Rassismus-Reports von ZARA und TIGRA für 2015 (II)

Gle­ich zwei Ras­sis­mus-Berichte wur­den am 21. März, dem inter­na­tionalen Tag zur Über­win­dung ras­sis­tis­ch­er Diskri­m­inierung, präsen­tiert: ZARA seinen mehr als 80-seit­i­gen „Ras­sis­mus-Report 2015“ für ganz Öster­re­ich , und TIGRA seinen „Tirol­er Ras­sis­mus-Bericht 2015“. Wie wichtig bei­de Ein­rich­tun­gen sind, das wird auch an ihren unter­schiedlichen Erfahrun­gen deutlich.

In Wien, das geht aus dem Report von ZARA sehr klar her­vor, gibt es eine offen­sichtlich ziem­lich gut funk­tion­ierende Koop­er­a­tion zwis­chen ZARA und der Arbeit­erkam­mer Wien. Unklar ist, ob es auch eine über die Infor­ma­tion und Doku­men­ta­tion (Einzelfälle 43, 45 und 47) hin­aus­ge­hende Zusam­me­nar­beit gibt. Unklar ist auch, ob sich auch andere Arbeit­erkam­mern an dieser Zusam­me­nar­beit beteiligen.


ZARA — Zivil­courage und Anti-Rassismus-Arbeit
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TIGRA berichtet jeden­falls von gän­zlich anderen Erfahrun­gen. In dem geschilderten ‚Einzelfall wegen ras­sis­tis­ch­er Beschimpfung/Beleidigung am Arbeit­splatz‘ sucht­en zwei TIGRA-Bera­terin­nen gemein­sam mit dem Betrof­fe­nen eine „zuständi­ge Stelle“ auf und erlebten dort eine böse Überraschung:

„Zunächst wurde die betrof­fene Per­son von zwei TIGRA-Bera­terin­nen zu ein­er zuständi­gen Stelle begleit­et, um sich nach den arbeit­srechtlichen Hand­lungsmöglichkeit­en in einem solchen Fall zu erkundi­gen. Dort musste der betrof­fene Herr weit­ere Ras­sis­mus-Erfahrun­gen erleben, indem der lediglich für die Bew­er­tung von arbeit­srechtlichen (und nicht ras­sis­tis­chen) Sachver­halte zuständi­ge Berater unter anderem die erste Ras­sis­mus-Erfahrung kom­plett ver­harm­loste. Hier musste eine TIGRA-Bera­terin inter­ve­nieren, damit der Berater sich der tat­säch­lichen Fragestel­lung wid­mete. Auf­grund der höchst unsen­si­blen, ver­harm­losenden und unseres Eracht­ens unpro­fes­sionellen Reak­tion des Beraters wurde in Rück­sprache mit dem Betrof­fe­nen ein Inter­ven­tion­ss­chreiben an die zuständi­ge Stelle ver­fasst und ver­schickt. Der Aus­gang ist noch nicht bekan­nt“ (p.28).

„Zuständi­ge Stellen“ zur Beratung in arbeit­srechtlichen Fra­gen – da ist die Auswahl nicht sehr groß. Auf­grund der geschilderten Umstände bleibt da eigentlich nur eine Ein­rich­tung übrig. Die Arbeit­erkam­mer? Wenn dem so ist, dann gibt es in Tirol ein hand­festes Prob­lem mit der AK und ihrem Berater – und drin­gen­den Klärungsbedarf!

Ob das jet­zt schon als Indiz dafür gew­ertet wer­den kann, dass die Arbeit gegen ras­sis­tis­che Diskri­m­inierung im ländlichen Bere­ich auf noch viel größere insti­tu­tionelle Wider­stände stößt als im urbanen?


TIGRA | Tirol­er Gesellschaft für ras­sis­muskri­tis­che Arbeit
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Was TIGRA anhand des Einzelfalls “Katholis­che Mis­sion­sar­beit an mus­lim­is­chen Kind in Kinderkrippe“ beschreibt, ver­schlägt einem jeden­falls den Atem angesichts der Dreistigkeit, mit der die Insti­tu­tion auf ihrem unver­froren aus­gren­zen­den Stand­punkt beharrt:

„Über län­geren Zeitraum stellt eine Mut­ter des Öfteren fest, dass ihr Kind vor dem Essen eine Art Kreuzze­ichen macht. Nach Kon­tak­tauf­nahme mit der Kinderkrippe stellt sie des Weit­eren fest, dass die neue Grup­pen­lei­t­erin das Kind unab­hängig sein­er mus­lim­is­chen Reli­gion­szuge­hörigkeit zum gemein­samen katholis­chen Tis­chge­bet sowie zur Ver­wen­dung des Kreuzze­ichens ani­miert. Darüber hin­aus ist sie darüber bestürzt zu erfahren, dass ihrem Kind ohne ihre Ken­nt­nis und Erlaub­nis immer wieder Schweine­fleisch zum Essen serviert wird. Aus­gewiesen wird die Kinderkrippe nir­gends als katholisch.

Die Frau nimmt Kon­takt mit dem Vor­stand und dem Geschäfts­führer auf, der sich auf die Seite der Grup­pen­lei­t­erin stellt. Es wird der Frau mit­geteilt, dass sie in einem katholis­chen Bun­des­land lebe und es ihr offen­ste­he, ihr Kind aus der Kinderkrippe zu nehmen. Erst in einem weit­eren Gespräch wird ange­boten, dass das Kind während der religiösen Rit­uale in einen Neben­raum isoliert von den anderen Kindern geset­zt wer­den könne. Trotz Ange­bote der Mut­ter ist die Krippe nicht dazu bere­it, eine Kom­pro­miss­lö­sung zu find­en. Für eine angemessene Lösung für ihr Kind fühlt sich wed­er der Vor­stand noch der Geschäfts­führer zuständig“ (p.30).

Da hät­ten wir natür­lich schon gerne Genaueres über die Ein­rich­tung erfahren. Ist es eine Ein­rich­tung der katholis­chen Kirche, die eines pri­vat­en Trägers oder gar eine kom­mu­nale? Erhält die Kinderkrippe öffentliche Gelder?

Auch in diesem Fall verzichtet die Mut­ter des Kindes auf weit­ere Inter­ven­tio­nen und sucht sich einen anderen Betreu­ungsplatz. Das ändert nichts daran, dass die Öffentlichkeit eigentlich ein Recht hat, zu erfahren, ob Kinder­be­treu­ung­sein­rich­tun­gen Aus­gren­zung betreiben und die auch noch aus öffentlichen Mit­teln gefördert erhal­ten. Aus­gren­zung , Ras­sis­mus und Mis­sach­tung von Men­schen­recht­en sollte eigentlich in kein­er Kinder­be­treu­ung­sein­rich­tung möglich sein, egal, wer sie betreibt!

Ras­sis­mus-Reports von ZARA und TIGRA für 2015 (I)