprachen sie ihn frei. Das Straf­maß wurde vom Gericht dann mit einem Jahr bed­ingt und ein­er Geld­strafe von 120 Tagsätzen zu vier Euro fest­gelegt. Der Angeklagte nahm das Urteil an, die Staat­san­waltschaft gab keine Erk­lärung ab – daher noch nicht rechtskräftig.